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Pirelli präsentiert Reifen 2017, Fragezeichen bleiben

Von Mathias Brunner
​Pirelli-Rennchef Paul Hembery gibt freimütig zu: «Wir haben die Hausaufgaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Aber wir wissen heute nicht: Waren wir zu aggressiv oder zu konservativ?»

Der italienische Formel-1-Alleinausrüster Pirelli hat im Fahrerlager des Yas Marina Circuit die 2017er Reifen präsentiert. Damit erfüllt sich ein lang gehegter Wunsch vieler GP-Fans – endlich erhalten die Rennwagen wieder richtig fette Walzen.

Die Mailänder Vorderreifen verbreitern sich von 245 auf 305 Millimeter, die Hinterreifen werden von 325 auf 405 Millimeter aufgestockt. Die neuen Grössen der Slicks betragen somit 305/670 13 für die Vorderreifen und 405/670 13 für die Hinterreifen. Der Gesamtdurchmesser erhöht sich von aktuell 660mm auf 670mm. Der Felgendurchmesser der Reifen bleibt jedoch auf Wunsch der Teams unverändert bei 13 Zoll.

Die neuen Vorderreifen sind somit mehr als sechs Zentimeter breiter als die aktuellen Slicks, bei den Hinterreifen beträgt der Zuwachs mehr als acht Zentimeter. Das bedeutet, die Reifen der Saison 2017 sind 25 Prozent breiter als die derzeit eingesetzten Walzen. Das gilt für die Slicks, die Intermediates und die Regenreifen gleichermassen – die gewohnten Reifenmischungen werden mit den gleichen Farben wie gewohnt gekennzeichnet. Also violett für die ultraweiche Mischung, rot für die superweiche, gelb für die weiche, weiss für die mittelharte und orange für die harte Mischung, dazu grün für die Intermediate-Reifen für Mischverhältnisse und blau für Regenreifen.

Doch nicht nur die Dimensionen der Reifen werden angepasst, auch die Grösse und Form der Aufstandsfläche – also jenes Teils des Reifens, der jeweils Kontakt zur Fahrbahn hat – werden optimiert. Mit der vergrösserten Auflagefläche der Slicks steigen Grip und Traktion und somit die Kurvengeschwindigkeit der Autos.

Am Kurvenausgang können die Fahrer die extreme Power des Motors dann früher und einfacher auf die Strasse bringen. Dafür hat Pirelli das Konzept der Formel-1-Reifen in der Entwicklungsphase grundlegend neu aufgesetzt.

So kommt eine besondere Reifenstruktur zum Einsatz, welche die breitere Lauffläche unterstützt. Modernste Konstruktionsverfahren verbessern darüber hinaus die Kräfteverteilung im Bereich des Wulstes und der Seitenwand. Das ist wichtig, um trotz der erwarteten Fliehkräfte in Kurven ein Höchstmass an Konstanz und optimalem Fahrverhalten zu erhalten.

Rennchef Paul Hembery in Abu Dhabi über die Entwicklungsphase: «Die Ziele, welche uns vorgegeben wurden – die Autos sollen gemessen an Barcelona 2015 zwischen vier und fünf Sekunden pro Runde schneller werden. Wir schätzen, dass drei Sekunden oder etwas mehr von den Reifen kommen werden, der Rest durch die Aerodynamik. Das wird auch von Piste zu Piste variieren.»

«Dieses Projekt war nicht einfach, weil wir mit vielen Unbekannten beginnen mussten. Wir danken allen Teams für ihre Hilfe in Sachen Daten, wir bedanken uns besonders bei Mercedes, Red Bull Racing und Ferrari, dass sie 2015er Wagen umbauten, um die Abtriebswerte für 2017 zu simulieren und uns rollende Labors zur Verfügung zu stellen. Wir schätzen, dass diese angepassten Autos vielleicht zwanzig Prozent weniger Abtrieb aufbauen als die Renner, welche wir 2017 erleben, aber die Hilfe der Teams war unschätzbar.»

«Dies ist ein Startschuss, im Februar werden wir die neuen Autos erleben, und dann wird es auch für uns spannend sein zu sehen, ob wir die anvisierten Ziele erreichen, ob sich die Ergebnisse von der Rennbahn mit den Simulationswerten decken.»

«Die Daten der Rennställe besagen: Mit den 2017er Reifen werden Piloten gewisse Kurven voll fahren können, die Belastung auf die Fahrer werden um rund 1g steigen. Das wird tüchtig auf die Nackenmuskeln gehen. Auf Pisten wie Silverstone wird das sehr spektakulär.»

«Wir haben die Charakteristik der Slick-Reifen geändert. Die neuen Reifen werden ein breiteres Nutzungsfenster bieten, sind also weniger anfällig auf Temperaturwechsel. Wir haben anhand der Daten der Rennställe versucht, Konstruktion und Mischungen der markant erhöhten Belastung anzupassen. Aber auch wir selber können heute noch nicht im Detail sagen, ob wir dabei zu aggressiv oder zu konservativ vorgegangen sind. Das werden wir ab Februar herausfinden. Wir sehen 2017 als Übergangsjahr, denn wir werden dank 25 Testtagen innerhalb der Saison die Reifen weiterentwickeln können. Um dann 2018 einen noch besseren Reifen zu haben.»

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