Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Vor Barcelona-Test: Was Red Bull Racing verbirgt

Von Mathias Brunner
​Formel-1-Champion Lewis Hamilton fürchtet für die Saison 2017 am meisten «Red Bull Racing. Die sind für mich ein Fragezeichen. Ich bin ja mal gespannt, was uns da in Spanien gezeigt wird.»

Lewis Hamilton ist in guter Gesellschaft. Die ganze Formel 1 wartet gebannt darauf, was sich Adrian Newey und seine Techniker von Red Bull Racing für 2017 haben einfallen lassen. RBR-Teamchef Christian Horner verrät: «Der RB13 ist eines der hübschesten Autos, das wir je entworfen haben. Das neue Reglement gibt dir die Möglichkeit, einen Wagen zu bauen, dessen Proportionen einfach stimmen. Er schaut richtig böse aus und schnell. Und die alte Faustregel lautet bekanntlich – was schön ist, das ist in der Regel auch schnell. Unser Auto ist wirklich sehr schön.»

Heute Sonntag, einen Tag vor Beginn der Wintertests, will Red Bull Racing den Fans einen ersten Appetithappen servieren. Im Internet treiben sich dann auch die Aerodynamiker aller Rennställe herum: RBR gilt als Klassenbester. Allein schon die Tatsache, wie steil angestellt viele bisher gezeigte 2017er Renner daherkommen, das beweist – Red Bull Racing bleibt Trendsetter.

Die Gegner wissen: Sebastian Vettel hatte von 2010 bis 2013 bestimmt nicht den kraftvollsten Motor im Heck. Aber er und Red Bull Racing haben vier Titel in Folge geholt. Weil das Chassis allfällige Schwächen des Motors übertüncht hat.

Anders gesagt: Gelingt Renault nur halbwegs ein guter Motor, dann ist davon auszugehen, dass sich Mercedes-Benz gegen Red Bull Racing sehr warm anziehen muss.

Lewis Hamilton sagt stellvertretend: «Wir haben eine frische Generation von Rennwagen mit mehr Abtrieb. Und jeder im Fahrerlager weiss, wie sattelfest Red Bull bei diesem Thema ist. Alles fängt bei null an. Jedem kann der grosse Wurf gelingen, Ferrari, Red Bull oder uns. Ich hoffe, dass die Teams dicht beisammen liegen, denn letztlich ist es genau das, was die Fans sehen wollen.»

Längst stehen im Fahrerlager des Circuit de Barcelona-Catalunya so viele Rennlaster, als würde ein Grand Prix stattfinden. Einige sind etwas früher gekommen, um noch ihren Filmtag zu absolvieren – wie Sauber, Renault oder Haas.

Häufig gestellte Frage: Wieso testen die Rennställe eigentlich bevorzugt in Katalonien?

Weil Bahrain und Abu Dhabi zu weit weg sind, ein Test in Arabien zu viel kostet, weil die Jerez-Strecke ein Chassis nicht so auf die Probe stellt wie Barcelona. Weil Valencia ein Mickymauskurs ist.

In Barcelona wird hingegen nicht gefahren, weil es dort immer so schön warm ist. Das ist ein Mythos. Wir haben schon Testmorgen erlebt, da haben wir Eis von der Scheibe der Mietwagen gekratzt. Bei einer Pistentemperatur von zehn Grad lässt sich nicht viel lernen.

Es kann in Barcelona auch mal regnen: Pirelli käme das willkommen. Sie haben ohnehin einen Regentag eingeplant. Wenn Petrus findet, die Natur gehört genässt, dann können es sich die Mailänder sparen, die Piste künstlich zu bewässern.

Barcelona ist unter den Technikern auch so beliebt, weil sie tonnenweise Daten aus Renn- und Testbetrieb haben. Das erleichtert die Arbeit mit den neuen Boliden.

Und es gibt viel zu tun: Die Rennställe lernen ab Montag ihre Autos kennen. Zudem müssen sie mit den Pirelli-Breitreifen Erfahrungen sammeln. Dazu ist Barcelona einfch ideal – schnelle, langgezogene Bögen wie Kurve 3, enge Ecken, Kurven mit verschiedenen Radien, mittelschnelle Kurven, dazu eine lange Gerade, flotte Richtungswechsel, alles da.

Was Fans uns auch oft fragen: Wo wir doch Tests haben, wieso stehen die Teams dann den halben Tag in der Box herum? Und dies auch noch vor diesen doofen spanischen Wänden!

