Formel 1: «Dumme Regel half Verstappen»

10 hässliche GP-Rennwagen: Kult oder Katastrophe?

Von Mathias Brunner
Zahlreiche Formel-1-Designer sagen: «Ein schöner Rennwagen ist auch schnell.» Dann müssten unsere Autos des ästhetischen Grauens miserable Ergebnisse eingefahren haben. Aber das war nicht immer so.

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Doch in der Formel 1 gibt es Rennwagen, die in Sachen Eleganz wohl nur bei ihren Designern Glücksgefühle auslösen. Wir lassen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, zehn hässliche GP-Fahrzeuge Revue passieren – einige in Sachen Ästhetik und Ergebnisse die pure Katastrophe, andere sind Kult geworden.

1971: March 711
Wenn der Lotus 72 Anfang der 1970er Jahre die Schöne war, dann war der March 711 das Biest. Das Auto aus der Feder von Frank Costin verblüffte die Fachwelt mit einem Flügel, der bald als Teetisch verspottet wurde. Unansehnlich bedeutet jedoch nicht erfolglos: March wurde dank des fabelhaften Ronnie Peterson hinter Jackie Stewart WM-Zweiter!

1971: Brabham BT34
Brabham, ein klingender Name im GP-Sport, gegründet von Sir Jack Brabham. Designer Ron Tauranac wollte zur GP-Saison 1971 etwas völlig Neues machen und geriet dabei auf den Holzweg: Das Modell BT34, mit dem sich unter Anderen Weltmeister Graham Hill abmühte, hatte seinen Spitznamen Hummerklaue bald weg, Einige fanden auch, der Wagen sähe aus wie ein Walross ohne Hauer. Die Kühler an der Seite und ein viel zu hoch angeordneter Flügel dazwischen waren jetzt nicht unbedingt ein Vorbild an aerodynamischer Effizienz, von der Ästhetik ganz zu schweigen. Die grün-gelbe Lackierung war keine Hilfe.

1972: Eifelland-March 721
Wohnwagen-Hersteller Günther Hennerici war überzeugt, dass man aus einem March 721 mehr machen konnte. Er engagierte Star-Designer Luigi Colani, um dem englischen Rennwagen ein neues Kleid zu entwerfen. Das Ergebnis war mutig und futuristisch und nicht unelegant – aber leider völlig Formel-1-untauglich. Denn unter der eng geschneiderten Karosserie konnte der Cosworth-Motor nicht atmen, Chassis und Verkleidung passten zu gut zusammen wie Öl und Wasser.

1972: Ferrari 312 B3
Der erste Ferrari 312 B3 wurde als «spazzaneve» (Schneepflug) bekannt – aufgrund seiner seltsamen, schaufelförmigen Fahrzeugnase. Das Auto kam im Rahmen der Formel-1-WM nie zu einem Einsatz und diente als Versuchsträger für Techniker Mauro Forghieri. Damit wurde Basisarbeit für jenen Ferrari geleistet, mit dem ab 1974 Niki Lauda und Clay Regazzoni auf die Siegerstrasse zurückkehrten. Der Schneepflug steht heute im Ferrari-Museum und ist ab und an bei Veranstaltungen mit historischen Rennwagen zu bestaunen.

1976: Ligier JS5
Das Motto «schneller, höher, weiter» wurde hier ein wenig missverstanden: Die Luftzufuhr am Ligier von 1976 wurde gefühlt im zweiten Stock angeordnet, die Briten gaben dem französischen Renner sofort den Kosenamen Teekessel. Über dem niedrigen Fahrzeugkörper des Autos von Jacques Laffite wirkte die Airbox gewaltig. Im Laufe der Saison wurde das Reglement geändert und der hohe Lufteinlass verschwand im Skurrilitäten-Kabinett.

1979: Arrows A2
Tony Southgate und Dave Wass wollten mit dem Modell A2 ein Flügelauto bauen, das auf Flügel verzichtet. Dazu wurden sogar der Motor und das Getriebe um vier Grad geneigt ins Chassis eingebaut, um durch den Wagenboden noch mehr Abtrieb zu erzeugen. Das Konzept ging nie auf, der Wagen war aerodynamisch zu instabil. Zwar baute der Renner erhebliche Downforce auf, aber das Handling wurde von Jochen Mass und Riccardo Patrese als grauenvoll bezeichnet. Arrows stellte den Wagen noch während der laufenden Saison zur Seite, holte dafür den alten A1B aus der Garage und brachte den A3 früher als geplant auf die Bahn.

1979: Ensign N179
Huch, was ist denn hier los? Hatten Ensign-Technikchef John Baldwin und Chefdesigner Shahab Ahmed vielleicht vergessen, dass ein Rennwagen auch Kühler braucht? Die Anordnung auf der Fahrzeugnase wirkte wie eine Notlösung, und Fahrer wie Derek Daly wurden im Cockpit al dente gekocht. Im Verlauf der Saison kam ein umgebautes Fahrzeug mit klassischer Kühleranordnung auf die Strecke.

1996: Ferrari F310
Mit dem Ferrari F310 fuhr Michael Schumacher in Barcelona 1996 den ersten Sieg in Rot ein. Der Renner mit den seltsamen seitlichen Lufteinlässen war gewiss nicht der eleganteste Wagen, der je die heiligen Hallen von Maranello verlassen hat. Aber Ferrari wurde damit Zweiter in der Konstrukteurs-Meisterschaft.

2004: Williams FW26
Traurige Nachricht am 1. November 2021: Die italienische Aerodynamikerin Antonio Terzi kam bei einem Autounfall ums Leben. Am bekanntesten Terzi durch ihre Arbeit am Williams FW26: Säbelzahntiger, Walross, Hammerhai – die ungewöhnliche Nasenform führte zu zahlreichen Spitznamen für den 2004er Renner des englischen Traditionsteam. Letztlich sollte diese gewagte Arbeit Terzi beim britischen Traditionsrennstall den Job kosten, denn die theoretischen Vorteile der Nase, viel Luft unters Auto zu bringen, wurden in der Praxis nie bestätigt. Vor dem Ungarn-GP erhielt der Wagen von Juan Pablo Montoya und Ralf Schumacher eine konventionelle Nase, und Frau Terzi musste ihren Zeichentisch räumen, sie wurde durch den Franzosen Loïc Bigois ersetzt.

2014: Caterham CT05
Eine Lücke im Reglement bezüglich Fahrzeugnase erlaubte es den Technikern, zu teilweise merkwürdig geformten Auswüchsen zu kommen – den meisten Fans kam das schiere Würgen. Von Nasenbären war die Rede, von Delfinen und von Formen elektrisch betriebener Hilfsmittel, die vorwiegend im Schlafzimmer zum Einsatz kommen. Ein trauriges Beispiel für diesen Ausbund der Hässlichkeit war der Caterham CT05, der ein wenig wirkte, als hätte jemand im Drogenrausch aus Legosteinen einen GP-Renner gebaut. Mit dem Auto wurde kein einziger WM-Punkt eingefahren.

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