MotoGP: Bagnaia über die Niederlage

Toto Wolff zur Mercedes-Schlappe: «Schrecklicher Tag»

Von Mathias Brunner
​Erstmals seit dem Grossen Preis von Österreich 2018 kein Silberpfeil in den Punkten, das tut weh: Die grosse Feierstunde von Mercedes – 125 Jahre Rennsport, 200. Grand Prix – endet mit Katzenjammer.

Das Bild passte zu diesem verpatzten Grand Prix der Dauer-Weltmeister: Lewis Hamilton rutschte beim Heimrennen seines deutschen Arbeitgebers von der Bahn und krachte ausgerechnet in ein Schild, auf dem gross stand – MERCEDES. Was eine tolle Feier hätte werden sollen, anlässlich 125 Jahren Rennsport und des 200. Grand Prix der Silberpfeile in der Formel-1-WM, samt vieler schöner Ideen samt Bekleidung im Stile der 50er Jahre, das alles endete in einer grenzenlosen Enttäuschung.

Erstmals seit Hydraulikdefekten beider Autos auf dem Red Bull Ring 2018 kein Mercedes in den Punkten: Hamilton am Ende nur Elfter, Bottas schied durch Unfall aus, er drehte sich auf der Jagd nach Lance Stroll – eine Katastrophe.

Da passte es ins Bild, dass das vielleicht bestorganisierte Team in Chaos verfiel, als Lewis Hamilton nach seinem Ausritt für einen neuen Frontflügel an die Box kam. Die sonst so zuverlässigen Mercedes-Mechaniker rannten mit oder ohne Reifen durcheinander wie in einem Slapstick-Streifen, der Stillstand des Silberpfeils dauerte 50 Sekunden. Auch aufgrund der logistischen Unmöglichkeit, dass nicht gleichzeitig an der Vorderachse Reifen gewechselt und eine neue Nase angebracht werden können.

Es passte auch zum ganzen Schlamassel, dass Hamilton bei der Anfahrt zur Box auf der falschen Seite einer Markierung durchfuhr, das ergab eine Fünfsekundenstrafe.

Als Bottas seinen Wagen schrottete, knallte Wolff die Faust auf den Tisch. Seine Enttäuschung hat sich auch nach dem Rennen nicht gelegt: «Wir hatten einen guten Start mit solidem Speed. Aber danach gab es Zwischenfälle, Unfälle bei tückischen Bedingungen, falsche Entscheidungen.»

«Lewis hatte Pech, sein Unfall unweit der Boxeneinfahrt erwischte uns unvorbereitet. Danach aber haben wir schlicht die falschen Entscheidungen getroffen, da kam alles zusammen. Aber heute haben wir einige Unfälle erlebt. Alles in allem war es einfach ein schlechter Tag für uns, wie es schlechter fast nicht geht.»

Wolff lässt anklingen, dass man es mit den ganzen Feierlichkeiten vielleicht übertrieben hat. Da klingt etwas mit, das wir bei Mercedes eben überhaupt nie erleben: Den leisen Vorwurf einer gewissen Selbstgefälligkeit, einer Überheblichkeit, wie bei einem Fussball-Team, das schon 3:0 vorne liegt und ein wenig den Ball aus den Augen verliert.

Wer Mercedes-Benz kennt, der weiss: Trotz aller Feierlichkeiten mit Details, welche sogar die Gegner entwaffnend sympathisch fanden, hatte sich die Weltmeister-Truppe selbstredend akribisch auf das Rennen vorbereitet. Gerade Wolff ist immer jener Mann, der am lautesten predigt: Du wirst immer am letzten Rennen gemessen, nur wer sich ständig verbessert, bleibt vorne.

Dennoch sagt Wolff: «Dies alles zeigt mir – du kannst nicht herumalbern. Du musst konzentriert bleiben. Wir sind nicht abergläubisch, aber wir glauben an Karma, und das ist ein Tag, an welchem wir etwas lernen müssen.»

Soweit Toto in den ersten TV-Interviews. In einer Medienrunde ein wenig später hatte sich der Wiener etwas gefasst. Da klang das dann so: «Das war ein schrecklicher Tag. Es war an diesem Tag ganz schwierig, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es war ständig grenzwertig, auf einem bestimmten Reifentyp zu bleiben oder eben zu wechseln. Dass bei einem Crash deines Piloten so nahe vor der Boxeneinfahrt die Reifen nicht bereitliegen, das kann passieren. Aber wir haben da sehr viel Zeit verloren, das ist eigene Schuld. Von da an ging es nur noch abwärts.»

«Peinlich ist das nicht, das ist Rennsport. Manchmal muss man das mit Fassung tragen und versuchen, daraus etwas zu lernen. Wir werden das alles gründlich analysieren. Und es gibt nun mal Tage, da kommt alles zusammen, im Sieg wie in der Niederlage. Da spielt es auch keine Rolle, ob das bei einem Jubiläum passiert oder nicht. Ich bereue nicht, dass wir so angetreten sind, wie das passierte, denn wir haben damit sehr viel Werbewirksamkeit erzielt. Ab Montag stecken wir die Köpfe zusammen und lernen. Ans Karma glaube ich noch immer.»

«Wir gucken uns das alles an, wir haben ein paar Tage, um uns zu fassen, dann wollen wir in Ungarn mit einer starken Leistung zurückkommen.»

Wolff gibt über seinen Star-Fahrer Lewis Hamilton zu: «Er war nicht komplett gesund, schon das ganze Wochenende nicht. Aber er machte aus den Möglichkeiten das Beste. Andere Menschen wären so vielleicht gar nicht ins Rennauto gestiegen.»

«Wir haben sehr viele Rennen und Titel gewonnen. Aber wir bleiben demütig. Man kann nicht immer siegen. Ist das der schlimmste Moment? Nein, vielleicht war der Komplettausfall von Österreich im vergangenen Jahr schlimmer. Im Moment ist das Ergebnis einfach nur sehr, sehr bitter.»


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