Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Schock für Daniel Riccardo: Rang 2 bald futsch?

Von Mathias Brunner
Der Red Bull Racing-Fahrer ist platt: «Ich hätte nie mit Rang 2 gerechnet.» Bald ist er vielleicht noch platter: Die Regelhüter haben zu hohe Benzindurchflussmenge geortet.

Gut zwei Stunden nach dem Australien-GP ist bei Daniel Ricciardo das meist präsente Lächeln auf einen Schlag erloschen. FIA-Technikpolizist Jo Bauer rapportiert: «Während des Rennens ist beim Fahrzeug mit der Nummer 3 eine konstant überhöhte Spritdurchflussmenge gemessen worden. Dies widerspricht Artikel 5.1.4 des Technischen Gesetzes, ich habe dies den Rennkommissaren zur Prüfung weitergeleitet.»

Worum geht es?

In der Saison 2014 ist nicht nur die maximale Spritmenge im Rennen beschränkt (auf 100 Kilo Kraftstoff, das entspricht rund 135 Litern, rund ein Drittel weniger als 2013). Es gibt auch eine Benzindurchfluss-Beschränkung von 100 Kilogramm pro Stunde. Diese wurde eingeführt, um kurzfristig höheren Verbrauch (wie im Qualifying, wo die Spritmenge freigestellt ist) zu unterbinden. Denn mit beliebig viel Sprit in die Brennräume eingespritzt, liesse sich die Leistung extrem erhöhen. Ob sich die Motorenhersteller das trauen würden, ist eine andere Frage – die Antriebseinheiten müssen fünf Rennwochenenden halten, das hat nichts mehr mit den Turbo-Minutenbrennern der 80er Jahre zu tun.

Doch mit den Durchflussmessern gab es schon im vergangenen Herbst Ärger. Die von der FIA zur Verfügung gestellten Messgeräte arbeiteten ungenau. Die Motorenhersteller schimpften, dass sich so der exakte Verbrauch nicht berechnen lasse. Die Abweichung von angestrebten 0,5 Prozent wurde teilweise um das Dreifache übertroffen!

Die FIA rüstete nach, doch Probleme blieben: Noch beim Bahrain-Test gab es bei Ferrari Schwierigkeiten mit der Durchflussmenge, hier in Melbourne gibt es nun erneut Probleme.

Die FIA liess im Vorfeld des Australien-GP verlauten, in Sachen Spritmenge im Tank werde man bei Missachtung streng ahnden. Beim Benzindurchflussmesser, den der Autoverband selber zur Verfügung stellt, könnte man ein Auge zudrücken – sofern das Team nachweisen kann, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben.  

Daniel Ricciardo: Tolle Leistung im Rennen

Runde 22 dieses Australien-Grand-Prix ging ohne grössere Dramen über die Bühne, und kaum einer der rund 100.000 Fans wird ihr eine besondere Bedeutung zugemessen haben. Aber es war eine bahnbrechende Runde: Denn mehr als diese 22 Runden hatte vor dem Australien-GP kein 2014er Renner von Red Bull Racing am Stück gedreht! Doch der Wagen von Daniel Ricciardo hielt nicht nur 22 Runden, er hielt 57 Runden lang, und am Ende konnte der Australier – als erster Fahrer seines Landes beim Heim-GP – als Zweiter aufs Siegerpodest steigen. Daniel: «Wenn mir einer vor drei Wochen gesagt hätte, dass ich hier vor eigenem Publikum Zweiter werden, ich hätte zu ihm gesagt – du spinnst wohl.»

Red Bull Racing ist ein Spiegelbild von Mercedes: Ein Fahrzeug auf dem Siegerpodest, der Weltmeister im zweiten Wagen jedoch mit mechanischem Defekt out. Damit enden die Gemeinsamkeiten, denn Daniel hat natürlich Recht – fast alle Experten im Fahrerlager witterten, dass die Silberpfeile in Melbourne ganz stark sein würden. Aber ein Auto von Red Bull Racing auf dem Siegerpodest, dazu noch mit Daniel Ricciardo, da dürften heute ein paar Wettfreudige ein hübsches Sümmchen gewonnen haben.

Daniel Ricciardo hatte in der Auslaufrunde nach Rang 2 hörbar einen Kloss im Hals und die Tränen zuvorderst: «Entschuldigt, Jungs», krächzte er in den Funk, «aber ich bin im Moment gerade ein wenig überwältigt.» Dann versagte ihm die Stimme.

Auch auf dem Siegerpodest wusste Ricciardo nicht so richtig, ob er lachen oder weinen oder beides zusammen tun sollte. Dann fand er seinen Wortschatz wieder: «Was für eine Wende! Ich weiss nicht, wie mein Team es geschafft hat, mir ein solches Auto hinzustellen, ich kann mich nur ganz tief vor allen Fachkräften verneigen. Ich weiss, wie hart alle gearbeitet zu haben, um den verlorenen Boden gutzumachen. Schon Platz 2 im Abschlusstraining war der Hammer. Aber ich muss zugeben, dass ich nicht damit gerechnet hatte, diesen Platz halten zu können. Und dann die ganzen Fans am Fusse des Siegerpodests zu sehen, ihre Freude zu spüren – einfach unfassbar.»

Daniel Ricciardo ist auf einer Welle der Sympathie durch dieses Wochenende gesurft und gibt gerne zu: «Es war alles ein wenig viel. Natürlich erfüllt es mich mit Stolz, dass mir die Menschen an allen Ecken und Enden Glück wünschten. Auf der anderen Seite muss ich mich noch daran gewöhnen, dass mich so viele erkennen, wo immer ich gehe und stehe. Ich finde es auch ein wenig peinlich, wenn ich überall auf Postern abgebildet bin.»

Beim Treffen mit Fans überstrahlt dann jeweils dieses strahlende Lächeln des 24-Jährigen alles, auf seine Hände guckt da keiner, und das ist Daniel ganz Recht: Ricciardo kaut Nägel, und er ist nicht stolz darauf.

Stolz darf er hingegen auf seine Leistung sein: Ein tolles Training gezeigt, unter grösstem Druck keine Schwäche gezeigt, ein tadelloses Rennen gefahren, dem heissen Atmen von GP-Neuling Kevin Magnussen standgehalten, und das alles beim Heimrennen. Fahrer, die höher eingestuft werden, sind vor solchen Aufgaben zerkrümelt. Nicht so Daniel.

Ricciardo weiter: «Es war ein verrücktes Wochenende, alles kommt mir derzeit vor wie eine Landschaft, die an dir vorbeifliegt, wenn du im Rennwagen hinaus schaust. Ich meine, ihr müsst euch das mal vorstellen – wir haben im Winter keine einzige Renndistanz absolviert, von den Rundenzeiten will ich gar nicht reden, und nun haben wir Rang 2 errungen! Ich bin unendlich glücklich.»

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