Jackie Stewart warnt: «Ich sah zu viele Beerdigungen»
Sir Jackie Stewart in Goodwood 2017 mit Adrian Newey (links)
Ein heisses Eisen in diesem Formel-1-Sommer: Der Autoverband FIA drückt der Königsklasse Formel 1 den Kopfschutz Halo (Heiligenschein) auf, ab 2018 wird mit dem Metallbügel gefahren, ob das nun Fans, Piloten und Rennställen passt oder nicht.
Sir Jackie Stewart, Formel-1-Weltmeister 1969, 1971 und 1973, kann die Aufregung um den Halo nicht ganz nachvollziehen. «Wenn du eine Möglichkeit hast, Leben zu retten, dann musst du doch keine Fragen mehr stellen. Wenn einige der heutigen Kritiker am Halo bei so vielen Beerdigungen gewesen wären wie ich, wenn sie so viele Tränen um Freunde und Kollegen vergossen hätten, dann würden sie anders reden», sagt die schottische Rennlegende gegenüber Autosport. «Zum Glück hat der Sport so grosse Fortschritte bei der Sicherheit gemacht, und wir sollten dafür dankbar sein.»
«Wenn ich jetzt die ganzen Kolumnen lese, der Halo sei das Ende der Formel 1 und das alles, dann kann ich nur sagen – es ist genau wie in den 60er Jahren, als mir unterstellt wurde, ich würde den Rennsport kaputtmachen. Weil ich mich für mehr Sicherheit eingesetzt habe. Ein Beispiel: Als wir den Schritt zum Vollvisierhelm machten, da erhielten wir Schelte, weil die Gesichter der Fahrer nicht mehr zu sehen seien.»
Stewart legte sich mit Autoverband, Streckenbetreibern und Fahrerkollegen an, weil er sich vehement für erhöhte Sicherheit einsetzte. Der 27fache GP-Sieger sagt weiter: «Mir ist vorbeugende Medizin lieber als Korrekturmedizin. Natürlich lässt sich argumentieren, als Henry Surtees 2009 von einem Rad erschlagen worden ist, so war das eben Pech. Aber wieso soll ich mich auf Glück oder Pech verlassen, wenn ich die Möglichkeit eines besseren Schutzes habe?»
Stewart, der zwischen Südafrika 1965 und Kanada 1973 99 Formel-1-WM-Läufe bestritt, ist auch nicht der Ansicht, dass die Fahrer mit einem Halo nicht mehr als Helden empfunden werden. «Es ist doch reiner Blödsinn zu sagen, wir waren damals heldenhafter als die Piloten von heute, weil bei uns die Gefahr grösser war, sich schwer zu verletzen oder zu sterben. Ein echter Racer ist ein echter Racer, ob das nun einst Nuvolari und Caracciola waren oder heute Vettel und Hamilton. Allerdings können sich die modernen Fahrer mehr Freiheiten herausnehmen, weil sie wissen, dass ihnen weniger passieren kann. Das darf nicht Überhand nehmen. Es gibt eine gewisse Grenze – du musst so fahren, dass der andere Fahrer nie in echter Gefahr schwebt.»