Billig-Turbo abgelehnt: Wie soll es weitergehen?
Der 2015er Formel-1-Motor von Renault
Die Motorensituation in der Formel 1 wird immer komplizierter. Wie es abzusehen war, brachten Jean Todt (Präsident des Automobil-Weltverbands FIA) und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone in der so genannten Strategiegruppe den Plan durch, ab 2017 einen Alternativ-Motor einzuführen. In der Strategiegruppe hat im Dreieck FIA, FOM (Formula One Management, vertreten durch Ecclestone) und Teams jede Partei sechs Stimmen. Da Todt und Ecclestone bei den Motoren gleich denken, hatten die Teams keine Chance den Billig-Turbo zu blockieren – 12:6 Stimmen.
Für die beiden mächtigsten Männer im Motorsport sind weniger kostspielige Motoren elementar. Todt schwebt ein Motor vor, der zwischen sechs und sieben Millionen Euro pro Saison kostet, heute bezahlen einige Teams bis zum Dreifachen für die V6-Turbo mit Mehrfach-Energierückgewinnung.
Bereits haben Ilmor, AER und Mechachrome beim Autoverband ihr Interesse bekundet, einen günstigen Turbomotor ab 2017 anzubieten.
Auf einer zweiten Ebene geht es darum, die Macht der Motorenhersteller zu brechen: Todt hat es bei der Einführung der neuen Turbo-Generation verpasst, einen Kostendeckel einzuführen. Und es wurde ebenfalls nicht beachtet, den Herstellern aufzuzwingen, eine Mindestanzahl von Teams zu beliefern. So konnte die Formel 1 in die Situation schlittern, dass Red Bull für 2016 ohne Motoren da steht.
Im Rahmen der Formel-1-Kommission (Zusammensetzung: Siehe weiter unten «Formel-1-Entscheidungsfinden: So geht es») ist die kostengünstige Motorvariante (2,5-Liter-V6 Turbo ohne Energierückgewinnung) abgeschmettert worden. Hier hätten Todt und Ecclestone 18 von 24 Stimmen gebraucht.
Wie soll es nun weitergehen?
Es gibt mehrere Lösungswege. Todt und Ecclestone könnten argumentieren, es gehe um den Fortbestand der Formel 1, damit liege ein Fall höherer Gewalt vor. In solchen Fällen kann die FIA mit Vorschlägen direkt an den Weltrat gelangen – unter Missachtung einer Entscheidung der Formel-1-Kommission.
Um dies zu verhindern, müssten die Motorenhersteller in die Knie gehen. Wenn sie bei den heutigen Triebwerken bleiben wollen, müssen sie mit den Preisen runter und zustimmen, mehr Rennställe zu beliefern.
Denkbar ist auch, dass ein Kompromiss gefunden wird: Die heutige Motorenformel bleibt 2016 und 2017, um 2018 dann einen neuen Motor einzuführen, weniger komplex, daher auch weniger kostspielig.
Formel-1-Entscheidungsfindung: So geht es
Wie läuft das eigentlich mit Vorschlägen in der Formel 1? Die Ideen der Strategiegruppe gehen an die Formel-1-Kommission. Die hat nur die Möglichkeit, einen Vorschlag abzunicken oder abzulehnen.
Über die gegenwärtige Zusammensetzung der Kommission ist im FIA-Reglement nichts zu finden. Einst bestand sie aus: einem Vertreter von «Formula One Management» (also Bernie Ecclestone) sowie der FIA (üblicherweise der Präsident), aus Vertretern aller Rennställe, aus sechs Rennpromotern (drei aus Europa, drei aus Übersee), die von FOM aufgestellt werden, aus zwei Vertretern von Rennstrecken (eine aus Europa, eine aus Übersee), von den Teams ernannt, dazu aus Repräsentanten des Reifenherstellers (also Pirelli), der Motorenhersteller sowie der Sponsoren (zwei, aus verschiedenen Marktbereichen). Somit kamen wir ungefähr (abhängig von der Anzahl Teams) auf ein Gremium von 24 Fachleuten.
Allerdings haben wir nicht eine Stimme pro Vertreter. Es gibt immer zwölf Team-Stimmen, ungeachtet dessen, ob wir nun zwölf Rennställe haben oder nur zehn. Wenn von diesen zehn eine interne Abstimmung zum Beispiel 6:4 ausgeht, so werden die restlichen Stimmen zur Mehrheit addiert (8:4).
Ist in der Kommission ein Vorschlag gutgeheissen, geht der zum Abnicken an den so genannten Weltrat der FIA, gebildet aus Vertretern der Autoklubs aus aller Welt. Hier könnte die FIA eine Idee blockieren. Das kommt zwar selten vor, ist aber in Sonderfällen möglich.