Antwort: Leider verbietet die FIA nur an Rennwochenenden die Benutzung des Sichtschutzes. Sobald bei den Tests ein Auto von der Bahn zurückkommt, rollen die Mechaniker spanische Wände herbei als ginge es um ihr Leben. Statt sich den Fans zu öffnen, zieht sich die Formel 1 zurück. Habt Ihr aufgepasst, liebe Fachleute von Liberty Media? Soll das vielleicht eine Formel 1 sein, die sich den Fans mehr öffnet?

Dabei wäre das Interesse da, gerade weil wir jetzt eine aufregend neue Technik erhalten haben. Doch die Rennställe verfallen in Geheimniskrämerei, als gäbe es dafür WM-Punkte. Angeblich unter dem Vorwand, man wolle den Gegnern nichts herzeigen. Pardon, das ist Blödsinn: Sobald Autos auf die Bahn gehen, werden Dutzende Fotografen munter. Nicht wenige von ihnen verdienen sich ein Zubrot, indem sie einem Rennstall nachher Fotos mailen. Daraus werden all jene Daten errechnet, die man auch gleich preisgeben könnte. Zumal: Nur weil, als Beispiel, McLaren-Honda eine besonders clevere Fahrzeugnase gebaut hat, muss es nicht gesagt sein, dass die an einem Red Bull Racing ebenfalls funktionieren würde.

Aber wieso sind die Autos immer so lange in der Box?

Zwei Gründe: Erstens weil es so viel zu tun gibt. Und zweitens, was mit erstens zu tun hat, weil es zur Natur von Probefahrten gehört, dass ein Teil der Probe nicht standhält.

Aerodynamiker wollen die Renner gespickt mit Sensoren und Messgittern auf die Bahn senden. Das bindet Zeit zum Anbringen und Abmontieren. Wenn der Pilot dann mit gleichmässiger Geschwindigkeit fährt, bretzelt das keinen Fan von seinem Tribünensitz.

Die Fahrer feilen an ihrem Arbeitsplatz: Sitzposition, Stellung des Lenkrads, Bremspedalposition. Auch das kostet Zeit.

Die Teams versuchen in nur acht Tagen Wintertests vor der Saison so viele Daten als möglich zu sammeln: Viel Sprit an Bord, halbvoller Tank, Quali-Trimm, dazu alle erdenklichen Reifenmischungen, es wird mit Radsturz gespielt und mit dem Reifendruck, mit der Bodenfreiheit, mit unterschiedlichen Anstellwinkeln der Flügel. Es gibt fast unendlich viele Einstellmöglichkeiten.

Damit sind auch die Tageszeiten stets mit Vorsicht zu geniessen: Die Rundenwerte wurden selten zur gleichen Zeit und in gleicher Fahrzeugausführung erzielt. Also Vorsicht, wenn Sie ab Morgen jeweils die Zeitenliste sehen.

Das Rätselraten, wer wirklich wie gut ist, wird bis zu jenem Moment weitergehen, wenn in Australien am 26. März die Startampel erlischt.

Und genau so soll es auch sein.

Die wichtigsten Termine 2017

Präsentation oder Roll-Out
26. Februar: Red Bull Racing im Internet
26. Februar: Toro Rosso in Barcelona
26. Februar: Haas im Internet

Wintertests
27. Februar bis 2. März: Barcelona
7. bis 10. März: Barcelona

Tests innerhalb und nach der Saison
18./19. April: Bahrain
1./2. August: Budapest
28./29. November: Abu Dhabi

Formel-1-WM 2017
26. März: Australien (Melbourne)
9. April: China (Shanghai)
16. April: Bahrain (Sakhir)
30. April: Russland (Sotschi)
14. Mai: Spanien (Barcelona)
28. Mai: Monaco (Monte Carlo)
11. Juni: Kanada (Montreal)
25. Juni: Aserbaidschan (Baku)
9. Juli: Österreich (Spielberg)
16. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
30. Juli: Ungarn (Budapest)
27. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
3. September: Italien (Monza)
17. September: Singapur
1. Oktober: Malaysia (Sepang)
8. Oktober: Japan (Suzuka)
22. Oktober: USA (Austin)
29. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
12. November: Brasilien (São Paulo) *
26. November: Abu Dhabi (Insel Yas)
* Finanzierung nicht gesichert, daher provisorisch

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