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Silverstone: Verstappen, Kubica und Buemi für Pirelli

Von Mathias Brunner
​Im Anschluss ans GP-Wochenende von Silverstone haben auf der englischen Traditionsbahn zwei Tage lang Reifentests im Hinblick auf 2019 stattgefunden. Im Einsatz: Red Bull Racing, Williams und Haas.

Im Internet witzelte einer: «Sensation, Seb wieder in einem Auto von Red Bull Racing!» So ganz falsch war das nicht, nur handelte es sich nicht um jenen Seb, an den alle zuerst denken würden. Im RBR-Renner nahm nicht Sebastian Vettel Platz, sondern natürlich der Westschweizer Sébastien Buemi. Der Le-Mans-Sieger sitzt regelmässig im Simulator der Briten und testet auch immer wieder für die vierfachen Weltmeister. In Silverstone ging es hinter verschlossenen Türen zwei Tage lang um die Reifen für 2019. Pirelli hatte dazu Haas (Romain Grosjean), Red Bull Racing (Sébastien Buemi und Max Verstappen) sowie Williams (Robert Kubica) eingeladen.

Über die Testfahrten verrät der Mailänder Formel-1-Alleinausrüster wenig. Bei niedrigeren Temperaturen als am Grand-Prix-Wochenende wurden rund 500 Runden gefahren. Die Tests werden mit unmarkierten Reifen durchgeführt, der Testpilot weiss also nicht, was genau für eine Mischung am umgebauten 2015er Wagen steckt. Die Erkenntnisse aller Tests werden vom Mailänder Reifenhersteller sämtlichen Teams zur Verfügung gestetet. Rundenzeiten werden nicht veröffentlicht.

2016 testeten mit den neuen, breiteren Formel-1-Reifen für 2017 nur die Top-Teams Mercedes-Benz, Ferrari und Red Bull Racing. Ein Jahr später stellte Formel-1-Alleinausrüster Pirelli das Programm um – nun wurde mit allen zehn Rennställen gearbeitet und dies an ganz verschiedenen Orten. Im Plan waren acht verschiedene Rennstrecken auf drei verschiedenen Kontinenten (Asien, Europa, Südamerika). Der Testbetrieb auf möglichst vielen Rennstrecken und unter ganz unterschiedlichen klimatischen Bedingungen sollte sicherstellen, dass die Pirelli-Fachleute so viele Informationen wie irgend möglich sammeln kann.

Das Programm wurde wie geplant durchgeführt, mit einer Ausnahme: Der Test in Interlagos fiel nach mehreren Überfällen auf Formel-1-Mitglieder ins Wasser. In Absprache mit McLaren verzichtete Pirelli.

Gemäss Abmachung mit der FIA verwenden die Rennställe für diese Reifentests die aktuellen Autos. Aber dem Autoverband muss vorab verraten werden, welches Chassis zum Einsatz kommt, welcher Motor im Heck steckt, welcher Pilot am Lenkrad sitzt und welche aerodynamische sowie elektronische Konfiguration seines Renners er dabei zur Verfügung hat.

Verboten ist, den Pirelli-Test zum Ausloten neuer Teile zu entfremden. Die FIA garantiert auch, dass alle Daten beim jeweiligen Test den anderen Rennställen offengelegt werden. Die Teams dürfen überdies, sofern sie das wollen, Beobachter zum Test der gegnerischen Rennställe entsenden. Gemäss Pirelli hat bislang kein Rennstall von diesem Recht Gebrauch gemacht.

Für 2019 wollen die Mailänder mutiger werden. Ex-GP-Pilot Marc Surer findet: «Pirelli war für 2018 viel zu vorsichtig. Ich wäre ohnhin dafür, dass den Teams die Reifenwahl freigestellt wird. Ich verstand schon, wieso Pirelli konservativ blieb – du willst als Formel-1-Alleinausrüster nicht wegen Reifenschäden Schlagzeilen machen. Aber wenn alle Fahrer über die zu harten Walzen schimpfen, dann ist das auch nicht positiv. Pirelli musste handeln.»

