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Gerhard Berger: «So war mein Horror-Unfall in Imola»

Von Gerhard Kuntschik
Die Bilder vom Berger-Unfall gingen um die Welt

Die Bilder vom Berger-Unfall gingen um die Welt

Vor 25 Jahren überstand Gerhard Berger in Imola einen Horrorunfall im brennenden Ferrari. In unserem Gespräch schildert er seine Erinnerungen, als wäre der Crash gestern passiert.

Der Platzsprecher hatte sich stimmlich überschlagen, die Tifosi auf den Tribünen waren aufgesprungen, und den Journalisten im Presszentrum stockte der Atem. Der Ferrari mit Nummer 28 war zu Beginn der vierten Runde des Grand Prix von San Marino in Imola in der Tamburello-Kurve geradeaus in die Mauer gerast und in Flammen aufgegangen. Im Cockpit eingeklemmt: Gerhard Berger, damals 29 Jahre alt und in seinem dritten und letzten Jahr seines ersten Ferrari-Vertrages. Es war der 23. April 1989.

Berger hatte nach zwei Jahren mit Michele Alboreto (den er klar im Griff hatte) mit Nigel Mansell einen Teamkollegen bekommen, der wie er selbst unbedingt Weltmeister werden wollte. Vier Wochen zuvor hatte der Engländer sein Ferrari-Debüt in Rio-Jacarepagua mit einem Sensationssieg fulminant gestartet, während Berger nach Kollision mit Senna im McLaren in der Startrunde ausgeschieden war.

Doch Gerhard Berger bestreitet heute, 25 Jahre später, dass er in Imola damals unter besonderem Druck gestanden wäre: «Bei Ferrari bist du immer unter Druck, der ist normal.»

An die vierte Runde erinnert er sich bis zum Aufprall sekundengenau: «Ich kam mit 280 km/h im sechsten Gang voll in die Tamburello. Ich lenkte ein, spürte aber, dass das Auto nicht reagierte, weil das rechte Vorderrad in der Luft war. Ich schaute sofort in den Spiegel, weil ich dachte, ich hätte einen Reifenschaden links hinten oder einen Aufhängungsdefekt, konnte aber nichts bemerken. Als ich wieder nach vorn blickte, sah ich nur noch die Mauer. Ich dachte mir sogleich ’Scheisse, der Winkel ist nicht gut’. Dann nahm ich die Hände vom Lenkrad und verschränkte sie vor dem Brustkorb, was man halt im Fall eines unvermeidlichen Aufpralls tun soll. Und dann wartete ich auf den Einschlag.»

Den erlebte Berger noch bewusst: «Da verspürte ich gar keine Schmerzen, war dann aber kurz bewusstlos. Ich bekam erst wieder etwas mit, als mir FIA-Rennarzt Sid Watkins die Beatmungsröhre in den Hals schob. Das Feuer hatte ich nicht wirklich mitbekommen, die Brandwunden zuerst nicht gespürt. Ich fragte Watkins, was los sei, er sagte mir, ich hätte einen Unfall gehabt. Dann erst dämmerte es bei mir nach und nach.»

20 Sekunden war Berger im brennenden Ferrari gesessen, ehe das Feuer gelöscht war. Die Streckenposten seien schnell zur Stelle gewesen, sagt Berger, doch die weitere Bergung sei schleppend verlaufen: «Das Rennen war abgebrochen, aber der Krankenwagen fuhr mit mir die ganze Strecke in Fahrtrichtung ab statt umzudrehen und auf dem schnellsten Weg das Streckenhospital anzusteuern. Da begann ich dann auch die Verletzungen richtig zu spüren, es wurde sehr schmerzhaft. Vor allem, weil mein Rennanzug durch den geborstenen Tank völlig von Benzin durchtränkt war. Das begann höllisch zu brennen, vor allem in sensiblen Bereichen.»

Im Spital sei er erst einmal vom Dreck «gesäubert» worden. Die Brandwunden an den Händen und am Rücken wurden erstversorgt. «Und dann hat mich eine Schwester noch auf die falsche Seite gedreht, das war auch nicht angenehm.»

Außer den Verbrennungen hatte Berger auch einen Rippenbruch erlitten.

Vom Autodrom Ferrari ging es für Berger in die Klinik nach Bologna, dann nach Innsbruck und zur Reha in die Dungl-Klinik im Kamptal. Da gab es längst Kontakt mit Rennfahrerkollegen, die sich über seinen Zustand erkundigten, «vor allem Ayrton Senna» – der fünf Jahre später an gleicher Stelle wie Berger und einen Tag nach Roland Ratzenberger tödlich verunglücken sollte.

Gerhard Berger versäumte verletzungsbedingt nur das folgende Rennen in Monaco, einen Monat später in Mexiko war er wieder am Start.

«Ich hatte großes Glück, das ist mir voll bewusst. Als ich das erste Mal wieder die Rennkleidung anzog, verspürte ich einen kalten Schauer, als ich in die feuerfeste Unterwäsche schlüpfte. Dabei hat mir die vielleicht das Leben gerettet. Damals war es üblich, bei warmer oder heißer Witterung nur ein T-Shirt drunter zu haben. Ich traf Kris Nissen nach dessen Feuerunfall in Japan, was eine Lehre war: nie ohne feuerfeste Wäsche.»

Der Unfall, gesteht Berger heute (und im Gegensatz zur aktiven Zeit), habe ihn «langsamer» gemacht: «Von der Risikobereitschaft war ein wenig weggebrochen.»

Dennoch: Berger fuhr danach bis 1997 in der Formel 1, gewann 1989 noch den GP von Portugal und mit Hockenheim 1997 seinen zehnten Grand Prix.

Als 1994 sein ehemaliger Teamkollege Senna in Imola tödlich verunglückte, dachte Berger kurz ans Aufhören – was er nach dem eigenen Crash nie tat.

Berger über seine Zeit bei den beiden Spitzenteams: «Ich kam mit den Italienern immer gut aus, daher war der Druck bei Ferrari (1987–1989 und 1993–1995, G.K.) für mich erträglicher als im kalten Klima bei McLaren.» (1990–1992, G.K.)

Nach den eigenen Erfahrungen in Imola veränderte auch der Lauda-Hunt-Film «Rush» ein wenig Bergers Sichtweise: «Ich war immer ein Fan von Niki. Aber erst durch den Film wurde mir bewusst, wie hart Niki an seiner Karriere arbeitete und wie sehr er sich in sein Comeback nach dem Unfall verbiss. Seine Zielstrebigkeit erscheint mir jetzt noch viel größer als früher. Und jetzt schätze ich auch seine Rundenzeiten auf dem alten Nürburgring noch höher ein. Für seinen Rekord dort musste er wirklich ein wilder Hund sein.»

Wie Heinz Prüller auf ORF damals über den Imola-Unfall berichtete, sehen Sie hier:

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