Barcelona: Mercedes top, Strafe für Sebastian Vettel?
Die Zuschauer am Circuit de Catalunya und vor den TV-Bildschirmen kamen im Qualifying zum Grossen Preis von Spanien von Beginn weg auf ihre Kosten. Ziemlich genau vier Minuten nach dem Start in die erste Runde wurden schon die roten Flaggen geschwenkt. Der Grund: Pastor Maldonado setzte seinen Lotus Ausgangs der dritten Kurve in die Wand und funkte: «Ich habe das Auto verloren.»
Der ehemalige GP-Pilot und heutige SkyTV-Experte Marc Surer kommentierte lachend: «Das ist leicht untertrieben. Ich denke, Maldonado hat mit den Reifen da Dreck aufgeladen und sich deshalb von der Strecke gedreht.» Bitter für den Venezolaner: Er kommt auch im fünften Zeitfahren nicht über Q1 hinaus – bereits zum dritten Mal in dieser Saison muss er ohne Qualifying-Zeit ins Rennen starten.
Martin Brundle: «Hände weg vom Lenkrad!»
Der ehemalige GP-Pilot Martin Brundle kommentierte trocken: «Er war schon in Kurve 2 auf dem Randstein, dann in der ganzen langen Kurve 3 nicht ideal unterwegs und schliesslich neben der Bahn. Dabei verlor er den Wagen beim Beschleunigen aus der Kontrolle. Da werden die Mechaniker sehr viel zu tun bekommen.»
Der 54-jährige Brite weiss: «Es ist ganz selten, dass die Fahrer dort nach innen wegkreiseln, daher sind dort auch keine Reifenstapel. Was ich auch bedenklich finde: dass Pastor die Hände nicht vom Lenkrad genommen hat. Das kann dir schnell mal ein gebrochenes Handgelenk einbringen.
Teil des Problems ist die Tatsache, dass sich die Fahrer nun an deutlich weniger Abtrieb gewöhnen müssen. Brundle erklärt: «Die Fahrer sind es gewöhnt gewesen, einfach über alles drüber zu fahren – Randsteine, Kunstrasen, bemalter Asphalt. Du hattest genügend Abtrieb, um dich da wieder rauszuarbeiten. Das ist heute nicht mehr so. Und daran musst du mit diesen Turbo-Rennern denken.»
Nicht nur Maldonado erlebte eine Enttäuschung: Zu den Opfern des Qualifyings gehörte neben den üblichen Verdächtigen Max Chilton, Jules Bianchi, Marcus Ericsson und Kamui Kobayashi auch Adrian Sutil. Der Sauber-Pilot musste zum dritten Mal in dieser Saison schon nach den ersten 18 Minuten des Zeitfahrens seinen Dienstwagen in der Box abstellen (Platz 17 in Malaysia und Platz 22 in Bahrain). So hatte sich Sauber-Teamchefin ihren 43. Geburtstag sicher nicht vorgestellt...
An der Spitze setzte sich Nico Rosberg gegen seinen Teamkollegen Lewis Hamilton durch. Wie dem Weltmeister von 2008 per Boxenfunk mitgeteilt wurde, verlor er die meiste Zeit auf seinen deutschen Nebenmann Ausgangs der Kurven 7 und 10. Der 29-jährige Brite hatte keine saubere erste Runde und beschwerte sich darüber, dass sein Silberpfeil nicht ideal liege. Auch Force India-Rückkehrer Nico Hülkenberg, der im ersten Abschnitt die siebtschnellste Runde drehte, beschwerte sich: «Das Heck ist so instabil, es ist kaum zu glauben.»
Q2: Force India verpasst Top-Ten
Auch im zweiten Qualifying-Abschnitt behielt Rosberg die Nase vor seinem Teamkollegen Hamilton, wenn auch nur mit 0,132 Sekunden Vorsprung. Dahinter reihten sich erst die beiden Red Bull Racing-Piloten Daniel Ricciardo und Sebastian Vettel ein. Doch Williams-Pilot Felipe Massa drehte in den letzten Minuten auf neuen Medium-Reifen die viertschnellste Runde und trennte damit das Duo in den Rennern aus Milton Keynes.
Grosjean, der sich darüber beschwert hatte, dass sein Lotus beim Bremsen nach links zog, überraschte mit der sechstschnellsten Runde. Das Ferrari-Duo Kimi Räikkönen (P7) und Fernando Alonso (P10) musste sich wie auch Williams-Fahrer Valtteri Bottas (P8) und McLaren-Star Jenson Button (P9) hinter dem Genfer einreihen.
Zu den Verlierern des zweiten Stechens gehörte das Force India-Duo Hülkenberg und Sergio Pérez, das die Top-Ten auf den Plätzen 11 und 12 nur knapp verpasste. Zum ersten Mal fand das Stechen um die ersten zehn Startplätze in diesem Jahr ohne einen Force India-Piloten statt. Das Team aus Silverstone schaffte es in Barcelona nur ein Mal ins Q3 – 2013 schaffte es Paul di Resta ins Top-Ten-Stechen.
Auch Toro Rosso-Neuling Daniil Kvyat musste sich geschlagen geben, immerhin konnte er sich vor Sauber-Pilot Esteban Gutiérrez einreihen. Gar keine Runde drehte Jean-Eric Vergne, der sich einen Reifensatz sparte, weil er – wegen eines abgeflogenen Rades im freien Training – in der Startaufstellung um zehn Positionen nach hinten rücken muss. Pech hatte auch Kevin Magnussen. Der McLaren-Rookie schaffte keine gezeitete Runde, weil seine Antriebseinheit versagte.
Pechvogel Sebastian Vettel
Auch im dritten und letzten Zeitfahren des Nachmittags wurden die roten Flaggen geschwenkt – diesmal wegen Sebastian Vettel, der über Funk klagte: «Ich habe keinen Vortrieb.» Und später: «Der zweite Gang scheint gebrochen zu sein, ich konnte nicht in den dritten Gang schalten.» Surer rätselte: «Das müsste eigentlich ein Getriebeproblem sein, unglaublich, welches Pech Seb derzeit hat.» Schon in der Boxengasse wurde der 26-jährige Heppenheimer von seinem Teamkollegen Ricciardo überholt.
Dass er anschliessend mit seinem Schleichgang auch die erste schnelle Runde von Nico Rosberg und Lewis Hamilton ruinierte, könnte dem jüngsten vierfachen Weltmeister der Formel-1-Geschichte eine Strafe einhandeln – auch wenn sich Vettel umgehend entschuldigte: «Sorry für Lewis und Nico, ich hatte den ganzen Christbaum von Warnleuchten an im Cockpit!» Auch der drohende Getriebe-Wechsel könnte eine schmerzliche Rückversetzung um fünf Startplätze nach sich ziehen.
Die Pole-Position sicherte sich – wie von vielen Formel-1-Experten erwartet – Hamilton. Rosberg muss sich mit Platz 2 begnügen. Ricciardo und Bottas reihten sich hinter dem Silberpfeil-Duo ein. Mit dem fünften Startplatz sorgte Grosjean nach einem schwierigen Qualifying für Freude in der Lotus-Box. Räikkönen verwies seinen Teamkollegen auf Platz 7 – eine Schmach für den stolzen Lokalmatador. Button und Massa dürfen von den Positionen 8 und 9 ins fünfte Formel-1-Rennen der Saison starten.