Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Qualifying USA-GP: Hamilton vor Vettel auf Pole

Von Mathias Brunner
Eine weitere Pole-Position für Lewis Hamilton

Eine weitere Pole-Position für Lewis Hamilton

​Abschlusstraining zum Grossen Preis der USA auf dem Circuit of the Americas bei Austin (Texas): Lewis Hamilton erobert die Pole-Position, Vettel ist Zweiter. Pech für Max Verstappen: Aufhängungsschaden.

Die Ausgangslage vor dem Abschlusstraining zum USA-GP von Austin: Sebastian Vettel kämpfte wie einarmiger Boxer – der Heppenheimer wusste, selbst wenn er Bestzeit fährt, muss er aus der zweiten Reihe losfahren, bestenfalls als Vierter, wegen seiner drei Strafränge zurück (im freien Training unter roter Flagge zu wenig verlangsamt). Vettel weiss: Noch nie hat ein Fahrer den Austin-GP aus der zweiten Startreihe gewinnen können.

Einhellige Meinung im Fahrerlager des Circuit of the Americas: Lewis Hamilton hatte keine saubere Runde gedreht, war daher nur Drittbester im Probegalopp des dritten freien Trainings. Aber wenn der WM-Leader und kommende alte/neue Champion mit einer unsauberen Runde nur 73 Tausendstelsekunden hinter Vettel liegt, wozu wäre der Brite dann mit einer makellosen Runde fähig? Die Antwort sollte das Qualifying geben.

Bei bedecktem Himmel, 19 Grad und reichlich Wind begann die viertletzte Quali der Saison: Der Erste wird dabei der Letzte sein – Brendon Hartley ging als Erster auf die Bahn, aber wegen des Einbaus neuer Teile (Motor, Getriebe) werden wir den Neuseeländer am Sonntag in der letzten Startreihe wiedersehen.

Probleme bei Kimi Räikkönen kurz vor Quali-Beginn: Wegen eines Software-Problems liess sich der Motor seines Ferrari zunächst nicht starten. Zum Glück konnten die Ferrari-Spezialisten dem Problem auf die Schliche kommen. Kimi liess sich davon nicht aus der Ruhe bringen, immerhin ist er der «Iceman»: Erste Bestzeit der Top-Piloten, mit 1:34,938 min. Sebastian Vettels Antwort: 1:34,569 min.

Lewis Hamilton erhielt eine Warnung von seinem Renningenieur Pete Bonnington: Dem Toro-Rosso-Fahrer Pierre Gasly wurde eine schnelle Runde gestrichen, weil er in Kurve 19 mit vier Rädern neben der Bahn war. Formel-1-Rennchef Charlie Whiting hatte die Fahrer gewarnt: Er würde da in der Quali kein Pardon kennen.

Quali 1: Verstappen mit Aufhängungsschaden

Viele Fans sahen mit Schrecken schwarzen Bremsstaub, als Hamilton auf die Bahn ging. «Kein Problem», beruhigt Ex-GP-Fahrer Martin Brundle, «das sehen wir oft, wenn die Fahrer mit frischen Karbon-Bremsscheiben auf die Bahn gehen.» Hamilton liess dann die Muskeln spielen – neue Bestmarke mit 1:34,176 min, obschon er die letzte Kurve versemmelt hatte. Der zweite Mercedes-Fahrer Valtteri Bottas hatten sich auch an den beiden Ferrari vorbeigearbeitet.

Schreck dann bei Max Verstappen: Aufhängungsschaden rechts hinten, das Rad stand nach innen. Aufnahmen zeigten: Verstappen hatte dem Auto auf einem Randstein zu viel zugemutet. Die Red Bull Racing-Mechaniker warfen sich auf den Wagen. Sie prüften, ob der Schaden reparabel ist und ob nicht das Getriebe etwas abbekommen hatte. Lewis Hamilton erhielt sofort eine Warnung, den Kunststoff-Randsteinen (oder schlafenden Polizisten) fernzubleiben. Verstappen zu diesem Zeitpunkt Sechstschnellster. Aber würden die Mechaniker das kleine Wunder fertigbringen, in zehn Minuten einen Querlenker zu wechseln? Martin Brundle: «Das grössere Problem ist die Halbwelle. Wenn die beschädigt worden ist, dann ist Max out.» Und genau so war es.

Out nach dem ersten Quali-Segment wegen zu wenig Speed: Beide McLaren und beide Williams, zum vierten Mal in dieser Saison, dazu Marcus Ericsson.

