MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Streit um Technik: Neue FIA-Direktive, altes Problem

Von Mathias Brunner
Was macht Mercedes cleverer als Ferrari?

Was macht Mercedes cleverer als Ferrari?

​Der Streit um die vernetzten Aufhängungen spitzt sich zu. Die Regelhüter des Autmobilverbands FIA haben eine neue Direktive verschickt. Aber die schützt niemanden vor Ärger in Australien.

In Barcelona testet die Formel 1 unter einer dunklen Wolke, und die hat nichts mit dem Wetter in Katalonien zu tun. Es geht um die anhaltende Diskussion hinter den Kulissen in Sachen Aufhängungen – die Rennställe sind unterschiedlicher Meinung darüber, was in Sachen vernetzter Aufhängungssysteme erlaubt ist und was nicht.

Force-India-Technikchef Andy Green hat bei der Präsentation des neuen Renners anklingen lassen, was auf uns zukommen könnte: «Wir sehen die Situation verhältnismässig gelassen. Denn wir sind bei der Aufhängung auf der sicheren Seite. Aber generell ist die Situation unbefriedigend. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ein Rennstall protestieren wird, um Klarheit zu schaffen. Das Problem bei der ganzen Diskussion – natürlich beeinträchtigt eine Aufhängung in ihrer Funktion auch die Aerodynamik. Das ist alles eng miteinander verwoben und lässt sich nicht so einfach trennen. Wir wissen derzeit nicht, wie stark eine Vernetzung der Aufhängung erlaubt ist. Wir warten auf eine Erklärung der FIA, die liegt leider noch nicht vor.»

Nun ist sie da, aber es bleibt weiter Spielraum für Interpretationen, wie die neue FIA-Direktive zeigt.

SPEEDWEEK.com-Leser erinnern sich: Ferrari war mit einem Brief an die FIA vorstellig geworden mit der Bitte zur Klärung, was denn nun bei den Aufhängungen für 2017 erlaubt sei und was nicht. Es herrscht die Meinung vor: Mercedes-Benz und Red Bull Racing haben hier besonders clevere Systeme ausgeheckt, welche den Wagenkörper ruhiger halten. So kann die Aerodynamik gleichmässiger wirken. Die Legalität dieser Systeme ist bislang von keinem Rennkommissar in Frage gestellt worden.

Nun aber haben die besten beiden Rennställe der Gegenwart die Aufhängungen weiter verfeinert. Bis an einen Punkt, an dem Techniker anderer Teams angeregt haben: Erlaubt doch gleich aktive Radaufhängungen, dann haben sich die ganzen Diskussionen erledigt!

Der Knackpunkt (wie so oft in der Formel 1): Die Teams sind sich nicht einig, wie weit die Technik gehen sollte, und die Auskünfte der FIA waren bislang eher von empfehlender Natur, keine Regel, die schwarz und weiss ist.

Die Regelhüter der FIA wollen sicherstellen, dass die Aufhängung nicht in einer Art und Weise arbeitet, welche die Aerodynamik begünstigt. «Das ist ein Widerspruch in sich», sagte mir Renault-Technikchef Bob Bell vor kurzem. «Denn es liegt in der Natur der Sache, dass die Arbeit der Aufhängung die Aerodynamik beeinflusst. Das hängt ja alles zusammen. Wie soll sich das sauber trennen lassen?»

Die Klärung der FIA hat ein wenig auf sich warten lassen, liegt nun aber vor. Im Schreiben an alle Teams ist davon die Rede, dass die Aufhängung diese vorrangige Funktion erfüllen müsse: Chassis und Pilot von Unebenheiten der Strecke abschirmen.

Was als nicht reglementskonform eingestuft wird: Systeme, die verändern, wie das Auto auf Beschleunigungsbewegungen reagiert. Systeme, welche eine Verbindung zwischen Bodenfreiheit, Bremse und Lenkung aufweisen. Systeme, welche die Bodenfreiheit selbständig ausgleichen. Systeme, welche Energien für Funktionen von Federn und Dämpfer speichern. Systeme, welche direkt mit jenen Aufhängungsteilen verbunden sind, welche das Rollverhalten beeinträchtigen oder die Bodenfreiheit kontrollieren.

Die FIA stellt klar: Findet der technische Delegierte der Formel 1 (der Deutsch Jo Bauer) in den Rennwagen Vorrichtungen, welche ihnen verdächtig vorkommen, dann können sie von den entsprechenden Teams verlangen, solche Systeme zu deaktiveren oder gleich auszubauen. Sollte sich ein Rennstall eines möglichen Vergehens schuldig machen, reicht Jo Bauer einen Bericht an die jeweiligen Rennkommissare ein.

Die Konkurrenz bleibt gelassen. Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner hier in Barcelona: «Wir glauben, wir liegen mit unserer Interpretation im grünen Bereich, und wir haben entsprechende Rückmeldungen der FIA. Wenn jedoch ein Gegner damit nicht einverstanden ist, dann steht es ihm frei dagegen vorzugehen. Dann müssten sich die Rennkommissare damit befassen. Alle Rückmeldungen der FIA bislang zu diesem Thema weisen darauf hin, dass wir kein Problem haben. Aber die ganze Diskussion ist das Ergebnis zu komplizierter Regeln. Das ist ein grundlegendes Problem der Formel 1. Je komplexer das Regelwerk, desto eher versuchen clevere Ingenieure, Grauzonen zu nutzen.»

Mercedes-Teamchef Toto Wolff sagte dazu: «Das wird schon länger diskutiert. Ich schlafe ruhig. Für uns ist klar, was die Regeln erlauben und was nicht. Hier wird ein wenig Wirbel erzeugt, aber das macht uns keine Sorgen.»

Die Befürchtung bleibt: Fortsetzung in Australien.

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