Marcel Schrötter: «Möchte um den WM-Titel mitkämpfen»
Marcel Schrötter beim Moto2-Test in Jerez mit dem Triumph-Motor
Marcel Schrötter gewann die IDM 125 ccm in den Jahren 2008 und 2009, dazu siegte er in der Achtelliter-Europameisterschaft 2009; bei einem Wildard-Einsatz 2009 in Valencia sorgte er gleich mit Platz 5 für Furore. Denn er fuhr damals eine Honda RS 125R, ein Motorrad, das damals in der WM schon ausgestorben war, Aprilia, Derbi und KTM hatten das japanische Fabrikat verdrängt. Denn Honda hatte die Weiterentwicklung der Zweitakter (125 ccm und 250 ccm) frühzeitig eingestellt – weil schon die Moto3- und Moto2-Viertaktklassen geplant waren. Schrötter fuhr damals in einem deutschen Team, das von Toni Mang, Techniker Sepp Schlögl und Adi Stadler betrieben wurde. Sepp Schlögl hatte 2005 als Crew-Chief von Tom Lüthi noch einmal die 125er-WM für Honda gewonnen.
In der ersten kompletten 125-ccm-Saison 2010 blieb Schrötter meist hinter den Erwartungen. Er hatte das Niveau in der WM unterschätzt und sich vielleicht manchmal zu stark auf sein Talent verlassen. WM-Platz 18 mit 28 Punkten war die nicht gerade hinreissende Ausbeute. Aber der Bayer bekam einen Vertrag beim aufstrebenden Mahindra-Team für die 125er-WM 2011, er schloss sie als 15. mit 36 Punkten ab. Danach begann der Leidensweg mit der Moto3-250-ccm-Einzylinder-Mahindra, die bei Engines Engineering in Italien gebaut wurde, leistungsschwach und extrem unzuverlässig war. Manchmal bildete sich schon beim Aufwärmen des lahmen Motors im Paddock eine Ölpfütze unter dem Motorrad.
Damals tümmelten sich noch einige Bastelfirmen in der neuen Moto3-WM, darunter Neuling Mahindra. FTR und Suter setzten Honda-Motoren ein, auch Chassis-Hersteller wie KRP und FGR kamen zum Zug, Kalex rückte mit KTM-Motoren aus. Iodaracing-Chef Giampiero Sacchi ließ eigene 250-ccm-Motoren bei Robby Motor bauen, sie wurden unter der Bezeichnung Emir eingesetzt, auch Jonas Folger musste sich mit diesen Geschwüren abmühen, nachdem ihn MZ im Februar kurz vor dem Saisonstart vor die Tür gesetzt hatte.
Schrötter wechselte dann in der Sommerpause 2012 von Mahindra (nur vier WM-Punkte in der ersten Saisonhälfte) zum Bimota-Moto2-Team, ehe er in der Mittelgewichtsklasse über Teams wie SAG-Kalex (2013), Tech3 (2014 und 2015), AGR-Kalex (2016) im Jahr 2017 zu Intact GP stieß.
Schrötter siedelte sich 2014 gemeinsam mit Kumpel Jonas Folger nach dessen Moto2-Aufstieg in der Nähe von Girona in Spanien an, um mehr Offroad- und Motorrad-Training machen zu können, auch das Rennrad- und Mountain-Training wurde verstärkt.
Bei den kleinen spanischen Teams und bei Tech3 musste sich Schrötter immer wieder mit unterlegenem Material durchsetzen.
Er punktete auch im Frühjahr 2013 brav, aber er musste im SAG-Team die Reisespesen selber bezahlen und deshalb seinen Renault verkaufen.
Dabei hielt sich Marcel «Celly» Schrötter damals nach drei Moto2-WM-Rennen nach einem 13., 12. und 10. Platz in Doha, Austin und Jerez in der WM-Tabelle mit 13 Punkten an 14. Stelle. Er lag damit dicht hinter Assen wie Zarco, De Angelis, Elias und West. Corsi, Simón, Pasini und di Meglio hatte der Kalex-Pilot in der Tabelle hinter sich gelassen – wie auch der punktelose Landsmann Sandro Cortese.
Dabei verfügte er nicht einmal über aktuelles 2013-Material von Kalex. «Für mich ist noch nicht so entscheidend, ob ich 2013-Material habe oder nicht. Wir sind gut dabei, steigern uns Stück für Stück und kommen der Spitze immer näher», gab er damals bescheiden zu Protokoll.
