History Silverstone: Hintergründe zum GP-Klassiker
Gilt das auch für Rennfahrer?
Der britische Grand Prix ist älter als jeder andere WM-Lauf, 1950 wurde hier erstmals gefahren, die damals verwendeten Vehikel sind von den heutigen Kohlefaserboliden so weit entfernt wie eine Mondrakete von einem Papierflieger, der schlecht gefaltet worden ist. Silverstone ist aber auch ein ständiger Widerspruch: Viele lieben die Strecke, einige hassen sie, Traditionalisten rümpfen die Nase über die ganzen Umbauten. Wir verraten die Wahrheit und nichts als die nackte Wahrheit über Silverstone, mit einigen verblüffenden Fakten. Lernen Sie ein Silverstone kennen, das Ihnen bislang verborgen geblieben ist.
– Die Zufahrt zur Strecke ist ein Vorbild modernster Verkehrsführung. Um weiter Trendsetter zu bleiben, probiert die Polizei jedes Jahr ein anderes Verkehrsleitsystem aus, das noch vorzüglicher als das vorhergehende funktioniert. Vor allem dann, wenn man mit dem Hubschrauber anreist. Was viele Fans nicht wissen: Mit der Verkehrsabführung hat die Polizei jeweils nichts zu tun, weil die Polizeigewerkschaft Arbeit am späteren Nachmittag auf ein Minimum beschränkt.
– Die unmittelbare Umgebung der Strecke beherbergt mehr Drei-Sterne-Restaurants als London. Kulinariker aus der ganzen Welt reisen extra wegen der berühmten Küche an. Vor allem aus Indien und China reisen viele Touristen an, was das Entstehen der zahlreichen indischen und chinesischen Restaurants erklärt.
– Der älteste Pilot im aktuellen Feld, Kimi Räikkönen, debütierte im Jahr 1983 in Silverstone. Er bewegte damals einen dritten Tyrrell in Farben des finnischen Holzverarbeitungs-Verbands.
– Die Zukunft der Strecke von Silverstone steht ausser Frage. Schon der langjährige Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone war immer ein glühender Fan der Silverstone-Besitzer BRDC (British Racing Drivers Club) und wurde schon 1960 zum Ehrenpräsidenten auf Lebenszeit ernannt. Liberty Media garantiert Silverstone ein Startplatz in der Formel-1-WM auf die nächsten fünfzig Jahre, zum Nulltarif.
– Die Wiesen rund um die Rennstrecke profitieren von einer einmaligen Bodenbeschaffenheit. Wenn es regnet, sickert Wasser sofort ab, die Wiesen sind schon nach wenigen Minuten wieder trocken. Geologen untersuchen dieses Phänomen seit Jahren, eine Erklärung haben sie noch immer nicht.
– Die Rennanlage ist so gemütlich, dass die Fans nach Rennen nie nach Hause fahren wollen. Weshalb der Streckenbetreiber regelmässig den früheren Teamchef Eddie Jordan und seine Rockband für eine After-Race-Party verpflichtet – ein sicheres Mittel, um die Massen zu ermuntern, sich endlich auf den Heimweg zu machen.
– Die meisten Kurvennamen der Silverstone-Strecke gehen auf legendäre britische Rennfahrer zurück, beispielsweise Samuel Becketts, Thomas Abbey, Brian Brooklands oder Daniel Stowe.
– Im Rahmenprogramm des GP-Wochenendes findet in Silverstone jedes Jahr ein Schönheitswettbewerb des britischen Hasenzüchterverbands statt. Am gespanntesten sind die Tierfreunde jeweils auf den Wettbewerb «Schnellster Hase des Landes» – wenn die Hasen von Becketts nach Stowe hoppeln.
– Die Verkehrsabführung wird vom Tourismusverein der Grafschaft Northamptonshire in einer Art und Weise organisiert, dass die Rennbesucher möglichst lange die atemraubende Region rund um die Strecke mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten geniessen können – wie die Catanger-Lamas von Towcester, die Gärten von Castle Ashby oder die Panzer in Helmdon. Als Standplätze werden sämtliche Landstrassen verwendet und der grösste Teil der Autobahnen hinzu. Dieser Service ist kostenlos.
– Der BRDC (British Racing Drivers Club) gewann mehrere Business Awards für seine Art des Strecken-Managements. Studenten aus der ganzen Welt strömen zur Universität Oxford, um Vorlesungen der BRDC-Manager zu verfolgen, die auf Monate hinaus ausgebucht sind.
– Die Königsfamilie zieht jedes Jahr Streichhölzer, wer nach Silverstone fährt oder beim Tennis-Finale in Wimbledon die Royals repräsentiert. Der mit dem kürzesten Streichholz reist nach Silverstone.
– Der preisgekrönte Flughafen von London-Heathrow liegt in unmittelbarer Nähe der Rennstrecke, die Ausschilderung ist vorbildlich.
– Der Rennbetrieb in Silverstone wird jeweils um 17.00 Uhr für eine Teepause unterbrochen. Das ist auch der Grund, wieso der Grand Prix lokal um 14.10 Uhr gestartet wird – selbst bei Verzögerungen bleibt dann nach Fallen der karierten Flagge genügend Zeit, um ein Tässchen aufzubrühen und die Gurkenbrötchen bereit zu legen.
– Dieses Rennen zieht jedes Jahr eine Unmenge von VIP an, einige von ihnen sind sogar ausserhalb von Zentral-London bekannt.
– Bauarbeiten an den vorbildlichen Autobahnen und Landstrassen im Grossraum Silverstone werden ausschliesslich in der Nacht durchgeführt, um den glücklichen Autofahrern am Tag wieder freie Fahrt zu garantieren.
– Das Rennpublikum ist für seine Fachkenntnisse bekannt: 1986 and 1987 wurde Nigel Mansell ausgebuht, als er den beliebten Brasilianer Nelson Piquet besiegte, indem er ihn völlig respektlos hinter sich liess. Die meisten Fans fanden das einen groben Verstoss britischer Gastfreundschaft. Auch Bruchpilot Lewis Hamilton wird sich hier auf ein hartes Wochenende gefasst machen müssen, weil er in der Öffentlichkeit für seine unfairen Manöver verpönt wird, vor allem gegen den armen Sebastian Vettel. Keiner hat hier vergessen, wie es Hamilton in Baku 2017 versäumt hat, dem korrekt fahrenden Vettel auszuweichen. Jeder weiss auch, wie sympathisch alle Deutschen dem britischen Volk sind und wie gross Europa-Freundlichkeit in Grossbritannien geschrieben wird.