Ferrari-Motorenchef von Sebastian Vettel zu Mercedes?
Anfang Juli wurde erstmals darüber spekuliert: Ferrari-Rennmotorenchef Lorenzo Sassi habe das Rennteam verlassen. Nicht etwa, weil Teamchef Maurizio Arrivabene mit der Arbeit des Italieners unzufrieden sei. Ganz im Gegenteil. Um genau zu sein, mache Sassi einen so guten Job, dass Ferrari-Chef Sergio Marchionne den erfahrenen Techniker bei Fiat-Chrysler einsetzen wolle – Sassi solle dort seine Erfahrung im Bereich Hybrid für die Serienprodukte einsetzen.
Aber das passierte nicht. Sassi zeigte wohl kein grosses Interesse daran, für den Serienfahrzeugbau tätig zu sein.
Kein Rennfahrer sieht es gerne, wenn ein guter Mann das Team verlässt, auch Ferrari-Star Sebastian Vettel nicht. Ferrari kämpft heute mit Mercedes motorenseitig fast auf Augenhöhe, und das ist zu einem erheblichen Teil das Verdienst von Sassi.
Der Italiener Leo Turrini, einer der bestinformierten Journalisten im Dunstkreis von Ferrari, verriet: «Schon vor Monaten hatte Konzernchef Sergio Marchionne den Sassi gefragt, ob er nicht zu Fiat-Chrysler wechseln wolle – um eine Know-how-Lücke in Sachen Hybrik zu schliessen. Ich fände es zwar merkwürdig, wenn Marchionne freiwillig einen so guten Mann aus dem Sport abzieht. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass er Platzwechseln zwischen Serie und Sport sehr offen gegenübersteht. Er holte ja auch den Aerodynamiker Enrico Cardile aus der Serie in die Formel 1.»
Marchionne sagte dann selber am Red Bull Ring etwas rätselhaft: «Sassi setzt die Entwicklung seiner Karriere fort. Wir haben das auch mit Cardile so gemacht. Gewöhnt euch daran!»
Aber es kam anders: Bald wurde bekannt – Sassi hat nicht nur das Rennteam verlassen, er ist auch nicht mehr für den Fiat-Chrysler-Konzern tätig.
Leo Turrini weiter: «Ich las von einem Zerwürfnis zwischen Teamchef Arrivabene und Technikchef Binotto. Die Desinformation ist eine Waffe jener, die Angst vor dem Verlieren haben. Jedenfalls hoffe ich das, denn sollten sich Arrivabene und Binotto wirklich miteinander überworfen haben, dann hätten wir es mit einem unfassbaren Fall von Selbstbeschädigung bei Ferrari zu tun. Daran möchte ich lieber nicht glauben.»
Inzwischen kursiert in Italien, dass der Weg von Lorenzo Sassi nach England führe, genauer: nach Brixworth, wo die Motorspezialisten von Formel-1-Weltmeister Mercedes-Benz arbeiten. Mein Kollege Franco Nugnes von der italienischen motorsport.com glaubt: Der Toskaner Sassi wird 2018 für die Silbernen tätig sein und unter Andy Cowell arbeiten, dem Chef von «Mercedes AMG High Performance Powertrains» (HPP).
Sassi wäre nicht der erste Spitzentechniker, der von Maranello Richtung England zieht: Der langjährige Ferrari-Designer Aldo Costa fing Ende 2011 bei Mercedes an, James Allison wurde 2017 neuer Technischer Direktor bei Mercedes, den gleichen Posten hatte er zuvor bei Ferrari gehalten. Sassi war elf Jahre lang für Ferrari tätig. Die Lücke, die er in der Formel-1-Abteilung hinterliess, wurde durch Corrado Iotto gefüllt, zuvor in der GT-Abteilung tätig.
Weder Ferrari noch Mercedes äussern sich dazu, ob Lorenzo Sassi tatsächlich nach England zieht.