Auf die Frage, wie es um seinenoch finanzielle Situation bestellt sei, erklärte Marcel Schrötter im Frühjahr 2013 gegenüber SPEEDWEEK.com: «Ich bin einer der Ärmsten im ganzen Fahrerlager... Ich kann mir momentan kaum die Reisekosten leisten. Ich muss sie selber bezahlen. Auch für Übersee, ja. Ich bekomme ein Gehalt von meinem Manager Michael Kories. Das sind 700 Euro, die mir zur Verfügung stehen. Bisher war es einfach schwierig, Geld aufzutreiben. Ich bin froh, dass ich überhaupt fahren kann. Ich kann momentan nicht mehr verlangen. Ohne den Michael wäre ich 2013 überhaupt nicht in der WM. Er hat so viel auf sich genommen... Da kann ich jetzt nicht noch irgendetwas verlangen. Aber wenn wir so weitermachen, wird es uns vielleicht leichter fallen, neue Sponsoren zu finden. Dann schauen wir, dass neben dem Motorradfahren alles ein bisschen besser wird.»
Marcel wohnte damals in Deutschland daheim bei seiner Mutter Roswitha. Und er musste sogar seinen Renault Mègane Sport, Baujahr 2011, zum Verkauf anbieten. «Weil ich die Reisekosten finanzieren muss, brauche ich 10.000 Euro bis zum Saisonende. Schade, ein Superauto, es macht super viel Spaß und ist wie ein Go-Kart zu fahren. Aber momentan ist es wichtiger, dass ich die Kosten für die Reisespesen in Griff kriege», schilderte Marcel damals im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. Als Verhandlungsbasis für sein Fahrzeug nannte er damals 18.000 bis 19.000 Euro.
Bei Dynavolt Intact GP führt Marcel inzwischen ein angenehmeres Dasein, er verfügt über einen XC60 Volvo als Firmenauto.
Inzwischen wohnt er zwar wieder in Deutschland, aber er trainiert oft in Italien oder Spanien, Andorra oder Kalifornien, gilt als ausgezeichneter Motocross-Fahrer und will sich 2019 mit 26 Jahren unbedingt für die MotoGP-Klasse empfehlen.
Da mit Quartararo, Mir, Oliveira und Weltmeister Bagnaia vier schnelle Moto2-Fahrer in die MotoGP-Klasse aufsteigen, traut sich der WM-Achte Schrötter auf der Kalex mit dem Triumph-765-Motor zu, öfter aufs Podest fahren und vielleicht sogar den ersten GP-Sieg feiern.
Marcel, welche Ziel hast du dir für 2019 vorgenommen?
Das Ziel wird sein, um die Meisterschaft mitzukämpfen. Dass wir konstant sind, das wissen wir. Wir müssen aber den Schritt schaffen, öfter aufs Podium zu fahren.
Aber daran werden wir hart arbeiten. Dann wird es das Ziel sein, 2019 auf jeden Fall ganz vorne mitzumischen.
Hast du jetzt einen Zwei-Jahres-Vertrag? Oder nur für ein Jahr?
Ich habe einen Zwei-Jahres-Vertrag, aber mit Option wegen MotoGP.
Wenn für 2010 ein MotoGP-Angebot kommt, könntest du also aussteigen.
Könnte ich, ja.
Du bist 2012 von der Moto3- Mahindra mitten in der Saison in die Moto2-Klasse umgestiegen. 2019 wird erstmals mit den 765-ccm-Dreizylinder-Motoren von Triumph gefahren. Mehr Hubraum, mehr Drehmoment, moderne Elektronik – das ist eine neue Herausforderung, neuer Ansporn und eine neue Motivation?
Ich freue mich, ja, weil es einfach ein Wechsel ist. Denn ich fahre jetzt doch auch schon ein paar Jahre in dieser Klasse. Schon 2012 bin ich ein paar Moto2-Rennen gefahren, seit 2013 bin ich Fixstarter. Jetzt kommt also meine siebte permanente Saison.
Bisher war es jedes Jahr das Gleiche, von den Honda-600-Motoren her sowieso. Und die Motorräder verändern sich ja nur so minimal, dass man es selber gar nicht richtig merkt. Beim Chassis sind es immer nur Kleinigkeiten. Deswegen freue ich mich auf jeden Fall auf den neuen Motor. Wir haben jetzt eine unterschiedliche Power und endlich beim Motor wieder mal was Neues.