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Richard Lietz: «Der WM-Kampf ist noch nicht vorbei»

Von Gerhard Kuntschik
Richard Lietz ist Porsche-Werksfahrer

Richard Lietz ist Porsche-Werksfahrer

Er ist seit 14 Jahren Werksfahrer bei Porsche und fährt für den schwäbischen Hersteller beispielsweise in der FIA WEC. Im Interview spricht Richard Lietz über Karriere, Erfolge gibt auch private Einblicke.

Die Elektrik kostete einen Podestplatz: Weil sie das Getriebe 1:14 Stunden vor Ende des Lone Star Le Mans lahmlegte, blieb Gianmaria Bruni auf dem Circuit of the Americas (COTA) stehen, kam im Porsche 911 RSR nach Re-Set noch zurück an die Box, doch mit dem Batterietausch gingen drei Runden verloren. Damit sind Bruni und sein Partner Richard Lietz vor den 1000 Meilen von Sebring nur noch WM-Fünfte, doch die Chance lebt angesichts der Mehrfachpunkte in Florida und im Finale in Le Mans. «Der 911er hatte Siegpotenzial, wie Platz zwei mit nur vier Sekunden Rückstand der Teamkollegen Estre/Christensen zeigt. Die Reifen hielten bestens. Schade, dass die Elektrik streikte», erklärte der Niederösterreicher, der der längstdienende Porsche-Werkpilot im WEC-Kader ist. Und er verrät im Interview mit SPEEDWEEK.com Zukunftspläne – vor allem private.

14 Jahre Werkfahrer, hast Du Dir das einmal vorstellen können?

Richard Lietz: «Nein, gar nicht, denn so etwas ist nicht planbar. Es passiert, oder es passiert nicht. Als ich Werkfahrer wurde, freute ich mich natürlich und dachte, jetzt geht’s dir zwei, vielleicht drei Jahre gut. Es war ein guter Start ins Berufsleben mit dem ersten Job, bei dem ich etwas verdiente. Mit so einer langen Zusammenarbeit war nicht zu rechnen. Porsche ist eine Firma, die Treue nicht nur als Einbahn sieht. (Lacht) Die ersten 14 Jahre waren schön, schauen wir einmal, wie die nächsten 14 werden…»

Warum war die Monoposto-Karriere – und damit wohl der Formel-1-Traum – mit der Formel 3 zu Ende? Geldmangel? Zu wenig Erfolg?

«Der Beginn im Formelsport ist eigentlich passiert und war so nicht geplant. Ich wollte wie der Papa Rallyes fahren, war aber mit 16 zu jung – noch kein Führerschein. Aber auf der Rundstrecke gab es die Nachwuchsformeln wie von BMW. Dort war ich gleich in den Top Ten, Sponsoren aus der Rallyewelt konnte ich mitnehmen. Insgesamt sind wir aber ziemlich blauäugig in den Rundstreckensport reingegangen.»

Du liebäugelst noch immer mit Rallyes?

(Lacht) «Das alles, was ich jetzt mache, ist nur Vorbereitung für eine Rallyekarriere! (Ernsthaft) Ich würde Rallyes nur noch als Hobby fahren und nicht als Vollprofi. Ich maße mir nicht an, gut genug für ein World Rally Car zu sein. Das wäre undenkbar. Aber zum Spaß mitfahren, das würde ich schon. Aber das ist ja alles Theorie angesichts meines vollen Kalenders.»

Der ja etliche Serien beinhaltet…

«Ja. Neben der Langstrecken-WM WEC wieder die 24 Stunden Nürburgring, die europäische Le-Mans-Serie usw.»

Dem Sprung zum Werkfahrer hat Dein Monaco-Sieg im Porsche Supercup 2006 wohl sehr geholfen. Die Hymne haben in Monaco noch nicht so viele Österreicher in der Fürstenloge gehört…

«Ja, sicher. Nach den Siegen im Supercup – in Monaco, Magny-Cours und Hockenheim - wurde ich informiert, dass ein Platz im Werkteam durch einen Abgang frei wird. Und diese Chance nützte ich bei der Sichtung. Obwohl ich sagen muss, der Erfolg dort ist sehr abhängig von der Tagesverfassung. Da müssen viele Kleinigkeiten stimmen.»

