Tronchetti Provera (Pirelli): Ferrari fehlt nur wenig
Die Vertragsverlängerung bis Ende 2019 zwischen der Formel 1 und Pirelli als alleiniger Reifenlieferant war eine Zangengeburt. Serienpromoter Bernie Ecclestone hatte die Verlängerung mit dem Mailänder Traditionsunternehmen schon im Rahmen des Russland-GP vom Oktober 2015 in Sotschi verkündet – in einem Nebensatz, vor laufenden TV-Kameras. Pirelli ist seit der Saison 2011 Exklusivpartner der Königsklasse.
Dann dauerte es jedoch satte siebeneinhalb Monate, bis endlich die Tinte unter dem Vertrag trocken war. Gründe für die Verzögerung: Da in der Formel 1 das Regelwerk umfassend überarbeitet wurde, bestand Pirelli auf gewissen Zielen und Zusicherungen, die im Vertrag festgehalten werden sollten.
Schliesslich sind solche Vertragswerke inzwischen komplexe Berge von Papier, wir sprechen hier von einem mehrere hundert Seiten dicken Abkommen, daneben sind zahlreiche Parteien darin involviert – Pirelli, Bernie Ecclestone als Vertreter der Formel-1-Rechteinhaber, der Autoverband FIA, die Rennställe. Viel Arbeit für Anwälte also. Da sich die Formel 1 innerhalb von drei Jahren weiterentwickelt, entwickelt sich natürlich auch ein Vertrag weiter, auch wenn er nur verlängert werden musste.
In Monaco zeigte Pirelli, wie die Zukunft aussehen kann: anhand eines Schaufahrzeugs mit Reifen der 2017er Dimensionen. Kurz und knackig das Urteil von RTL-GP-Fachmann und Ex-Racer Christian Danner: «Schaut doch geil aus.»
Sie werden im nächsten Jahr vorne sechs und hinten acht Zentimeter breiter. Die Pneus werden vorne 30,5 Zentimeter (statt bisher 24,5) breit sein, hinten appetitliche 40,5 (32,5). Damit wachsen sie um rund 25 Prozent. Testen dürfen sie im ab August Mercedes, Ferrari und Red Bull Racing. Der genaue Testplan steht noch nicht fest.
Marco Tronchetti Provera (68) hat das Ruder von Pirelli 1992 in die Hand genommen. Damals war das Mailänder Traditionsunternehmen mit mehr als einer Milliarde D-Mark verschuldet. Provera brachte es fertig, das marode Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Heute sagt der Italiener den Kollegen der Gazzetta dello Sport: «Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass wir in der Formel 1 bleiben. Für uns ist das ein wichtiges Engagement, eine gewaltige technische Herausforderung, deren Erkenntnisse wir für Produkte der Serienautos nutzen. Die Rückkehr ist für uns ein doppelter Erfolg – wir haben auf die technischen Fragen die richtigen Antworten gegeben, und wir profitieren, was das Image der Marke angeht. Wir setzen im Jahr bei mehr als 250 Rennen unsere Produkte ein, von Argentinien bis in den fernen Osten, kein Reifenhersteller macht mehr als wir.»
«In der kommenden Formel-1-Saison werden die Autos gemäss unserer Berechnungen um 4,5 Sekunden pro Runde schneller, von den Reifen kommen dabei 2,5 Sekunden, von der Aerodynamik die anderen zwei.»
Über die Saison 2016 sagt der Mailänder: «Für mich ist das Comeback von Red Bull Racing die grosse Überraschung – dank aerodynamischer Magie und schönen Fortschritten bei Renault. Ferrari ist da vorne dabei, meiner Meinung nach fehlt nur ein ganz kleines Stückchen zum Sieg, ich hoffe, sie sind schon bald wieder an der Spitze.»