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Valtteri Bottas: Kein Futter für die schwarze Katze

Von Mathias Brunner
Valtteri Bottas

Valtteri Bottas

​Valtteri Bottas sagt nach einer verpatzten GP-Saison: «Manchmal weiss ich nicht mehr, ob ich weinen oder lachen soll.» Sein Rezept, das Pech zu beenden: «Ich füttere diese schwarze Katze nicht mehr.»

Valtteri Bottas wollte 2020 Weltmeister Lewis Hamilton unter Druck setzen. Daraus ist nichts geworden: Erstens fuhr der Engländer konstanter auf hohem Niveau, und zweitens war der Finne der unglücklichere Fahrer. Die Liste der Zwischenfälle ist so lang, dass der WM-Zweite von 2020 rückblickend sagt: «Manchmal weiss ich nicht, ob ich über die ganzen Zwischenfälle weinen oder lachen soll.»

Schauen wir uns die Liste mal an:
Reifenschaden in Silverstone, drei Runden vor Schluss
Überhitzter Motor in Monza
Kaputter elektrischer Generator auf dem Nürburgring
In Imola über Trümmerteile gefahren
Kollision mit Esteban Ocon in der Türkei
Reifenschaden in Bahrain
Boxenstopp-Patzer von Mercedes beim Sakhir-GP

Bottas sagte: «Normalweise bin ich der Überzeugung, dass sich Glück und Pech ausgleichen, aber davon kann bei der Saison 2020 wohl keine Rede sein.»

Der 31-Jährige erzählte: «Da gibt es zuhause diese schwarze Katze, die uns regelmässig besucht und dann etwas zu essen bekommt. Ich werde wohl damit aufhören, schwarze Katzen zu füttern! Nein, das war jetzt ein Scherz, denn ich bin nicht abergläubisch.»

Anderer Fahrer sind das sehr wohl. Der legendäre Ferrari-Fahrer Alberto Ascari packte jeweils das nackte Grausen, wenn er eine schwarze Katze erblickte. Tazio Nuvolari konnte nicht auf seine Schildkrötenbrosche verzichten. Alles kindischer Aberglaube leicht verschrobener Italiener aus der Steinzeit des Rennsports, meinen Sie? Mitnichten. In der hochprofessionellen Motorsportwelt ist durchaus noch Platz für Aberglaube, wenn auch nicht mehr in Auswüchsen wie früher. Fragen Sie doch mal Sebastian Vettel, der nicht ohne seine Glücksmünze im Rennschuh in den Ferrari steigt. Oder Sergio Pérez, der stets ein Papstbild im Rennwagen mitführt.

Zurück zu Alberto Ascari und seinen Vater Antonio: Beide Italiener kamen an einem 26. ums Leben, beide waren dabei 36 Jahre alt. Beide wurden vier Tage nach einem schweren Unfall getötet, beide hatten zuvor 13 GP-Siege errungen. Beide hinterliessen eine Gattin mit zwei Kindern. Beide starben ausgangs von schnellen Linkskurven.

Der Kuriositäten nicht genug: Der andere Fahrer, der wie Alberto Ascari ins Hafenbecken von Monaco fiel (Paul Hawkins 1965), kam ebenfalls an einem 26. ums Leben: in Oulton Park 1969. Und also ob das alles nicht genug wäre: Ascaris Wagen trug die Nummer 26, was bekanntlich zwei Mal der Unglücks-13 entspricht. Die Geschichte, wonach in Alberto Ascaris Taschen 13.000 Lire gefunden wurde, ist jedoch frei erfunden.

