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Lewis Hamilton: Respektlos, verwöhnt, unsportlich?

Von Rob La Salle
Lewis Hamilton und Martin Brundle

Lewis Hamilton und Martin Brundle

​Mercedes-Star Lewis Hamilton hat nach dem Heimrennen von Silverstone viel Schelte einstecken müssen. Fans werfen ihm vor, ohne Respekt zu sein, verwöhnt und unsportlich. Martin Brundle stört das.

Der vierfache Formel-1-Champion Lewis Hamilton schwänzte das Interview gleich nach dem Rennen. Der Engländer, enttäuscht vom Rennausgang, haute in den Bereitschaftsraum ab, in dem sich die Piloten für die Siegerzeremonie bereitmachen. Anschliessend sprach der Brite von fragwürdigen Taktiken der Gegner, eine Aussage, die der Mercedes-Star später zurückzog. Aber da war der Schaden im Netz schon angerichtet. Selbst britische Fans, die Hamilton in der Regel durch dick und dünn begleiten, sprachen von Respektlosigkeit, von unsportlichem Verhalten, von Jammerei und einem verwöhnten Bengel, und das waren noch die zurückhaltendsten Bezeichnungen. Hamilton hat tüchtig Haue bekommen, und Martin Brundle findet das nicht in Ordnung.

Der 158fache Grand-Prix-Teilnehmer, heute in Diensten der britischen Sky, meint in seiner Kolumne: «Ich habe die vielen Kommentare gelesen, wonach Hamilton die Menge respektlos behandelt haben soll und wie er mich im Parc fermé hängenliess. Ich finde das alles Unsinn. Die Fahrer werden aus allen erdenklichen Perspektiven gefilmt, jede Muskelregung, jede Aktion und Reaktion, alles wird aufgezeichnet und sofort analysiert, jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. Ich hatte das Privileg, die Interviews nach dem Qualifying und im Anschluss ans Rennen zu führen. Nach seiner Pole-Position hüpfte Lewis aus dem Wagen, winkte in die Zuschauer, und noch bevor er Helm und feuerfesten Kopfschutz ausgezogen hatte, stand ich schon mit dem Mikro da.»

Brundle, Sportwagen-Weltmeister von 1988, staunte darüber, in welchem Zustand Hamilton war: «Lewis zitterte vor Emotionen, Erleichterung und Adrenalin. Er teilte seine Gefühle mit uns, und das war ein unvergesslicher Moment. Lewis Hamilton hat so viele Pole-Positions herausgefahren, da hat es mich schon verblüfft, wie viel ihm diese eine Pole mehr bedeutet. Er hatte alles gegeben, um die Ferrari hinter sich zu halten.»

«Nach dem Rennen wartete ich in einer anderen Zone. Kimi kam herein und hätte mich fast über den Haufen gefahren. Dafür setzte es später eine Strafe der FIA – zu schnell in der Boxengasse. Mit einiger Verzögerung tauchten auch Seb und Lewis auf. In solchen Sekunden komme ich mir immer vor wie ein Eindringling; als würde ich sehr persönliche Momente zwischen den Piloten und ihren Teams, Familien und Freunden stören. Aber diese Momente bestehen aus purem Gold: Es ist für die Fans auf den Tribünen und zuhause vor der Flimmerkiste doch grossartig, die Fahrer zu erleben, wenn sie eben aus ihren Duellen zurückkehren. Meist verhalten sich die Piloten höflich und generös, wir dürfen wirklich dankbar sein, dass wir diesen Zugang erhalten.»

«Lewis also natürlich enttäuscht über den Rennverlauf – in der WM weiter zurückgefallen, von einem Ferrari angeschubst, kein Boxenstopp hinterm Safety-Car wie die anderen Spitzenfahrzeuge. In diesem Augenblick entschied er sich, das Parc fermé zu verlassen, er verbrachte einige Sekunden alleine im Dunkeln, den Helm noch auf, und dann begab er sich zum Zimmer, das wir „cool down room“ nennen, sehr passend in diesem Moment.»

«Lewis war unglücklich und wollte nachdenken. Jeder weiss, wie viel ihm das Heimrennen bedeutet, und als ich ihn auf dem Siegerpodest endlich traf, wirkte er ruhig und antwortete wohlerzogen.»

«Wir verlangen und erhalten so gut wie jeden Zugang zu den Piloten, in einer Art und Weise, wie sie kein anderer Athlet anderer Sportarten erdulden muss. Wir sollten das zu schätzen wissen.»

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