Sergio Pérez oder Pirelli: Wer ist hier peinlich?
Sergio Pérez ist sauer
Wieder einmal steht Pirelli in der Kritik. Ferrari-Star Fernando Alonso hat gestern die Reifenwahl der Italiener für den Spanien-GP – mit den härtesten beiden Reifenmischungen, also mittelhart und hart – als missglückt bezeichnet. Dann setzte Force-India-Fahrer Sergio Pérez noch einen drauf: «Ich finde es peinlich, dass die GP2-Renner uns bei der Rundenzeit so nahe kommen», schimpft der Mexikaner. «Das ist angesichts unserer Budgets und jenen der GP2-Teams einfach nur lächerlich.»
Was sagt die Stoppuhr?
Langsamster Mann im zweiten freien Formel-1-Training: Marcus Ericsson im Caterham-Renault, mit 1:31,586.
Schnellster Mann im GP2-Training: Stéphane Richelmi mit 1:29,293.
Mit dieser Zeit wäre der Monegasse im Formel-1-Training auf Rang 17 aufgetaucht, gewissermassen im Windschatten von Pérez mit 1:29,192 min!
Hat Pérez also Recht, wenn er weiter sagt: «Pirelli muss einen erheblich aggressiveren Ansatz verfolgen. Denn ich bin überzeugt – am Sonntag erleben wir einen stinklangweiligen Grand Prix. Und das ist nicht gut für unseren Sport.»
Pérez wirft den italienischen Herstellern vor, auf die Reifenplatzeraffäre von Silverstone überreagiert zu haben und seither viel zu ängstlich zu agieren.
Das kann Pirelli-Rennchef Paul Hembery natürlich nicht auf sich sitzen lassen. «Wir haben nicht überreagiert, wir haben für den Schritt in die Turbo-Ära einen neuen Ansatz gewählt», findet der Engländer. «Wir haben Autos, deren Drehmoment arg an den Hinterreifen zerrt, dem mussten wir Rechnung tragen. Wenn wir entwickeln könnten, wie wir wollten, dann gäbe es ein Dutzend Mischungen und wir wären Tag und Nacht am Testen. Aber wir haben nun mal eine begrenzte Anzahl Testttage und gemäss Reglement vier Mischungen– superweich, weich, mittelhart und hart. Und die müssen die Bandbreite von 15 Grad Pistentemperatur bis jenseits von 50 Grad abdecken.»
Die Vorwürfe von Pérez bezeichnet Hembery als «jämmerliche Ausrede».
Wer hat nun Recht?
Wie so oft im Leben ist die Wahrheit weder schwarz noch weiss, sondern ein Mischton: Alonso und Pérez kommen mit ihren Reifen hier nicht zurande wie gewünscht, da schiebt man den Schwarzen Peter gerne dem Reifenhersteller in die Schuhe.
Gleichzeitig hat Pirelli tatsächlich konservativ gearbeitet. Und das ist auch völlig verständlich und richtig: Wären sie zu risikofreudig vorgegangen und wir hätten erneut ein Wochenende wie Silverstone, dann wären die Kritik an Pirelli und der PR-Schaden für das Mailänder Unternehmen sowie für die Formel 1 enorm.