Eindrucksvoll im ersten Quali-Teil: Pierre Gasly mit seinem Toro Rosso-Honda, toller Siebter.

Paul Di Resta über Max Verstappen: «Diese Autos sind nicht dazu gebaut, dass Aufhängung und Halbwellen in der Beschleunigungsphase einen solchen Schlag verdauen müssen.»

Johnny Herbert: «Die Fahrer wissen alle genau, wo diese schlafenden Polizisten liegen. Da gibt es keine Ausrede.»

Quali 2: Ferrari teilt Strategie

Die Ferrari gingen zu Beginn des zweiten Quali-Teils mit unterschiedlichen Pirelli auf die Bahn. Sebastian Vettel mit superweichen Walzen, Kimi Räikkönen mit ultraweichen. Bottas erreichte mit superweichen Pirelli 1:33,702 min, Vettel 1:33,079, Kimi mit der weichsten Mischung 1:32,884 min, und Lewis Hamilton war nur Viertschnellster, der Brite nahm einen neuen Anlauf, nun auf Reifen, die (falls sie im GP verwendet werden) elf Kilometer älter sind als die Walzen von Vettel.

Hintergrund bei Ferrari: Vettel (der ohnehin drei Ränge zurückmuss) soll mit superweichen Pirelli in den Grand Prix gehen und länger auf der Bahn bleiben können als Gegner mit den ultraweichen Reifen. Kimi sollte im Idealfall vor Hamilton ins Rennen gehen.

Auf einmal schien der Silberpfeil von Hamilton nicht mehr so prima ausbalanciert zu sein – 1:33,480 min, langsamer als Ferrari. Vor allem im ersten Sektor war Seb schneller als sein WM-Rivale, auf identischen Reifen.

Zum Schluss des zweiten Quali-Teils war Vettel auf dem Weg zu einer Bestzeit, brach aber ab, so wie das Lewis Hamilton tat. Räikkönen also vor Vettel, Hamilton und Bottas, dann Ricciardo und Leclerc.

Out nach dem zweiten Segment: Sainz als Elfter, dann Magnussen, Gasly, Hartley und Verstappen, der nicht mehr fahren konnte.

Wichtigster Aspekt: Kimi wird auf ultraweichen Pirelli ins Rennen gehen, Vettel, Hamilton, Bottas und Ricciardo aber alle auf den superweichen Reifen.

Quali 3: Hamilton schlägt Vettel

Für das letzte Quali-Segment spielte die Reifenwahl für den Grand Prix keine Rolle mehr, jetzt ging es nur noch um rohen Speed. Wer würde die Nase vorn haben, Ferrari oder Mercedes?

Die beiden Ferrari glänzten im ersten Sektor, aber die drehten danach auf: Bottas mit Bestzeit (1:32,686 min), dann war Hamilton schneller (1:32,567), Räikkönen konnte nicht mithalten (nur Viertschnellster, 1:33,042)), Vettel eine Zehntelsekunde hinter Hamilton Zweitschnellster (1:32,655). Das war alles Gift für die Strategie von Ferrari. Denn Räikkönen sollte so weit vorne als möglich starten, um die Mercedes in Schach zu halten. Martin Brundle: «Er kann auf den ultraweichen Pirelli losfahren, damit kann er zu Beginn des Rennens die Silberpfeile in Atem halten, selbst wenn es zur Pole nicht reicht.»

Vettel liess den Frontflügel-Flap einen Klick steiler stellen, um in den Kurve 6 und 7 Speed zu gewinnen. Aber würde das gegen Hamilton reichen? Hamilton ging hinter Räikkönen auf die Bahn, was den letzten Sturmlauf anging, weiter hinten wärmte Vettel seine Reifen auf. Bottas hatte hingegen ganz vorne freie Bahn.

Vettel wurde über erste Tropfen in der letzten Kurve gewarnt, auch Kimi meldete Regen. Aber es war keine Zeit mehr, nun galt: jetzt oder nie.

Vettel Schnellster im ersten Pistensektor, Kimi ultraschnell im mittleren Pistenteil, dann fiel die Zielflagge: Bottas verbesserte sich auf Rang 2, Kimi Räikkönen fuhr Bestzeit, dann konterte Hamilton mit der Bestzeit, bevor Vettel das letzte Wort hatte – es reichte nicht, Vettel 61 Tausendstelsekunden hinter Lewis.

Zweitbeste Zeit für Vettel, das heisst wegen seiner Strafe: Startplatz 5.

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