Nico Rosberg: «Sebastian Vettel hat Strafe verdient»
Sebastian Vettel und Nico Rosberg
Die Debatte verläuft hitzig: Als wir uns nach dem Grossen Preis von Kanada im Fahrerlager umhörten, ergab sich seitens der Formel-1-Insider das gleiche Bild wie später, als ich in einem Restaurant von Montreal einige Fans ansprach. Sogar Anhänger von Lewis Hamilton fanden die Strafe gegen Sebastian Vettel kleinlich, wenn nicht unnötig. Racer wie Mario Andretti oder Nigel Mansell schliessen sich dieser Einschätzung an. Formel-1-Champion Nico Rosberg hingegen ist ganz anderer Ansicht.
Der 33jährige Wiesbadener nimmt auf seinem eigenen YouTube-Kanal wie folgt Stellung zum Skandal von Montreal: «Vettel hat am Funk gebrüllt: ‘Meine Reifen waren schmutzig, ich kämpfte um die Kontrolle über den Rennwagen, wo sollte ich denn hin? Ich konnte Lewis zu diesem Zeitpunkt nicht sehen.’ Das mag ja alles stimmen, aber Lewis war nun mal da. Und die Regel sagt glasklar: Wer von der Piste gerät, der muss auf sichere Art und Weise auf die Bahn zurückkehren.»
«Vettel fuhr also geradeaus übers Gras, und er hätte Hamilton leicht ein wenig mehr Raum lassen können, aber das tat er nicht. Er liess den Wagen weit nach rechts tragen, und Lewis hatte so gut wie keinen Platz mehr. Daher musste Hamilton vom Gas.»
Der 23fache GP-Sieger Rosberg weiter: «Ich habe mir das jetzt viele Male angeschaut. Hätte Lewis dagegen gehalten, wäre er in der Mauer gelandet, denn Vettel kam mehr und mehr nach rechts. Hätte Lewis nicht reagiert, wäre er entweder in die Mauer gefahren oder in den Ferrari. Daher steht für mich fest – bedauerlicherweise ist das ein so genannter ‘unsafe return’ auf die Bahn, das ist nun mal die Regel. Die Strafe ist vollauf verdient.»
Nico hat sich auch mit Keke Rosberg kurzgeschlossen, Formel-Champion von 1982. «Mein Vater sagte mir: ‘Das ist wohl 60:40, 60 Prozent Strafe, 40 Prozent nicht.’ Ich sagte zu ihm: ‘Wieso 40 Prozent nicht?’ Und Papa hat gemeint: ‘Weil er sein Auto nicht mehr im Griff hatte, mit dreckigen Reifen auf die Piste zurücktrudelte und all das.’ Und ich antwortete: ‘Das mag ja sein, aber das ändert alles nicht daran, dass es eben ein unsafe return war. Und wenn du das Auto nicht im Griff hast, ist es das erst recht.’»
«Für mich ist es einfach keine Ausrede zu sagen: ‘Oh, meine Reifen waren schmutzig, und ich konnte Lewis nicht sehen.’ Das kann doch kein Fahrer vorschützen, um einer Strafe zu entgehen! Nein, ich bleibe dabei – die Strafe ist verdient, gewiss schade für Vettel, aber sie ist es nun mal.»
Rosberg kann auch mit der Tirade von Vettel am Funk wenig anfangen: «Er jammert und jammert und jammert, dabei war es eine Entscheidung, an welcher er ohnehin nichts ändern kann. Also hätte er sich gefälligst besser aufs Fahren konzentrieren sollen, um vielleicht fünf Sekunden Vorsprung herauszufahren. Ich dachte vor dem Fernseher: ‘Verdammt! Reiss dich zusammen und hau jetzt diese Runden raus! Du kannst dieses Rennen noch immer gewinnen!’»
«Das ist einfach eine Schwäche von Vettel. Er hat ein sehr grosses Selbstbewusstsein und denkt, er sei immer im Recht. Schuld haben immer die Anderen. Dann verliert er die Konzentration auf das Wesentliche und macht nicht mehr das Beste aus seinen Möglichkeiten.»
«Und dann nach dem Rennen all diese Gesten und respektlosen Kommentare, wie die Kommissare blind zu nennen. Das ist alles unnötig und nicht sehr gut.»