Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Quali-Witz China: Welcher neue Irrsinn kommt heute?

Von Mathias Brunner
Jean Todt und Bernie Ecclestone: Wissen Sie noch, wo es lang geht?

Jean Todt und Bernie Ecclestone: Wissen Sie noch, wo es lang geht?

​Heute wird eingeleitet, in welcher Forma am 16. April in Shanghai das Abschlusstraining gefahren werden soll. Rechnen Sie mit dem Schlimmsten.

Heute wollen FIA-Präsident Jean Todt und Bernie Ecclestone den elf Rennställen vorschlagen, wie in Sachen Abschlusstraining weiter vorgegangen werden soll. Das Motto unter den Fans ist: Wir hoffen auf das Beste, wir erwarten aber das Schlimmste.

Denn Todt und Ecclestone haben in der Bahrain-Sitzung am Sonntag vor dem Grand Prix den elf ernüchterten Teamchef klargemacht: Es gibt keine Rückkehr zum 2015er System. Viele Formel-1-Fans haben sich in den sozialen Netzwerken den Ärger von der Seele geschrieben, aber ihre Wünsche werden ebenso ignoriert wie jene der Teams.

Die Zahlen variieren ein wenig, aber die meisten Umfragen von Webpages oder auf Internetforen ergeben ein ähnliches Bild: 70 bis 80 Prozent der Fans wollen zurück zum Abschlusstrainingsformat von 2015 – mit den bekannten drei Quali-Segmenten.

Maximal jeder zehnte Formel-1-Fan könnte noch mit einem (wenn auch geänderten) Ausscheidungsverfahren leben. Die Eliminierung wurde ohne Not von Todt und Ecclestone zur Saison 2016 hin eingeführt. Es ist jenes System, bei welchem nach einer gewissen Zeit immer der Letztplatzierte ausscheidet. In Melbourne und Bahrain hat sich gezeigt: Es funktioniert so nicht.

Da bekommt sogar noch die Idee mehr Zustimmung, die Startaufstellung gleich umzustellen, so wie es Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone vorschwebt. Doch das widerstrebt vielen langjährigen Fans, weil sie völlig richtig argumentieren: Sinn und Zweck eines Abschlusstrainings sollte es doch sein, den schnellsten Mann auf der Pole-Position zu haben. Sonst können wir ja gleich Lose ziehen.

Am wenigsten Zustimmung erhält die neue Schnapsidee von Jean Todt, die Eliminierung zu behalten, aber dabei nicht die schnellste Runde zu zählen, sondern die zwei schnellsten. Zusammengezählte Zeiten hatten wir schon vor elf Jahren, das unbeliebte System wurde nach einem Saisondrittel gekippt.

Zu umgedrehter Aufstellung und zum Zusammenzählen hat Ferrari-Star Sebastian Vettel klipp und klar gesagt: «Dann sind wir jetzt endgültig im Zirkus angekommen.»

Was bei der ganzen Diskussion untergeht: Australien und Bahrain haben – aus unterschiedlichen Gründen – unterhaltsame Rennen geboten. SPEEDWEEK.com hat viele Zuschriften von Lesern erhalten, die fragen: «Wieso wird weiter am Quali-Format herumgemurkst, wenn doch die Grands Prix guten Sport bieten?»

Antwort: Weil es hier längst nicht mehr um Sport geht, sondern um Sportpolitik.

Das Gezerre um das Trainingsformat ist keine Frage von Sport oder Show, von Sammelzeiten oder Eliminierung – es ist ein Kampf um die Macht, nichts anderes.

FIA-Chef Jean Todt hat davon gesprochen, dass ihm in vielen Belangen die Hände gebunden seien, das sei nun mal so in einer Demokratie. Aber die Wahrheit ist: Wir haben nur eine Scheindemokratie.

Todt und auch Ecclestone nutzen es immer wieder geschickt aus, dass die Rennställe untereinander futterneidisch und stutenbissig sind. Für viele Entscheidungen ist es zum vornherein klar, dass Vorschläge nicht durchkommen werden, weil eine Einigkeit unter den Rennställen so selten ist wie Regen in Bahrain.

