Jolyon Palmer: Lewis Hamilton mit Funkverbot verhöhnt
Jolyon Palmer nimmt den Mund ganz schön voll
Die Formel-1-Champions Fernando Alonso, Sebastian Vettel, Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen haben nach dem Baku-GP Klartext geredet: Die zusammen zehnmaligen Weltmeister finden – Einschränkungen beim Sprechfunk sind reiner Quark.
Irgendwann platzte Kimi Räikkönen beim Strassen-GP von Baku der Kragen. Der Finne herrschte seinen Renningenieur Dave Greenwood an: «Ihr werdet mir ja wohl noch ein einfaches ja oder nein sagen können!» Der Brite antwortete: «Nein, Kimi, tut mir leid.»
Kimi war damit so alleingelassen wie Lewis Hamilton, denn der Autoverband FIA wollte dem Funkgeplauder endlich einen Riegel schieben: In den Köpfen der Fans hatte sich verfestigt, dass die moderne Generation Rennfahrer nicht mehr fähig sei, ein Rennauto alleine zu fahren. Klar ist das Blödsinn. Aber wenn fortlaufend Informationen bezüglich Reifenschonen, Spritsparen, Differenzial- und Motoreinstellungen und dergleichen mehr zu hören ist, dann ist dieser Eindruck nachvollziehbar.
In Baku haben wir die Grenzen des Verbots erlebt. Lewis Hamilton maulte: «Es ging hier noch nicht um Fahrhilfen. Es ging darum, ein technisches Problem zu lösen. Das sollte meiner Meinung nach erlaubt sein. Zudem wäre es auch sicherer gewesen. Ich muss bei Tempo 350 auf mein Display gucken statt auf die Strasse.»
Räikkönen und Hamilton erhielten Rückendeckung von ihren Weltmeisterkollegen Fernando Alonso und Sebastian Vettel. Der Spanier meint: «Für mich hat diese Vorschrift von Anfang an keinen Sinn gemacht. Wir haben hier richtige Raumschiffe, die wir kontrollieren müssen, so hochgestochen ist die Technik, und nun stehen wir in Sachen Informationen ab und an mit null da. Du weisst dann nicht, was mit deinem Rennwagen gerade passiert und welche Lösung du suchen sollst.»
Sebastian Vettel sagt: «Jetzt mal ehrlich – die Einschränkungen sind doch ein Witz, denn was haben sie schon geändert? Es gibt jede Menge Fragen, die ich an meine Jungs hätte, aber ich darf nicht. Umgekehrt gibt es vieles, was meine Techniker mir gerne sagen würden, aber sie dürfen nicht. Ich verstehe den Eindruck, der gegen aussen entsteht, aber es gibt auch ein Gegenargument – ich finde es selber spannend, in Autorennen den Funk zu verfolgen, das ist eine Einschränkung für die Fans. Ich kann mir nicht vorstellen, wieso der Sport durch dieses Verbot besser geworden sein soll.»
Aber nicht alle Piloten sehen das so. Auf dem britischen Sportportal BT Sport hat sich Renault-Fahrer Jolyon Palmer zum Aufreger aus Aserbaidschan geäussert. Der englische GP2-Champion von 2014 kritisiert indirekt seinen Landsmann Lewis Hamilton: «Ich finde die Einschränkung beim Funkverkehr wirklich gut. Einige Leute wissen halt nicht, wie sie die ganzen Motoreinstellungen verändern müssen, dann sind sie eben langsamer. Aber sie sollten das im Griff haben. Wenn du weisst, was dein Auto macht, dann ist die Sprechfunkregel ein Vorteil. Ich glaube ehrlich, dass das für die Formel 1 eine gute Sache ist. Wir Fahrer müssen erheblich mehr darüber nachdenken, was das Fahrzeug macht. Die Techniker sehen zwar, wenn etwas nicht korrekt eingestellt ist, aber sie dürfen dir das nicht mitteilen. Vielleicht können sie dich mit einem Funkspruch in die richtige Lösungsrichtung schubsen, aber mehr ist nicht drin. Ich finde das gut. Sonst sagen einem die Ingenieure alles, was man ihrer Meinung nach machen sollte, und wir Fahrer verkommen zu Robotern.»
Nicht nur Lewis Hamilton kämpfte in Baku mit einer falschen Motoreinstellung, auch Nico Rosberg. Aber weil bei ihm die Ausgangslage anders war, konnte er das Problem schneller lösen.
Jolyon Palmer weiter: «Die Einschränkungen beim Funk begünstigen Variabilität. In Barcelona war Rosberg im falschen Motormodus, Lewis erhielt eine Chance zur Attacke, sie kollidierten. Nach den alten Vorschriften hätten die Techniker das Problem bei Nico früh bemerkt und ihn darauf hingewiesen – wir hätten nicht dieses tolle Duell zwischen Red Bull Racing und Ferrari serviert bekommen, sondern einen langweiligen Doppelsieg von Mercedes-Benz.»
«Wenn ich mich umhöre, dann meine ich zu spüren – die meisten Fahrer halten die Einschränkungen am Funk für eine gute Sache. Es ist wirklich nicht so kompliziert, wie es teilweise dargestellt wird. Das Meiste, was wir am Lenkrad machen, ist reine Routine.»