Fix: MotoGP-Finale nicht in Valencia

Was die GP-Fans wollen, wie die Mächtigen versagen

Von Mathias Brunner
Die Fans sollten im Mittelpunkt stehen

Die Fans sollten im Mittelpunkt stehen

Die Formel-1-Strategiegruppe befasst sich damit, wie der Sport attraktiver gestaltet werden könnte. Das ist gut. Einige der Vorschläge jedoch gehen für mich ein wenig am Ziel vorbei.

In der Strategiegruppe der Formel 1 wird derzeit erörtert, wie der Grand-Prix-Sport attraktiver gestaltet werden kann. Die Experten sprechen über funkensprühende Metallelemente am Fahrzeugboden und glühende Bremsscheiben. Warum nicht gleich ein Ölwerfer à la James Bond? Oder Konfettikanonen, um nach der Zieldurchfahrt etwas Stimmung zu machen.

Solche Massnahmen – wie die unseligen doppelten Punkte beim WM-Finale von Abu Dhabi – das sind alles nur Krücken, so wie auch der verstellbare Heckflügel.

Ich sage Ihnen, was zum Wohle des GP-Sports wirklich eingeführt werden müsste oder abgeschafft gehört – weil ich das von den Fans immer wieder höre, sei dies auf dem Rennplatz oder im elektronischen Briefkasten.

1) Finger weg von der Tradition

Doppelte Punkte beim Finale – nein, danke. Schon das geänderte Punktesystem ist ein Fehlschlag, der nur dazu geführt hat, dass die Statistikfreunde (und davon gibt es mehr, als Sie denken würden) ihre Listen anzünden können. Mehr Punkte für die Hinterbänkler: Wieviele zusätzliche Sponsoren wurden dadurch wirklich gewonnen? Kürzere Rennen sind auch keine Lösung: Das Problem der Formel 1 ist nicht die kürzere Aufmerksamkeitsspanne von Jugendlichen.

2) Keine Panikreaktionen

Schon regen sich wieder die ersten, die glauben: Es muss etwas geändert werden, weil Mercedes ständig gewinnt. Für wie blöde werden die Fans eigentlich gehalten? Die Fans haben auch zugeschaut, als Williams 1992 die ersten fünf Rennen gewann, als McLaren 1988 bei 15 von 16 Läufen triumphierte, als die Formel 1 im Würgegriff von Ferrari und Michael Schumacher lag.

3) Konzentration aufs Wesentliche

Mir völlig unverständlich: Die Formel 1 bietet eine faszinierende neue Technik, aber der Autoverband FIA kommuniziert darüber so gut wie null und unternimmt nichts gegen Rennställe, die krampfhaft versuchen, jedes Bild von einem Schräubchen zu verhindern. Die Hersteller Mercedes, Renault und Ferrari können ihr Fachwissen viel zu wenig in die Auslage stellen. Das ist eine verpasste Chance.

4) Rückschritt ist Fortschritt

Was faszinierte die Fans in den 70er und 80er Jahren an den GP-Rennern am meisten? Der Speed, der Sound, das Aussehen. Der Speed stimmt: Stimmen, wonach die GP-Renner zu langsam seien, verstummen endlich. Am Sound muss gearbeitet werden: Der raspelige, vielschichtige Ton der Turbo-Renner an sich ist ganz okay, aber an Lautstärke dürfte man ruhig etwas zulegen. Das Aussehen ist ein Sorgenkind: Hässliche Fahrzeugnasen, viel zu kleine Hinterräder, noch immer zu viele aerodynamische Hilfen. Das Reglement muss in einer Art und Weise verfasst werden, dass die Rennställe wieder die Möglichkeit erhalten, unterschiedlicher aussehende Wagen zu bauen.

5) Einfachere Regeln

Kennen Sie einen Fan, der lückenlos erklären kann, ab wann und in welcher Höhe ein Fahrer Strafen erhält, wenn eines der Elemente seiner Antriebs-Einheit zu oft ausgewechselt wurde? Selbst Fachleute blicken da nicht durch. Von Benzindurchfluss-Messgeräten fange ich gar nicht erst an. Wir brauchen ein einfacheres Reglement.

6) Andere Geld- und Machtverteilung

Viele Rennställe sind wie wurmstichige Äpfel, doch die bessergestellten Rennställe wollen weder von Preisgeld noch von ihrer Macht etwas abgeben. Die Teams blicken stets als erstes auf sich selber, ans Wohle des Sports denken die Wenigsten. Und die Mächtigesten im Sport klammern sich an ihre Posten. So kommt nie frischer Wind hinein.

7) Fahrer, keine Marionetten

Der Sport ist überreglementiert, auch was die Fahrer angeht: Wir wollen keine Rennen, in welchen bei der geringsten Berührung zweier Gegner eine Strafe ausgesprochen wird. Wir wollen durchaus, dass beim Hobeln mal Späne fliegen. Und wir wollen auch Fahrer, die Typen sein und verbal mal auf den Putz hauen dürfen, statt in politischer Korrektheit ersäuft zu werden.

8) Der Fan muss im Mittelpunkt stehen

Die Mächtigen und Hauptdarsteller des Sports scheinen vergessen zu haben, wieso wir überhaupt Autorennen haben: Weil der Fan sich die Grands Prix anschaut und (hoffentlich) jene Produkte kauft, für die auf den Rennwagen geworben wird. Aber der Kunde ist in der Formel 1 nicht König, sondern höchstens Hofnarr: Zu hohe Ticketpreise, teilweise jämmerliches Rahmenprogramm, viel zu teure Verpflegung am GP-Ort, viel zu wenige Toiletten. Und da wundern sich einige, dass zu gewissen Rennen immer weniger Fans kommen. Der Sport muss dem Fan zudem nähergebracht werden, da ist es mit einer Autogrammstunde nicht getan.

9) Mehr mechanischer Grip

Kartsport ist unter anderem deshalb so packend, weil die Fahrer einander um Zentimeter folgen können. Wieso? Weil aerodynamischer Grip keine Rolle spielt. Formel-1-Autos müssen so gestaltet werden, dass die Aerodynamik des Hintermanns im Windschatten nicht komplett ruiniert wird.

10) Andere Bremsen – aber richtig

Ich höre, dass die Strategiegruppe auch daran denke, die Räder so zu gestalten, dass die Fans die glühenden Scheiben besser sehen. Das ist schön. Wichtiger wäre mir jedoch, dass die Autos Bremsanlagen erhalten, welche zu längeren Bremswegen zwingen. Heute sind die Kohlefaserbremsen so effizient, dass es kaum noch klassische Ausbremsmanöver gibt.

Die Umsetzung vieler dieser Punkte wird Wunschdenken bleiben, das ist mir klar.

Aber gesagt werden muss es trotzdem.

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