Christian Horner: «10 nach 12 für die Formel 1»
Christian Horner und Chase Carey 2018 vor dem Brasilien-GP
Im Fahrerlager des Circuit de Barcelona-Catalunya war viel Optimismus zu spüren. Die Mitglieder des schnellsten Zirkus der Welt freuen sich auf einen spannenden WM-Kampf, nach vielen Veränderungen im Startfeld. Wenn da nur das Problem nicht wäre, das übermächtig im Raum steht, aber von den meisten totgeschwiegen wird – die Zukunft der Formel 1 ab 2021. Wir haben kein neues technisches Reglement, wir haben kein sportliches Reglement, wir haben keine Vorgaben bezüglich einer Budget-Obergrenze, wir haben kein Modell, wie das Preisgeld gerechter verteilt werden soll.
Über den 31. Dezember 2020 hinaus gibt es kein Rahmenabkommen im Dreieck Automobil-Weltverband (FIA), Formel-1-Führung (FOM mit F1-Grossaktionär Liberty Media) und GP-Rennställe. Wir standen schon oft vor einer Erneuerung des allgemein Concorde-Abkommen genannten Vertrags, der Formel-1-Verfassung. Auch andere dieser umfangreichen Abkommen kamen spät zustande.
Aber die Formel 1 ist längst nicht mehr das Baby eines Diktators namens Bernie Ecclestone, der schalten und walten konnte, wie es ihm beliebte. Formel-1-CEO Chase Carey ist seinen Investoren eine Erklärung schuldig, wie es weitergehen soll. Der US-Amerikaner sagte in einer Telefonkonferenz: «Die Gespräche mit den Teams laufen. Und im neuen Concorde-Abkommen wird das alles geregelt – Kostenstruktur, Geldverteilung, Reglement. Die Verhandlungen sind konstruktiv. Wir verstehen, dass die Öffentlichkeit so früh als möglich Details erfahren möchte. Aber wir nehmen uns für die Gespräche die angemessene Zeit. Wir wollen das richtig machen.»
Es ist ein wenig wie der alte Witz, was zuerst da war, das Huhn oder das Ei. Wie können die Rennställe über die kommenden Regeln abstimmen, wenn sie offiziell noch gar kein Teil dieser neuen Formel 1 sind? Aber wieso sollen sie sich einschreiben ohne zu wissen, wie die neuen Regeln aussehen?
Im FIA-Sportkodex ist die Vorlaufzeit für die Einführung neuer Regeln in diesem Umfang klar definiert: Diese Frist läuft im Juni 2019 aus. Chase Carey: «Wir wollen das so bald als möglich lösen. Ich weiss, dass gewisse Strukturen vorgeben, dass wir das bis Juni auf der Reihe haben. Aber wir erwarten eigentlich, dass es früher passiert.»
Bei den Rennställen ist Ungeduld spürbar. Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner: «Es hängt sehr viel in der Luft. Konkrete Vorschläge müssen lieber früher als später auf den Tisch, um in Ruhe erwogen zu werden. Wir haben 10 nach 12. Wenn wir von den Regeln gezwungen werden, das Team neu zu strukturieren, dann ist das schon heute höchste Eisenbahn.»
«Ich glaube, was den Teams am meisten Bauchweh macht, das ist die Umsetzung des Finanzdeckels. Die Rennställe sollen gleich behandelt werden, ein Hersteller darf nicht von anderen Bedingungen profitieren wie ein unabhängiges Team. Die Rennställe brauchen Vorlaufzeit, abhängig davon, wie grosse die Umstellung ist. Wenn die finanziellen Auswirkungen hart sind, dann brauchen die grossen Teams wie Mercedes, Ferrari oder wir Zeit, um das umzusetzen.»
Horner weiter: «Dietrich Mateschitz ist dem Motorsport in grosser Leidenschaft verbunden, er ist ein glühender Formel-1-Fan. Er ist von der neuen Partnerschaft und dem Potenzial mit Honda begeistert, aber die Formel 1 muss für Red Bull auch einen Wert bieten. Sie muss aufregend sein und kosteneffizient, sie muss tollen Sport garantieren, und die Spielregeln müssen für alle gleich sein.»
«Mateschitz ist mit dem Sport durch dick und dünn gegangen, und er hat vielleicht mehr Geld in die Formel 1 investiert als jeder andere Mensch. Er besitzt zwei Formel-1-Rennställe und eine Rennstrecke, dann die unzähligen Werbekampagnen weltweit für die Formel 1, das alles ist enorm. Wenn er nicht an die Formel 1 glauben würde, dann würde er das nicht tun. Aber auch er will endlich wissen, wie der Sport über 2020 hinaus aussehen soll.»