Gary Anderson: «Singapur ist wie gemacht für Vettel»
Alonso, Vettel und Hamilton: Kampf um die Krone
Singapur ist anders, das weiss auch der frühere Technikchef (Jordan, Stewart Grand Prix, Jaguar) und heutige BBC-Experte Gary Anderson. «Ein Blick auf einen Streckenplan zeigt – fade Sache, fast nur 90-Grad-Kurven. Aber der Plan enthüllt eben nicht, was in dieser Bahn steckt. Denn viele dieser Ecken sind sehr hübsch und verlaufen sanft geschwungen. Das ist eine echte Fahrerstrecke, eine richtige Herausforderung.»
«Die Kurven sind das eine, die Nacht ist das andere: Die Beleuchtung der Piste ist vorzüglich, aber die Fahrer sehen das Geschehen nicht wie üblich. Alles wird anders, strahlender, glamouröser, Farben scheinen leuchtender zu sein.»
«Wieso sind Fahrer wie Fernando Alonso, Lewis Hamilton und Sebastian Vettel so herausragend erfolgreich in Singapur? Ich bin der festen Überzeugung – das hat auch mit ihrer Sehfähigkeit zu tun. Denn jedes Menschen Sehkraft ist verschieden, wieso soll das bei Rennfahrern anders sein? Dazu möchte ich ein Beispiel erzählen: Wir haben vor Jahren mit Jordan und Rubens Barrichello in Le Castellet getestet. Der Test sollte um sechs Uhr abends aufhören, aber schon um halb sechs kam «Rubinho» zurück und sagte, er sehe die schnelle Signes nach der Mistral-Geraden nicht mehr gut genug. Inzwischen röhrte Karl Wendlinger im Sauber fröhlich weiter um den Kurs, kurz vor sechs war es wirklich dunkel, aber die Rundenzeiten des Tirolers blieben anhaltend gut. So viel zu Unterschieden der Sehkraft.»
Singapur: Für Sebastian Vettel wie geschaffen?
«Der Rennwagen von Red Bull Racing glänzt durch viel Abtrieb am Heck und vorzügliche Traktion – und beides ist in Singapur elementar. Ich glaube noch immer, dass RBR die Abgase am effizientesten nutzt, um Abtrieb zu erzeugen. Gepaart mit dem Fahrstil von Vettel ergibt das eine schwer zu schlagende Kombination: Er bremst nach knackigem Einlenken in die Kurven hinein und ist sehr früh wieder auf dem Gas, daher kann er den abtriebserzeugenden Abgasstrom vollkommen ausnutzen. Es ist kein Zufall, dass die RBR-Autos in den Kurven so schnell sind.»
«Ein Auto in Singapur braucht auch gute Haftung auf der Vorderachse. Bei all den Mauern um dich herum ist ein untersteuerndes Auto ungefähr das Letzte, was du unterm Hintern haben willst. Der Fahrer muss sehr präzise fahren können. Die Teams sind hier bei der Abstimmung zu einem Kompromiss gezwungen – spontanes Einlenken und gute Traktion gehen leider nicht gezwungenermassen Hand in Hand.»
«Am ehesten können Ferrari und Mercedes Vettel hier gefährlich werden. Ich halte Lewis Hamilton für einen heissen Anwärter auf die Singapur-Pole.»