Monaco-GP: Missverständnis kostet Ricciardo Sieg
Zu Rennbeginn führte Daniel Ricciardo das Rennen noch vor Lewis Hamilton an
Zehn Minuten vor dem GP-Start gab FIA-Rennleiter Charlie Whiting bekannt, dass die Formel-1-Piloten den prestigeträchtigen Monaco-GP hinter dem Safety-Car in Angriff nehmen mussten. Das war für Pole-Setter Daniel Ricciardo natürlich eine gute Nachricht, und auch Safety-Car-Pilot Bernd Mayländer durfte sich – pünktlich zu seinem 45. Geburtstag – über ein paar Runden auf dem altehrwürdigen Asphalt freuen.
Kein Glück hatte Daniil Kvyat, der gleich nach dem Start verzweifelt funkte: «Ich stecke in konstanter Geschwindigkeit fest!» Nach einem langen Besuch an der Box und einem Lenkrad-Wechsel beklagte sich der junge Russe erneut über das gleiche Problem, verzichtete jedoch auf einen weiteren Besuch an der Box, was vermuten liess, dass sich seine Sorgen doch in Luft aufgelöst haben.
Keine Freude an der Schleichfahrt hatte Renault-Pilot Kevin Magnussen. Der schnelle Däne funkte: «Die Strecke ist bereit, wir können nun endlich loslegen», und auch Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton liess sein Team wissen: «Die Sicht wird nicht besser, wir sollten jetzt endlich das Rennen starten.»
Die Rennkommissare erfüllten diesen Wunsch und liessen Mayländer nach der siebten Runde wieder an die Box abbiegen. Kaum war das Rennen wieder freigegeben, bog Magnussen an die Box ab, um sich Intermediates geben zu lassen. Währenddessen steuerte sein Renault-Teamkollege Jolyon Palmer seinen Dienstwagen auf der Start-Ziel-Geraden in die Leitplanken, weil er im falschen Moment beschleunigte.
«Da konnte er nicht viel machen», kommentierte Ex-GP-Pilot und Sky Sports F1-Experte Martin Brundle. Die Experten im Pressesaal von Monte Carlo sahen das etwas anders. «Ein Anfängerfehler», waren sich die meisten einig. Nachdem die Streckenposten alle Trümmer von der Piste geräumt hatten, durften die Formel-1-Stars wieder Gas geben.
Aus für Ferrari-Star Kimi Räikkönen
Einige Piloten nutzten die Chance, um auf Intermediates zu wechseln – und wurden für ihren Mut belohnt: Erst drehte Jenson Button im McLaren-Honda die bis dato schnellste Rennrunde, dann Magnussen und schliesslich Sauber-Pilot Felipe Nasr, der kurz darauf Ausgangs des Tunnels ein Trümmerteil überfuhr.
Dieses hatte Kimi Räikkönen liegen gelassen, als er in der elften Rennrunde in der Haarnadel-Kurve die Mauer küsste und dabei auch Romain Grosjean blockierte. Der Haas-F1-Pilot schimpfte: «Was macht Kimi da? Er behindert mich.» Der Genfer konnte im Gegensatz zum Finnen aber weiterfahren.
Während Ricciardo an der Spitze davonzog, schnappte sich Hamilton in Runde 16 die zweite Position von seinem Mercedes-Teamkollegen Nico Rosberg, der grosszügig Platz machte. Auch Verstappen begeisterte in der Folge mit einigen schönen Überholmanövern: In Runde 19 zog er in der Schikane an Nasr vorbei, eine Runde später war Magnussen auf Position 14 dran. In Runde 21 musste schliesslich Valtteri Bottas daran glauben.
Damit war der Spanien-GP-Sieger aber noch lange nicht fertig: Während Toro Rosso-Rückkehrer Daniil Kvyat mit einem übermotivierten Manöver sowohl sich als auch Magnussen in der St. Devote-Kurve in die Mauer drückte (für den Russen war das Rennen gelaufen, während der Däne fluchend weiterfahren durfte), schnappte sich Verstappen auch Altmeister Jenson Button. Somit hatte sich der 18-Jährige, der aus der Boxengasse gestartet war, auf die zehnte Position vorgearbeitet.
In der gleichen Runde bog Leader Ricciardo an die Box ab, um sich Intermediates zu holen. Hamilton blieb auf den Regenreifen draussen – und war damit der einzige Pilot neben Manor-Fahrer Pascal Wehrlein, der noch nicht auf die grün markierten Reifen für Mischverhältnisse gewechselt hatte.
