Sieben GP-Teams gegen Ferrari: So wehrt sich die FIA
Die FIA wehrt sich gegen Vorwürfe von sieben GP-Teams
Wiederholt wurde Ferrari im vergangenen Jahr unterstellt, dass die Italiener ein überaus cleveres System gefunden hätten, die Benzinfluss-Regelung zu umgehen – um kurzfristig mehr Leistung aus dem 1,6-Liter-V6-Turbomotor zu schöpfen. Als die Regelhüter mehr und mehr technische Direktiven veröffentlichten, was den Betrieb der Hybridmotoren angeht, verschwand der markante Topspeed-Vorteil von Ferrari. Die Gegner murrten, das sei gewiss kein Zufall.
Ferrari erklärte, die weniger eindrucksvollen Topspeed-Werte gingen darauf zurück, dass mit mehr Abtrieb gefahren werde. Will heissen – mehr Speed in den Kurven, aber weniger Tempo auf den Geraden. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto besteht bis heute darauf, dass ihr Motor zu jeder Zeit reglementskonform gewesen sei, ungeachtet zahlreicher Überprüfungen der FIA. Man habe am Betrieb des Motors nie etwas geändert, aller Direktiven zum Trotz.
Dann der Hammer in Katalonien: Kurz vor Schluss der Formel-1-Wintertests auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya bestätigte die FIA ein merkwürdiges Abkommen mit Ferrari. Die FIA teilte mit, man habe mit Ferrari eine «private Einigung» getroffen, was den 2019er Motor der Italiener angehe, nachdem eine entsprechende Untersuchung abgeschlossen worden sei. «Nach gründlicher technischer Untersuchung ist die Wirkungsweisen-Analyse der Antriebseinheit von Ferrari abgeschlossen. Dabei ist eine private Einigung mit dem Team geschlossen worden. Die Details dieses Abkommens bleiben vertraulich.»
«Eine Riesensauerei», nannte Mercedes-Teamchef Toto Wolff das. Red Bull-Rennberater Dr. Helmut Marko fand: «Der eigentliche Skandal ist das Verhalten der FIA.»
Kein abwegiger Gedanke: Der Automobilverband hat mit den Italienern einen Kuhhandel abgeschlossen. Als Dank für die Offenlegung der ganzen Technik, welche es der FIA offenbar erleichtert, auch andere Motoren zu prüfen, verfolgt der Verband diese Angelegenheit nicht weiter.
«So geht das nicht», fand die Konkurrenz, also haben die Rennställe Mercedes, McLaren, Racing Point, Red Bull Racing, Renault, Williams und AlphaTauri ein gemeinsames Statement verfasst: «Die Unzeichnenden sind überrascht und schockiert von der FIA-Mitteilung. Eine Sportbehörde hat die Verpflichtung, in höchster Integrität und Offenheit zu regiere. Wir sind strikte gegen ein vertrauliches Abkommen zwischen Ferrari und der FIA und fordern, dass in dieser Angelegenheit alles auf den Tisch kommt, um fairen Sport sicherzustellen. Wir fordern dies im Namen der Fans, der Teilnehmer und der Aktionäre der Formel 1.»
Die Antwort der FIA auf den Brief der sieben Rennställe folgt jetzt: «Die FIA hat eine detaillierte technische Analyse der Antriebseinheit von Ferrari durchgeführt, so wie sie das bei jedem Teilnehmer jederzeit machen kann. Die unfangreichen Untersuchungen während der Saison 2019 hatten zum Verdacht geführt, dass der Motor von Ferrari nicht zu jeder Zeit innerhalb des Reglements der FIA arbeitet. Die Scuderia Ferrari beteuert das Gegenteil. Die FIA war nicht vollständig überzeugt, kam aber zum Schluss, dass ein weiteres Vorgehen nicht gezwungenermassen zu einem schlüssigen Ergebnis führen würde – dies aufgrund der Komplexität der Materie und der Unmöglichkeit, einen unmissverständlichen Beweis für einen Regelverstoss zu finden.»
«Um die negativen Folgen eines langen Rechtsstreits zu vermeiden, und im besten Interesse der Meisterschaft, der Formel-1-Aktionäre und der FIA ist ein wirksames und abschreckendes Abkommen mit Ferrari getroffen worden, um dieses Vorgehen abzuschliessen; dies gestützt auf Artikel 4 (ii) der Rechts- und Disziplinar-Regeln der FIA. Ein solches Abkommen ist ein legales Werkzeug in jedem Rechtssystem und wird von vielen Behörden oder anderen Sportverbänden angewandt. Im FIA-Rechtsreglement ist auch die Vertraulichkeit von Abkommens-Bedingungen verankert.»
«Die FIA wird immer alle notwendigen Massnahmen ergreifen, um den Sport und den eigenen Ruf als Regulator der Formel-1-WM zu schützen.»
Noch ist unklar, ob und wie die genannten sieben Rennställe (ohne Ferrari und ohne die Ferrari-Kunden Haas und Alfa Romeo-Sauber) weiter vorgehen.