Die Zeit drängt: Im Reglement ist verankert, dass der Alleinausrüster der Formel 1 bis 1. Dezember des Vorjahres die entsprechenden Mischungen der neuen Saison homologieren lassen muss. Dabei will Pirelli ein wenig entschlacken.

Viele Formel-1-Fans sind im Laufe der Jahre echte Reifenexperten geworden. Denn Alleinausrüster Pirelli hat das Reifenangebot Schritt um Schritt vergrössert. 2018 haben wir sieben verschiedene Trockenreifen (Slicks), zwei mehr im Jahr davor, damit will Pirelli sich besser den Gegebenheiten der verschiedenen Rennstrecken anpassen. Die weichste aller Mischungen heisst Hypersoft – diesen Namen haben die Fans gewählt. Sie kam Ende Mai in Monte Carlo erstmals zum Einsatz.

Der 23fache GP-Sieger Nico Rosberg kritisierte: «Diese ganzen Reifenmischungen, das ist für mich nicht der richtige Weg, denn da blickt ja keiner mehr durch. Ich finde, egal was jetzt die Mischung drunter ist, sollten wir jedes Wochenende nur drei davon sehen – weich, medium und hart, in den entsprechenden Farben, welche die Fans gewohnt sind. Alles andere ist uns doch eigentlich wurscht.»

In Abu Dhabi wurde Ende November das Reifenangebot 2018 vorgestellt. Regenbogen nennt Pirelli diese Palette, die sich wie folgt auffächert: Der superharte Reifen ist orange markiert, wie bisher der harte Reifen. Der neue harte Reifen ist hellblau markiert (nicht zu verwechseln mit dem Regenreifen), die anderen Mischungen bleiben gleich, um die Fans nicht zu verwirren – also mittelhart (weiss), weich (gelb), superweich (rot), ultraweich (violett) und, neu, hyperweich (rosafarben).

Auch FIA und die Formel-1-Führung fanden: So langsam reicht es. Pirelli wurde gebeten, auf die Kritik zu reagieren und für 2019 Einiges zu vereinfachen.

Und so geht das: Die Bandbreite an Mischungen wird bleiben, aber die Mailänder werden nur drei Reifentypen bei jedem Grand Prix dabeihaben – hart, mittelhart, weich. Wie hart der weiche Reifen ist, wenn Sie uns das Wortspiel erlauben, hängt von der jeweiligen Rennstrecke ab. Will heissen: Der weiche Reifen in Silverstone 2019 ist wesentlich härter als der weiche Reifen für Monaco. Weil er mehr aushalten muss.

Pirelli-Rennchef Mario Isola: «Formula One Management und der Automobil-Weltverband möchten, dass wir die Reifen nur noch hart, mittelhart und weich nennen. Mit Farben, die fürs ganze Jahr gleichbleiben. Auf diese Weise sollte es für die Zuschauer ein wenig überschaubarer werden. Diese Diskussion dauert schon länger, wir haben gesagt – wir sind offen für alles.»

Offen ist auch, mit welchen Farben 2019 gearbeitet wird.

Der nächste Pirelli-Test findet Anfang September in Südfrankreich statt: Dann wird McLaren auf künstlich bewässerter Bahn Regenreifen ausprobieren.

Pirelli-Tests 2018

17./18. April: Shanghai – Force India
19./20. April: Fiorano – Ferrari (nur Regenreifen)
15./16. Mai: Barcelona – McLaren und Haas
30./31. Mai: Le Castellet – Mercedes (nur Regenreifen)
14./15. Juni: Vallelunga – Toro Rosso
10./11. Juli: Silverstone – Red Bull Racing und Williams
5./6. September: Le Castellet – McLaren (nur Regenreifen)
20./21. September: Le Castellet – Mercedes und Ferrari
9./10. Oktober: Suzuka – Renault
30. Oktober: Mexiko-Stadt – Sauber

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