Du hast drei Mal die GT-Klasse in den 24 Stunden von Le Mans gewonnen, dazu die anderen 24-Stunden-Klassiker in Spa und auf dem Nürburgring – welcher Erfolg bedeutet Dir besonders viel?

«Ich habe schon zu Le Mans eine besondere Beziehung. Dieses Highlight würde ich am meisten vermissen, wenn ich nicht mehr im Rundstreckensport bin. Daytona dagegen würde mir überhaupt nicht abgehen. Da hast du kaum Weihnachtsferien, dann ist schon der Vortest und bald das Rennen im Jänner. Der Sieg in Spa 2019 war eine große Genugtuung, weil ich zuvor drei Mal Zweiter war. Die Nordschleife (Nürburgring) wollte ich ab 2008 gewinnen, es dauerte dann zehn Jahre, bis es soweit war.»

Ein junger Landsmann ist Dein Kollege bei Porsche, Thomas Preining. Was traust Du ihm zu?

«Jeder Junge bekommt bei Porsche eine ehrliche Chance. Da gibt es keine 'Politik'. Wenn du deine Leistung bietest, hast du einen Superjob. Thomas hat einen tollen Speed, der kann noch viel erreichen. Er muss aber lernen, sich selbst manchmal zurückzunehmen, wenn du auf der Langstrecke Teamkollegen helfen willst. Ich glaube, er wird eine schöne Karriere haben.»

Wärst Du noch ein Junger, hätte Dich die Formel E – in der Preining Testfahrer von Porsche ist – interessiert?

«Schwer zu sagen, denn wäre ich jetzt ein Junger, hätte ich all die schönen Erfolge nicht erlebt… Formel E ist sicher interessant, ist aber nicht meine Lieblingsserie. Die Rennen sind spannend, es gibt Action – für Junge sicher interessant, ich sehe mir das eher entspannt an.»

Du hast 2015 den Weltcup für GT-Fahrer gewonnen, ein Jahr später war es ein offizieller WM-Titel. Bedauerst Du das?

«Wir wurden immerhin mit dem Team GT-Weltmeister. Wir haben gewonnen, das zählt, ich trauere da nichts nach. Was mich mehr wurmt, ist, dass ich einmal den WM-Titel wegen einer falschen Reifenwahl in Bahrain verlor und in der Vorsaison durch eine Disqualifikation nach dem zweiten Platz in Silverstone – da kostete mich und Teamkollegen Gianmaria Bruni ein Millimeter zu wenig Bodenfreiheit den WM-Titel. Wir verloren die Punkte, und am Ende war die Saison schlecht, obwohl die anderen Rennen eigentlich sehr gut waren.»

Mit welchem Teamkollegen hattest Du bisher das beste Einvernehmen?

«Sicher mit Marc Lieb, wir waren ein perfektes Team. Als er in den Kader für die Prototypen geholt wurde, hat das auch mich ein wenig bestätigt - und natürlich gefreut.»

Auch in dieser Saison ist der WM-Titel das Ziel. Sind die Chancen dafür in den letzten drei Rennen intakt?

«Auf jeden Fall! Porsche tritt nicht an, um Zweiter zu werden!»

Du lebst weiter in Ybbsitz, was machst Du in der Freizeit? Triffst Du noch Schulkollegen?

«Hmmm, ich musste die Schule öfters wechseln, daher kaum… Aber hin und wieder gehe ich schon mit den Kumpels von früher aus. Man muss auch einmal von Rennen und Technik wegkommen. Ich bin aber wenig zuhause, weil wir bei Porsche auch zwischen den Rennen viel zu tun haben.»

Du bist noch Single, wie sieht es mit der Familienplanung aus?

(Lacht) «Ich kann mir keine Scheidung leisten! Also keine Heirat… Hochzeit hat keine Priorität, aber Kinder zu haben kann ich mir gut vorstellen.»

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