Max Verstappen in den Leitplanken
Während Hamilton das Rennen anführte, gab Ricciardo, der auf Position 2 wieder auf die Strecke zurückgekommen war, richtig Gas. Schnell hatte der Red Bull Racing-Pilot wieder auf den Mercedes an der Front aufgeschlossen, worauf er dem Weltmeister im Nacken sass. In der 31. Runde bog Hamilton schliesslich an die Box ab. Der 31-jährige Brite holte sich die ultraweichen Reifen – wie schon Sauber-Pilot Marcus Ericsson nur wenige Minuten zuvor.
Auch Ricciardo liess sich Slick-Reifen geben – allerdings die superweiche Mischung. Weil die Reifen nicht bereit waren, musste der Australier viel Geduld aufbringen, bis er wieder auf die Strecke durfte – und er musste sich hinter Hamilton wieder einreihen. Red Bull Racing meldete kurz darauf: Ein Missverständnis führte zur verhängnisvollen Zwangspause.
In der Folge sass er dem Weltmeister im Nacken, doch die Jagd fand ein jähes Ende, als sein Teamkollege Verstappen seinen Dienstwagen in Massanet in die Leitplanken setzte.
«Ah, ich hatte einen Crash», meldete der Sieger des vergangenen Rennens, während das virtuelle Safety-Car zum Einsatz kam. Kaum war die Piste von den ärgsten Trümmerteilen befreit und das Rennen wieder freigegeben, sorgte Ricciardo mit seiner Hamilton-Jagd für Aufregung. Der Mercedes-Fahrer musste in der Schikane schliesslich abkürzen, was Ricciardo die Chance gab, seinen Renner neben den Silberpfeil zu setzen.
Hamilton knallte die Tür zu und Ricciardo schimpfte: «Was zum Teufel sollte das?» Auch Brundle ist überzeugt: «Er hätte ihm den nötigen Platz lassen müssen.» Die Rennkommissare kündigten umgehend an, die Szene genauer unter die Lupe zu nehmen, entschieden aber, in dieser Sache nichts zu unternehmen.
Zwei Strafen für Pascal Wehrlein
Wehrlein quälten derweil ganz andere Sorgen. Der 21-Jährige war während der virtuellen Safety-Car-Phase langsamer als die vorgegebene Minimalgeschwindigkeit unterwegs, was die Regelhüter auch auf den Plan lief. Im Gegensatz zum Leader des Rennens hatte der Mercedes-Junior aber kein Glück: Für sein Vergehen wurde ihm eine 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe aufgebrummt. Doch damit nicht genug. Der junge Deutsche ignorierte auch die blauen Flaggen, was ihm eine 10-Sekunden-Zeitstrafe einbrachte.
Nach den ersten 50 Runden führte Hamilton das Rennen immer noch vor Ricciardo, Sergio Pérez, Vettel, Alonso, Rosberg, Hülkenberg, Sainz, Button und Massa an. Hinter der Top-Ten waren Haas-F1-Pilot Esteban Gutiérrez, Bottas, Wehrlein, Grosjean, Nasr, Ericsson und Haryanto unterwegs.
Lange dauerte es nicht, bevor es wieder krachte: Die beiden Sauber-Piloten gerieten in der 50. Runde in der Rascasse aneinander, nachdem Nasr von seinem Team angewiesen wurde, seinen sehr viel schnelleren Teamkollegen vorbeizulassen. Für beide Piloten war das Rennen damit gelaufen.
Eine Schrecksekunde erlebte Gutiérrez an gleicher Stelle. Der Mexikaner schaffte die Kurve nicht ganz, konnte aber eine Einschlag verhindern. Ein Duell über mehrere Rundenlieferte sich auch Alonso und Rosberg im Kampf um Position 5. Der Asturier schaffte es aber, den Lokalmatador hinter sich zu halten.
Acht Umläufe vor dem Ende meldete Alonso: «Da sind einige Regentropfen auf meinem Visier.» Doch der Rennverlauf wurde davon nicht mehr gestört, sodass Hamilton seinen zweiten Monaco-Sieg nach 2008 feiern durfte. Ricciardo, Pérez, Vettel, Alonso, Hülkenberg, Rosberg, Sainz, Button und Massa komplettierten die Top-Ten. Dahinter reihten sich Gutiérrez, Bottas, Wehrlein, Grosjean, und Haryanto ein.
Eine bittere Pille musste WM-Leader Nico Rosberg ganz am Ende noch schlucken: Auf den letzten Metern zog Force India-Pilot Nico Hülkenberg an seinem Landsmann vorbei.