Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Sebastian Vettel (Ferrari): «Die Dreher sind seltsam»

Von Mathias Brunner
Ein Fabelwesen soll Vettel in Mexiko Glück bringen

Ein Fabelwesen soll Vettel in Mexiko Glück bringen

​Medienrunde mit Sebastian Vettel im Fahrerlager des Autódromo Hermanos Rodríguez von Mexiko-Stadt: Der Ferrari-Star zeigt sich kämpferisch und spricht offen über seine eigenen Fehler.

Hübsche Geste der mexikanischen GP-Organisatoren: Verschiedene Künstler haben so genannte Alebrijes hergestellt – das sind leuchtend farbige Fabelwesen, in welchen die Stärken verschiedener Tiere verschmelzen. Alebrijes sollen ein Zuhause vor bösen Geistern schützen und den Einwohnern Kraft schenken. Sebastian Vettel hat ein Fabelwesen erhalten, das überaus passend ist – die Power von Löwe und Tiger kann er in Mexiko sehr gut brauchen, und sollte es am Freitag und Samstag wirklich regnen, dann kann auch ein wenig Fisch nicht schaden.

Manchmal ist sogar in der Formel 1 ein Schritt zurück gleichzeitig ein Fortschritt: Ferrari baute in Texas auf den aerodynamischen Stand von Hockenheim zurück, die ganzen neuen Teile wanderten in die Kiste, und prompt waren die roten Renner wieder bei der Musik. Aber was bedeutet das für die eigenwillige Rennstrecke von Mexiko-Stadt, welche 2250 Meter über Meer liegt und auf welcher selbst mit Abtriebswerten wie in Monaco rund 370 Sachen erreicht werden? Was bedeutet das für einen Ferrari, der in Austin punkto Topspeed haushoch überlegen gewesen ist? Sebastian Vettel meint: «Es stimmt schon, Mexiko hat die eigenen Gesetze. Obschon du die Flügel ganz steil stellen lässt, fühlt sich das Auto wegen der dünnen Luft an, als hättest du kaum Abtrieb. Zudem werden die hohen Werte dadurch begünstigt, dass wir hier eine so lange Gerade haben. Das Handling ist hier anders als auf jeder anderen Strecke.»

«Aber letztlich ist für alle Rennställe die Vorgabe identisch: Du packst so viel Abtrieb auf den Wagen, wie du kannst. Ich würde in unsere Geschwindigkeiten von Austin nicht zu viel hineindeuten, das hängte auch damit zusammen, mit welchen Flügelwerten die Anderen unterwegs waren. Aber es stimmt schon – generell sind wir 2018 auf den Geraden flotter unterwegs als vor einem Jahr.»

Vettel hat bei früheren Gelegenheiten immer davon gesprochen, dass er so lange nicht aufgebe, wie eine mathematische Chance auf den Titel bestehe. Lewis Hamilton braucht aus den letzten drei Rennen nur einen siebten Platz, dann steht sein fünfter Titel fest. Seb: «Klar habe ich irgendwo im Kopf, dass es immer noch eine Chance gibt. Aber gleichzeitig will ich vorrangig Rennen gewinnen. Die Zahlen sind klar, aber die WM-Entscheidung liegt nicht mehr in unseren Händen.»

Fühlt sich Seb frustriert, dass Ferrari sich in Sachen Entwicklung ein wenig verrannt hat? Vettel: «Nein, denn wir müssen nach vorne schauen. Es ist wichtig, dass wir verstehen, was nicht so gut geklappt hat. Der Schritt zurück auf eine ältere aerodynamische Konfiguration hat schon einige Antworten gegeben. In den letzten Tagen und Wochen haben wir intensiv daran gearbeitet, das besser zu verstehen, um für 2019 die richtigen Lehren zu ziehen.»

«Für Ferrari war Texas ein wichtiges Rennen. Die Stimmung ist gut, denn wir haben gewonnen. Es war wichtig, nach einigen schwierigen Grand Prix wieder ein gutes Ergebnis einzufahren.»

Wie konnte sich Ferrari in Sachen Entwicklung verlaufen? Vettel nimmt sein Team in Schutz: «Diese Autos sind sehr kompliziert. Ich glaube nicht, dass es nur einen Rennstall gibt, der die Behauptung wagen würde – wir verstehen unser Fahrzeug durch und durch. Es gibt Vieles, das eine Weile im Dunkeln bleibt und sorgfältig ergründet werden muss. Daran arbeiten wir. Wir haben aber noch nicht alles verstanden.» Vettel gibt freimütig zu: Ferrari weiss nicht, an welchem Punkt das alles schiefgelaufen ist.

Klar ist vielen Fans aufgefallen: Drei Mal nun kam es zu fast identischen Zwischenfällen mit Vettel im Zweikampf – und jedes Mal hat sich der Ferrari-Fahrer danach weggekreiselt; gegen Lewis Hamilton in Monza, gegen Max Verstappen in Suzuka, gegen Daniel Ricciardo in Texas. Wie kommt das? Liegt das möglicherweise an gewissen Handling-Eigenheiten des Ferrari? Vettel versucht einen Scherz: «Vielleicht sollte ich es mal auf der Aussenseite versuchen! Nein, ernsthaft – normalerweise willst du als Rennfahrer immer die Innenseite. Aber es gilt auch: Je näher du deinem Gegner kommst, desto weniger Abtrieb hast du. Ich fand die Dreher alle ein wenig seltsam, weil ich in jeder dieser drei Szenen jetzt nicht fand, ich hätte etwas Verrücktes versucht. Ich ging nicht mit Tempoüberschuss in die Kurve, wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich die Kurve ganz normal genommen. Aber ich hatte halt in allen die Situationen am Ende nicht die Nase vorn.»

Fühlt sich Vettel in der Öffentlichkeit wegen der Dreher unfair kritisiert? «Nein, ich habe mich gedreht, da ist Kritik in Ordnung. Klar sieht das aus der Cockpit-Perspektive immer ein wenig anders aus. Und es liegt in der Natur der Sache, dass jeder zu solch einer Szene seine Meinung hat, die durchaus unterschiedlich sind. Ich bleibe aber dabei: Ich habe nichts Dummes versucht, das war nicht die Brechstange. Auch für meinen Geschmack ist das jetzt ein wenig zu oft vorgekommen. Ich werde auch künftig jede Lücke nutzen, aber es wäre ganz schön, nach solch einem Duell mal einen Wagen zu haben, der in die richtige Richtung schaut.»

Kluge Frage eines britischen Kollegen: Hat Sebastian Vettel diesen Titel mehr verloren als er von Lewis Hamilton gewonnen wird? Seb überlegt kurz und antwortet dann: «Ich finde, der siegreiche Fahrer verdient es immer, dass seine Weltmeisterschaft als gewonner Titel geschätzt wird.»

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