Wenn Ascari mal in Schwung gekommen war, konnte ihn nicht einmal der grosse Juan Manuel Fangio aufhalten. Aber der Italiener war auch zeitlebens von Selbstzweifeln zerfressen, die in einem bisweilen absurden Aberglauben gipfelten. Sein langjähriger Freund Gigi Villoresi erzählte: «Wenn wir unterwegs waren und eine schwarze Katze kreuzte die Strasse, dann kehrte Alberto auf der Stelle um. Nie im Leben hätte er diese Strasse weiter befahren. Das ist mir an seiner Seite einige Male passiert. Er hat seine Meinung nur dann geändert, wenn von links eine zweite schwarze Katze gekommen wäre. Aber mal ehrlich: Wie gross ist die Chance, dass so etwas passiert? Also fuhren wir halt all diese Umwege.»

Ascari, am Rennlenkrad todesmutig, war als Fussgänger ein Hasenfuss: Vor dem Überqueren einer Strasse guckte er nach links, nach rechts, dann nochmals nach links, erneut nach rechts. Übervorsichtiger geht es nicht.

Ascari war auch ein Zahlenfetischist. An Tagen mit Zahlen, die einen Bezug zum Todestag seines Vaters hatten, trat er bisweilen nicht zu Rennen an. Umso erstaunlicher, dass er in Monza den Wagen von Castellotti übernehmen und testen wollte.

Die genauen Umstände von Alberto Ascaris Todesfahrt wurden nie geklärt. Völlig ungewöhnlich für den abergläubischen Ascari hatte er sich beim Sportwagentest von Eugenio Castellotti in Monza dessen Helm ausgeliehen und um den Wagen gebeten. Seine Erklärung nach dem Unfall in Monaco: «Wenn man vom Pferd fällt, dann ist es am besten, wenn man gleich wieder aufsitzt.»

Bis heute hält sich die Legende, dass Ascari in der Curva Vialone einem Mann ausweichen wollte, der unerlaubt die Bahn kreuzte. In Italien ist heute noch davon die Rede, dass jener Mann das auf dem Totenbett einem Pfarrer gebeichtet haben soll – er sei der Grund für den tödlichen Unfall gewesen. Alles Hörensagen. So wie jene Version, wonach der angebliche Unfallverursacher derart von Schuldgefühlen geplagt worden sei, dass er im Irrenhaus landete.

Aberglaube bleibt verbreitet: Viele Rennfahrer steigen prinzipiell nur von einer bestimmten Seite in den Rennwagen. David Coulthard trug eine Weile lang seine berüchtigten Glücksunterhosen. Als er das gute Teil endlich in Pension schickte, trug er es weiter um die Rennstrecken der Welt, in einer Plastiktüte, zusammen mit einem Kleeblatt. Einer von McLaren hat die Hose dann entsorgt. Vermutlich entsprach sie nicht ganz den Qualitätsansprüchen von Ron Dennis.

Stefano Modena stülpte bisweilen die Rennhandschuhe um. Alexander Wurz fuhr mit unterschiedlich farbenen Rennstiefeln.

Der grosse Enzo Ferrari war abergläubisch und stellte prinzipiell an einem Freitag keine Autos vor!

Emerson Fittipaldi erzählte einmal über eine andere Rennlegende, den grossen Juan Manuel Fangio: «Es geschah beim Grand Prix der Schweiz 1954 auf dem superschnellen Bremgarten-Kurs bei Bern. Am Freitagabend vor dem Rennen fuhr Fangio mit seiner Frau noch eine Runde um die Piste, als ihm eine schwarze Katze vor den Wagen lief. Er konnte nichts mehr tun und überfuhr das Tier. Fangio machte sich grosse Sorgen. Es war ja nicht nur, dass ihm eine schwarze Karte über den Weg gelaufen war, was in Brasilien und Argentinien als böses Omen gilt, er hatte sie auch noch überfahren und getötet.»

Fangio fand in jener Nacht kaum Schlaf. Am Sonntag hatte er böse Vorahnungen fürs Rennen. Emerson Fittipaldi weiter: «Fangios Pointe war aber: ‚Als das Rennen startete, vergass ich meinen Aberglauben und gewann trotz meiner ursprünglichen Sorgen.’ Danach war er von jedem Aberglauben in Bezug auf schwarze Katzen geheilt.»


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