Christian Horner (Red Bull): Haiflosse verdirbt alles
Die Formel-1-Fans diskutieren leidenschaftlich über die neuen GP-Renner, die seit heute Montag in Barcelona getestet werden. Einer der grössten Aufreger: Die haiflossenartigen Verlängerungen der Motorabdeckungen. Am Circuit de Barcelona-Catalunya verrät Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner: «Ich finde diese Auto wirklich schön, aber die Flosse verdirbt alles. Um genau zu sein, haben wir angeregt, diese Auswüchse verbieten zu lassen, als wir verstanden haben, wo die Reise hingeht. Aus ästhetischen Gründen. Aber wir sind mit unserem Vorstoss in der Formel-1-Kommission gescheitert. Die anderen Teams waren gegen ein Verbot.»
Auf den Grund dafür geht Horner nicht ein. Wir reichen ihn gerne nach: Die Flosse hilft dabei, bei der Kurvenfahrt konstanter Abtrieb zu haben. In der Branche gilt als gegeben – die Autos von Red Bull Racing und Mercedes bauen an sich am meisten Abtrieb auf. Sie sind also weniger auf dieses Hilfsmittel angewiesen. Daher so viel Widerstand gegen Red Bull Racing. Horner: «Ich hoffe, wir können diese Lücke für 2018 schliessen. Ich glaube, die Autos würden viel schöner aussehen.»
Christian Horner über seine ersten Eindrücke an der Rennstrecke: «Wir sind leider nicht so viel zum Fahren gekommen. Wir hatten ein mechanisches Problem mit einem Sensor an der Kurbelwelle, später hatten wir ein Problem mit der Batterie, die musste gewechselt werden. Ergebnis: Wir haben sehr viel Zeit in der Box verbracht.»
«Klar ist das ärgerlich. Aber mir ist es lieber, wir haben die Probleme jetzt als in Australien. Zudem sind es eher kleine Schwierigkeiten. Und die Autos von Renault und Toro Rosso laufen standfest, das zeigt mir, dass der Motor an sich gesund ist. Ich mache mir keine Sorgen.»
Apropos sorgenfrei. Christian Horner sagt zum Schwelbrand vernetzter Aufhängungen, immer mit der Möglichkeit, dass die Klassenbesten von Mercedes und Red Bull Racing in Australien mit einem Protest der Gegner rechnen müssen: «Das Problem ist – das Reglement ist bei den Aufhängungen Interpretationssache. Wir glauben, wir liegen mit unserer Interpretation im grünen Bereich, und wir haben entsprechende Rückmeldungen der FIA. Wenn jedoch ein Gegner damit nicht einverstanden ist, dann steht es ihm frei dagegen vorzugehen. Dann müssten sich die Rennkommissare damit befassen. Alle Rückmeldungen der FIA bislang zu diesem Thema weisen darauf hin, dass wir kein Problem haben. Aber die ganze Diskussion ist das Ergebnis zu komplizierter Regeln. Das ist ein grundlegendes Problem der Formel 1. Je komplexer das Regelwerk, desto eher versuchen clevere Ingenieure, Grauzonen zu nutzen.»
Was ist Christian Horner an den anderen Autos aufgefallen? «Ich finde die Autos wirklich ein Hammer, sie sehen viel aggressiver aus, sie sind schneller. Doch die Ästhetik spielt meiner Meinung nach eine wichtige Rolle. Wir sollten das nicht ignorieren. Mir gefällt fast alles gut – mit Ausnahme der Lackierung des McLaren. Ron Dennis muss durchdrehen.»
Wie sieht Horner die Formel 1 ohne Bernie Ecclestone? Der Engländer meint: «Zunächst wird es unerreicht bleiben, was Bernie aus dem Sport gemacht hat. Was mir bei den neuen Grossaktionären von Liberty Media gefällt – sie verstehen, dass unser Sport auch Spektakel sein muss, sie sind offen für Vorschläge, sie arbeiten an einer langfristigen Strategie. Das ist alles positiv. Sofort bemerkbar macht sich eine gewisse Lockerung, was den Umgang mit den sozialen Netzwerken angeht. Das ist seit heute in Kraft. Wir haben beispielsweise einen kurzen Film gemacht mit Daniel Ricciardo – von der Ankunft an der Strecke bis zum Rausfahren auf die Strecke. Früher wäre so etwas nicht denkbar gewesen. Wir haben also mehr Freiheiten, was Szenen aus dem Fahrerlager angeht.»
Mercedes liegt schon vorne und hat am meisten Runden gefahren, macht sich Horner Gedanken? «Nein, denn für Wintertests gibt es keine Punkte. Und wir hatten beispielsweise vor einem Jahr die Situation, dass Mercedes im Winter unheimliche Rundenzahlen gezeigt hat, nur um dann während der ersten Rennwochenenden Probleme zu haben.»