Jean Todt (FIA): «Sebastian Vettel ausser Kontrolle»
Sebastian Vettel und Jean Todt in Montreal
Mercedes-Star Lewis Hamilton hatte bei seiner Medienrunde gefordert: «Bei allem Respekt – FIA-Chef Jean Todt sollte jetzt auch hier sitzen, um einige Fragen zu beantworten. Nichts hat sich in Paris am vergangenen Montag geändert. Also ist die Nachricht, die da gesendet wird, noch immer die gleiche.»
Der dreifache Formel-1-Weltmeister hat damit anklingen lassen, was viele Fans in den sozialen Netzwerken zum Ausdruck gebracht haben: Vettel ist für seinen Rammstoss von Baku ziemlich leicht vom Haken gelassen worden.
Zur Erinnerung: Der 71jährige FIA-Chef Jean Todt hatte nach der Autoscooter-Aktion im Aserbaidschan-GP Hitzkopf Vettel nach Paris geladen, um ihm klar zu machen: «So etwas will ich nie wieder auf einer Rennstrecke sehen.» Gegenüber der britischen Sky hält Todt, früher Rennleiter, dann Direktor von Ferrari, fest: «Erlaubt sich Sebstian Vettel nochmals eine solche Aktion, dann wird das ernsthafte Folgen haben.» Seit der Ermahnung in Paris fährt Vettel unter Bewährung.
Viele Fans sind verwirrt über die Entscheidungsabläufe beim Automobil-Weltverband. Nicht nur darüber, dass der FIA-Chef offenbar im Alleingang eine neue Untersuchung von Vorgängen einleiten kann, die in Baku mit der 10-Sekunden-Stop-and-go-Strafe für Vettel eigentlich abgeschlossen waren.
Todt erklärt: «Es liegt alleine am Präsidenten zu entscheiden, ob ein solcher Fall vor dem Internationalen Sportgericht landet. Schon im vergangenen in Mexiko hat sich gezeigt – Sebastian, ein fabelhafter Rennfahrer, hat sich ab und an nicht so unter Kontrolle, wie er das sollte.»
Der Verbands-Chef spielt auf die Schimpftiraden Vettels an, der Rennleiter Charlie Whiting eine klare Nachricht deponiert habe: «Fuck off!» Nur eine Entschuldigung direkt nach dem Rennen rettete damals Vettel vor einer Bestrafung für diese Verbalentgleisung.
Todt weiter: «Ich war Rennleiter, ich weiss, wie angespannt Formel-1-Piloten sein können. Jede Situation muss für sich selber gedeutet werden. Aber das kann nicht heissen, dass Piloten das Recht haben, sich alles zu erlauben. Entscheidungen hinter einem Schreibtisch sind einfach. Zum Leben gehören nun mal Emotionen.»
Todt betont noch einmal, dass Vettel nun wisse, was es geschlagen hat: «Sebastian hat einige sehr kraftvolle Warnungen erhalten. So etwas wird nicht wieder vorkommen. Falls doch, werden die Konsequenzen für ihn sehr ernsthaft sein.»
Formel-1-Fans, die über den Tellerrand hinausblicken, stellen fest: Rad-Star Peter Sagan ist für seinen Ellbogenstoss gegen Mark Cavendish von der Tour de France ausgeschlossen worden.
Gemessen daran ist die Strafe für Sebastian Vettel lächerlich. Jean Todt sagt dazu: «Ich bin mit dem Radsport oder mit Fussball nicht vertraut. Aber es die Vorkommnisse bei der Tour de France und in Baku lassen sich nicht vergleichen. Wir sind in einem Geschäft, in dem wir sehr präzise vorgehen müssen. Bei der Tour ging es um die Spritentscheidung kurz vor dem Ziel, die Fahrer waren mit vollem Tempo unterwegs, als der Rempler passiert. In Baku passierten die Kollisionen in einer Phase, als das Rennen neutralisiert war, also bei geringem Tempo.»
«Die Aktion von Vettel war inakzeptabel. Die Strafe der Rennkommissare war die härteste, die in einem Grand Prix ausgesprochen werden konnte – ohne Sebastian mit der schwarzen Flagge aus dem Rennen zu nehmen. Uns war auch wichtig festzuhalten, dass Lewis Hamilton an der ganzen Sache keine Schuld trug.»
«Sebastian Vettel hat verstanden, dass er einen grossen Fehler gemacht hat. Und er hat mir versprochen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommen werde. Die Zeit wird zeigen, ob das stimmt.»