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Formel 1 2017: Flossen, Bügelbretter, Knubbelnasen

Kolumne von Mathias Brunner
​Die Formel-1-Modellgeneration 2017 wird von den Fans mit grosser Leidenschaft diskutiert – und ordentlich durch den Kakao gezogen. Der Spott zeugt auch von Zuneigung. Eine kleine Bestandsaufnahme.

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Für Formel-1-Technikchefs wie Andy Green von Force India steht fest: «Ich finde die gewaltige Flosse über der Motorabdeckung auch nicht schön, aber sie macht unser Auto schneller. Also müssen wir nicht darüber diskutieren, ob wir dieses Teil verwenden sollen.»

Für einige Fans ist schwer verdaulich, was wir da alles serviert bekommen: Filigrane T-Flügel am Mercedes und am Ferrari, Formel-1-Weltmeister Damon Hill nennt sie «Kleiderbügel», die Kollegen von «F1PaddockPass» haben sie zum Kanuhalter für Valtteri Bottas gemacht.

Ob wir den Fortsatz der Motorverkleidung nun elegant Haifischflosse nennen, sie schnöde mit einem Kombi vergleichen oder – wie «Grand Prix Diary» – gleich mal zum Bügelbrett umfunktionieren: Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Die meisten Fans äussern sich in den sozialen Netzwerken eher ablehnend. Die Teams wiederum freuen sich, potenziellen Sponsoren mehr Werbefläche präsentieren zu können.

Was lernen wir nun aus den Rennwagen von Williams, Sauber, Renault, Force India, Mercedes und McLaren-Honda?

Vielleicht der kraftvollste Eindruck: Erwartungen sind gefährlich. Den Fans sind die geilsten Rennwagen seit Jahren versprochen worden.

Da muss sich keiner wundern, wenn sich die Formel-1-Freunde dann über hässliche Knubbelnasen aufregen. Oder dass sie von Schauern gepackt werden, wenn sie den hässlichen Knick in der Force-India-Fahrzeugnase sehen. Wieso kann bei der FIA eigentlich keiner ein Reglement schreiben, das solche Hässlichkeiten unterbindet?

Was erreicht worden ist: Die Autos wirken wirklich aggressiver, und die breiten Reifen sehen endlich wieder nach richtiger Formel 1 aus. Auch Front- und Heckflügel halten, was uns versprochen worden ist, der Bereich zwischen Vorderrädern und Seitenkästen ist für Technikinteressierte ein Festschmaus.

Aber unter den Grand-Prix-Freunden ist auch Enttäuschung zu spüren. Die Autos sind erheblich länger geworden, zusammen mit den Fortsätzen an der Airbox erzeugt das die Illusion einer gewissen Trägheit.

Der Schein trügt: Diese Renner werden sauschnell sein. Aber damit sind wir bei der grössten aller Sünden, und kein Aerodynamiker kann die tilgen, selbst wenn sein ästhetisches Empfinden noch so ausgeprägt ist. Die Autos sind schlicht zu leise. Noch immer.

Als die Rennställe Videos vom ersten Laufenlassen der Motoren einstellten, liessen Reaktionen der Fans nicht lange auf sich warten: «Das klingt ja mein Staubsauger zuhause aufregender», hat einer festgehalten. Ich kann es ihm nicht verübeln.

Was die Formel-1-Macher offenbar partout nicht verstehen wollen: Kein Mensch erkennt auf der Tribüne, ob ein Rennwagen vier oder fünf Sekunden pro Runde schneller ist. Ich behaupte: Wären die neuen GP-Boliden vielmehr fünf Sekunden langsamer, aber doppelt so laut – die Fans würden garantiert den Eindruck haben, die lauteren Autos seien auch die schnelleren.

Die Formel 1 ist auf keinem schlechten Weg. An die längeren Fahrzeuge werden wir uns in kürzester Zeit gewöhnen. Der Mangel an Motorgetöse bleibt ein Problem. Es ist nicht der Klang an sich: An der Rennstrecke hört sich das faszinierend an – Verbrennungsmotor, Lader, Energiegewinnung, Kompressor, diese Kombination erzeugt einen ganz eigenen Sound. Klar ist das nicht zu vergleichen mit dem ohrenbetäubenden Kreischen von 20.000 Touren drehenden Saugmotoren, aber es ist vielschichtig. Leider aber viel zu leise.

Worauf ich gespannt bin: Wieviele der enormen Frontflügel nach einem Start noch heil sind. Oder wie das auf engen Strecke wie Monte Carlo, Singapur oder in der Altstadt von Baku zu und her geht, auch.

Aber aggressiv aussehende Autos mit tollem Geflügel nützen nichts, wenn der Sport nicht packender wird. Ob die Modellgeneration 2017 auch besseren Rennsport erlaubt, das werden wir erst ab Ende März erfahren.

Die wichtigsten Termine 2017

Präsentation oder Roll-Out
26. Februar: Red Bull Racing im Internet
26. Februar: Toro Rosso in Barcelona
26. Februar: Haas im Internet

Wintertests
27. Februar bis 2. März: Barcelona
7. bis 10. März: Barcelona

Tests innerhalb und nach der Saison
18./19. April: Bahrain
1./2. August: Budapest
28./29. November: Abu Dhabi

Formel-1-WM 2017
26. März: Australien (Melbourne)
9. April: China (Shanghai)
16. April: Bahrain (Sakhir)
30. April: Russland (Sotschi)
14. Mai: Spanien (Barcelona)
28. Mai: Monaco (Monte Carlo)
11. Juni: Kanada (Montreal)
25. Juni: Aserbaidschan (Baku)
9. Juli: Österreich (Spielberg)
16. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
30. Juli: Ungarn (Budapest)
27. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
3. September: Italien (Monza)
17. September: Singapur
1. Oktober: Malaysia (Sepang)
8. Oktober: Japan (Suzuka)
22. Oktober: USA (Austin)
29. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
12. November: Brasilien (São Paulo) *
26. November: Abu Dhabi (Insel Yas)

* Finanzierung nicht gesichert, daher provisorisch

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