Singapur-GP: Notfallplan wegen Smog und Gewitter
Behalten wir in Singapur den Durchblick?
3000 Lux beträgt die Helligkeit jedes der 1600 Licht-Elemente, welche auf dem «Marina Bay Circuit» von Singapur die Nacht zum Tag machen – das ist vier Mal heller als im durchschnittlichen Sportstadion. Doch eine Frage ist im Kanal aus 2600 Betonelementen seit der Premiere des Strassenrennens unbeantwortet geblieben: Wie wirkt sich das Licht aus, wenn es regnet?
Gegen Abend und in der Nacht ist auch an den kommenden Tagen stets mit Gewittern zu rechnen, die Wetterprognosen in Singapur schauen immer gleich aus. Dazu die gewohnt hohen Temperaturen, selbst Nachts kann es durchaus mal an die 30 Grad haben, hohe Luftfeuchtigkeit (70% aufwärts), kaum Ruhepausen für die Fahrer – kein Wunder, bezeichnen viele von ihnen das Rennen als das vielleicht Anstregendste des ganzen Jahres.
Die Eckdaten zur Erinnerung: 60 Runden im Gegenuhrzeigersinn (was die Nackenmuskulatur der Fahrer noch mehr belastet), 23 Kurven, 16 Bremszonen (ein Fünftel der Runde verbringt der Fahrer auf der Bremse), also hoher Bremsverschleiss, ein krasser Gegensatz zum Highspeed-Kurs Monza, nicht nur der Abtriebswerte wegen – hier geben die Fahrer nur 45% einer Runde Vollgas (im Jahresmittel sind es 62%, in Monza sind es 75%).
Überholen ist nicht einfach, zahlreiche Unfälle haben bewiesen: wer vom Gegner keinen Goodwill erhält, landet schon mal in einer Mauer oder im Prallschutz. Wir haben eine Safety-Car-Wahrscheinlichkeit von 80%. Pirelli hat die extraweiche und die weiche Mischung mit, wie üblich auf Strassenkursen, wo viel mechanischer Grip gefragt ist, erwartet werden zwei bis drei Stopps, wobei gut zu überlegen ist, ob der Vorteil von frischeren Reifen den Nachteil eines Boxenbesuchs wettmacht – Zeitverlust hier in der Boxengasse: rund 28 Sekunden, denn sie ist mit 400 Metern ordentlich lang.
Aber selbst wenn in Sachen Strategie alles richtig gemacht wird: gegen zwei Einflüsse kann der cleverste Rennstratege nichts machen – gegen den Regen und gegen den Smog.
Wie Regen Training und Rennen beeinflussen könnte, wissen wir nicht: Bislang hat es weder in einem freien Training zum noch im Singapur-GP je geregnet, höchstens davor oder danach. Wenn es dann aber mal schüttet, dann in der Intensität, die wir auch aus Malaysia kennen.
Das andere Problem macht den Menschen in Singapur mehr zu schaffen – in Indonesien werden gewaltige Gebiete abgefackelt, um Platz für Landwirtschaft zu erhalten, das führt zu enormen Smogwolken, die nach Singapur ziehen. Nach dem Verschmutzungs-Index des Stadtstaats wird die Luft derzeit als «ungesund» eingestuft, in niedriger bis mittlerer Stufe.
Was die Stufe hoch bedeutet, wissen die Singapurer vom Juni vergangenen Jahres: es gab Wochen, da traten die meisten von ihnen nur noch mit einer Atemschutzmaske ins Freie. Die Frage ist: Wie kann der Rauch aus Indonesien das Rennen in Singapur beeinträchtigen?
Steve Slater als Sprecher der GP-Organisatoren sagte darauf vor einem Jahr in einer ähnlichen Smog-Situation: «Wir haben für solche Fälle verschiedene Notfallszenarien vorbereitet. Wir arbeiten da eng mit den betreffenden Staatsbehörden zusammen. Aber ich kann mir nur zwei Gründe vorstellen, die den Rennbetrieb beeinträchtigen würden – wenn die Sicht für die Fahrer schlecht oder die Gesundheit aller Menschen gefährdet wäre.»
Diese Notfallszenarien schliessen die Verwendung von Ventilatoren ein und das Verteilen von N95-Masken (die so heissen, weil sie 95 Prozent schmutziger Luftpartikel filtern).
Im letzten Jahr hatten wir ein ähnliches Szenario wie jetzt: Dann aber hat der Wind gedreht, in der Nacht auf Mittwoch verbesserte sich der Luftverschmutzungswert markant, denn gewaltige Regengüsse reinigten die Luft.
Zu unterschätzen ist der Smog nicht: In der vergangenen Woche wurden einige Sportveranstaltungen wegen gesundheitlicher Bedenken abgesagt.