Und sollten die Teams denn mal tatsächlich füreinander einstehen, dann ist die heute Entscheidungsstruktur mit Strategiegruppe, Formel-1-Kommission und FIA-Weltrat so geformt, dass Team-Ideen mühelos unterdrückt werden.

Der anhaltende Quali-Witz ist das beste Beispiel, dass die elf Rennställe letztlich zahnlos sind. Und das sollen sie auch bleiben. Weil sonst FIA und Rennpromoter Bernie Ecclestone nicht mehr machen könnten, was sie wollen.

Es hat den mächtigsten beiden Männern im Sport schon gereicht, dass sich die FIA von den Motorherstellern in den Schwitzkasten nehmen liessen, was Art, Preis und Verteilung der neuen Turbomotoren betraf.

Jean Todt beteuert, viele Entscheidungen seien nicht von ihm gefällt worden, sondern von seinem Vorgänger Max Mosley. Der Engländer hatte eine machtvollen Position, eine Strategiegruppe gab es damals nicht. Aber ob man Mosley und Ecclestone nun mochte oder nicht, die Regierung des Sports hat besser funktioniert als heute.

Dann wurden Strukturen eingeführt, die – so gibt Todt zu – aufgrund des Concorde-Abkommens (jener komplexe Vertrag, der die sportlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen FIA, Formula One Management mit Ecclestone und den Teams regelt) frühestens 2020 geändert werden kann.

Die FIA ist damit eine Gefangene der eigenen Regeln.

Die Teams haben sich wissentlich auf Verträge eingelassen, die sich zu Papiertigern macht, was die Regeln anbelangt. Und Bernie Ecclestone hat einer britischen Journalistengruppe in Bahrain gesagt: «Vielleicht sollte es wieder so sein, dass die FIA einfach Regeln vorgibt, und wer mitmachen will, der schreibt sich eben für die WM ein. Vielleicht sollte man sie gar nicht um ihre Meinung bitten.»

Und so wird es auch heute darauf hinauslaufen, dass die Rennställe nur vordergründig eine Wahl haben, wenn es um das Quali-Prozedere gibt.

Wissen Sie noch, wie Sebastian Vettel das gut verglichen hatte? «Ich bin so enttäuscht wie jeder, den ich kenne, dass wir in Sachen Qualifying nicht zurück zum alten System sind. Ich bin wirklich überrascht. Aber lass es mich so sagen: Du verkaufst Eis, und deine Sorte im Angebot ist Vanille. Alle, die in deinen Laden kommen, wollen aber Schokoladen-Eis. Am nächsten Tag machst du den Laden wieder auf, und was bietest du an? Genau, erneut Vanille! Normalerweise würde man sich aber danach richten, was die Kunden wollen. Da macht doch jemand einen schlechten Job, wenn hier genau das Gegenteil getan wird. Darauf dürfen wir nun wirklich nicht stolz sein.»

Heute wird es so sein: Fans und Fachleute wollen noch immer Schokolade. Aber zur Abstimmung bringen Todt und Ecclestone den Rennställen wohl Vanille und Erdbeere.

Formel-1-WM

20. März: Australien (Melbourne) – Sieger: Nico Rosberg (D)
3. April: Bahrain (Sakhir) – Sieger: Nico Rosberg (D)
17. April: China (Shanghai)
1. Mai: Russland (Sotschi)
15. Mai: Spanien (Barcelona)
29. Mai: Monaco (Monte Carlo)
12. Juni: Kanada (Montreal)
19. Juni: Europa (Aserbaidschan, Baku)
3. Juli: Österreich (Spielberg)
10. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
24. Juli: Ungarn (Budapest)
31. Juli: Deutschland (Hockenheim)
28. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
4. September: Italien (Monza)
18. September: Singapur
2. Oktober: Malaysia (Sepang)
9. Oktober: Suzuka (Japan)
23. Oktober: USA (Austin)
30. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
13. November: Brasilien (Sao Paulo)
27. November: Abu Dhabi (Insel Yas)

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