MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Cox (Nissan): «Podium am Saisonende wäre schön»

Von Gerhard Kuntschik
Der Nissan-Sportchef im exklusiven Gespräch mit Speedweek.com: Warum er vor Audi den grössten Respekt hat und was er an Porsche smart findet.

Darren Cox ist zwar studierter Wirtschaftshistoriker, aber schon langgedient in der Autoindustrie (17 Jahre) und bei Nissan. Er stammt aus Newmarket, das ein echtes Rennsportzentrum ist - allerdings für Galopper! Cox (40) kam vom Finanzwesen und Marketing zum Rennsport. Davor vermarktete er Nissans Erfolgsmodelle Qashqai und Juke, sorgte für den Digitalauftritt bei Automessen, «erfand» dann die «GT Academy», die Rennausbildung am Computer (Play Station). Ein Teil der neuen WEC-Mannschaft sind also «seine Kids», und darauf ist er besonders stolz.

Den Aufbau des vierten Werkteams im WEC hat der Brite als globaler Marketingchef von Nismo und Motorsport-Direktor abgeschlossen (Ex-1-Pilot Max Chilton war kürzlich der letzte Neuzugang). Dass er dem Saisonstart entgegenfiebert, zeigt sich in jedem Satz, in jeder Geste. Vorsichtiger Optimismus wird verbreitet.

«Wir haben den Fokus unserer Vorbereitung völlig auf Le Mans ausgerichtet. Deshalb fahren wir auch beim WM-Auftakt in Silverstone schon unser Le-Mans-Paket und keine Sechsstunden-Version», erklärt Cox, der zugibt: «Bisher hatten wir noch keine 24-Stunden-Simulation. Silverstone ist ein nächster Schritt nach Le Mans.» Dass sich Nissan gleich für drei Autos an der Sarthe im ersten Jahr entschieden hat, findet er «mutig, aber machbar, ein großes Vorhaben halt.»

Ganz wichtig war für Nissan der eigentlich fünftägige Test in Sebring in dieser Woche, bei dem die japanischen Briten auf Audi trafen. Doch die Standortbestimmung fiel aus. Nach zwei Testtagen packte Nissan nach einem Schaden am Chassis ein. Laut Beobachtern drehte der GT-R LM Nismo mit Marc Gené und Olivier Pla an zwei Tagen rund 30 Runden, ohne repräsentative Rundenzeiten zu setzen. Max Chilton, Harry Tincknell und Jann Mardenborough, die zum Ende der Testwoche fahren sollten, treten nun unverrichteter Dinge die Heimreise an.

Zur Fahrerwahl («klar bin ich zufrieden, wir haben unser Wunschteam») sagt der Engländer: «Marc (Gene) war unser absoluter Wunsch als Nummer eins. Er hatte große Erfolge, ist ein exzellenter Tester, sein Speed wird generell unterschätzt. Seine Aufgabe wird auch sein, die Jungen zu führen.» Also ähnlich wie Alex Wurz bei Toyota, die beiden hatten ja zusammen Le Mans 2009 für Peugeot gewonnen.

Die Fahrer aus LMP2-Team hätten sich den Aufstieg allesamt verdient, meint Cox. Und über die Entwicklung der «Computer Kids» im echten Rennleben sei er sowieso angetan: «Was sie leisten mit den wenigen Jahren Rennpraxis ist sehr, sehr gut.»

In Summe wird Nissan vor dem WM-Start 25 Testtage mit dem neuen LMP1 absolviert haben. Wie es zum außergewöhnlichen Konzept Frontmotor-Frontantrieb kam, erklärt Cox so: «Der Heckflügel ist im Reglement sehr strikt definiert, ohne viel Spielraum, der Frontflügel lässt mehr zu. Mehr Abtrieb ist auf der Vorderachse zu gewinnen. Vom Gewicht her ist der Heckantrieb wegen des großen Differenzials ein Nachteil – so ergaben sich der Frontantrieb und der Einbau des V6 vorn, weil das vom Reglement her mehr Vorteile bringt.» Nicht entschieden ist die Mega-Joule-Einstufung, aber Cox lässt durchblicken: «Acht MJ sind noch nicht möglich.»

Dass im WEC vier Werke mit vier unterschiedlichen Antriebs- und Hybridkonzepten in Wettstreit treten, findet Cox großartig: «Die WM wird immer besser.» Und Nissan wollte einfach keinen bisherigen Sieger kopieren: «Audi investiert 200 Mill. Euro im Jahr und hat Erfahrung seit 15 Jahren. Das hätten wir auch mit grösstem Aufwand nicht auf die Schnelle wettmachen können. Also gehen wir unseren eigenen Weg.»

Nach Le Mans werde man sich auf die WM konzentrieren, und da gäbe es ein großes Ziel: «Gegen Saisonende aufs Podium zu kommen wäre schon toll», gibt Cox zu. Dafür arbeiten in Yokohama rund 180 Spezialisten von Nismo und weitere 50 in England.

Abschliessend macht Cox noch ein Kompliment an Porsche: «Ich finde die Zusammensetzung des dritten Autos in Le Mans (Hülkenberg, Tandy, Bamber, Anm.) sehr interessant und wirklich gelungen.» Doch der Maßstab sei weiter Audi: «Dort gibt es die beste Organisation, die besten Strategen, und die Fahrer wissen, worauf es ankommt.»

Galerie Nissan-Test Sebring

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