Warum die Formel-1-Regeln geändert werden müssen
Allan McNish: «Damals hatten die Fahrer noch richtig Respekt vor ihren Autos»
Dass Mercedes-Motorsportdirekor Toto Wolff im Fahrerlager von Shanghai laut darüber nachdachte, die für 2017 geplanten Regeländerungen zu kippen, weil die unterhaltsamen Rennen in diesem Jahr bewiesen haben, dass die Formel 1 gar kein neues Reglement brauche, sorgte aus gutem Grund für Wirbel.
Seit Monaten streiten die Entscheidungsträger der Rechteinhaber, Rennställe und des Automobilweltverbands FIA über die Zukunft der Formel-1-WM, die – darin ist man sich zumindest schon seit längerer Zeit einig – spektakulärer, attraktiver und lauter werden soll. Dennoch deutete Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff im Fahrerlager von China an, dass die unterhaltsamen Rennen 2016 ein Beweis dafür seien, dass die Formel 1 gar kein neues Reglement brauche.
Das sieht Allan McNish anders. Der frühere GP-Pilot erklärt: «Die Formel-1-Chefs hatten gute Gründe, sich für eine umfassende Regeländerung stark zu machen. Ein Grund war etwa, dass die Fahrer am Steuer mehr gefordert werden sollen. Und dass die Autos schneller und attraktiver als es die heutigen Renner sind. Man will wieder zu den Top-Zeiten von 2004 und 2005 zurückkehren.»
Der dreifache Le-Mans-Sieger erinnert sich: «Damals hatten die Fahrer noch richtig Respekt vor ihren Autos. Jedes Mal, wenn sie ins Cockpit stiegen, wurden sie bis zur Belastungsgrenze gefordert. Das ist heute nicht mehr so. Mercedes hat auch darauf hingewiesen, dass die Qualifying-Zeiten auf dem Niveau von 2004 und 2005 sind. Das stimmt zum Teil. In Bahrain wurde mit der Pole-Runde eine neue Rekordzeit aufgestellt, und in Australien war man nur drei Zehntel vom Rekord entfernt.»
McNish weiss aber auch: «In China war das aber nicht der Fall, dort war die Pole-Zeit noch drei Sekunden langsamer als der Rekord. Das ist so, weil sich die Power auf dem Rundkurs von Shanghai am wenigsten in der Rundenzeit spiegelt, auch wenn die Geraden lang sind. Dort machen die Formel-1-Autos von heute auch die grössten Teil der Zeit auf die Rekorde von vor zehn Jahren wett. Das ist beachtlich, doch in den Kurven sind sie deutlich langsamer als die Renner von damals.»
McNish rechnet vor: «In den Rennen zeigt sich ein deutlicheres Bild, denn dort müssen die Fahrer die Pirelli-Reifen schonen, um über die Runden zu kommen. Wenn man die schnellsten Rennrunden von heute mit den Rekord-Rennrunden vergleicht, dann sieht man, dass die GP-Stars in Australien ganze 4,9 Sekunden langsamer waren, in Bahrain beträgt der Unterschied zur Rekord-Rennrunde 3 Sekunden und in China sogar 7,6 sec.»
Deshalb kommt der 46-jährige Schotte zum Schluss: «Kurz gesagt: Die Gründe für die Regeländerungen sind immer noch dieselben geblieben und so relevant wie eh und je.»