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Remy Gardner: «Ich bin bereit für die MotoGP-Klasse»

Von Nora Lantschner
Remy Gardner will nicht länger in der Moto2-Klasse bleiben

Remy Gardner will nicht länger in der Moto2-Klasse bleiben

SAG-Fahrer Remy Gardner verfolgt für die Saison 2021 ein großes Ziel: Der 22-jährige Australier will den Aufstieg in die MotoGP-WM schaffen. Aber die Corona-bedingte Zwangspause erschwert das Vorhaben.

Remy Gardner stand im Vorjahr in Las Termas/Argentinien erstmals in seiner Karriere auf dem WM-Podest. 2020 startete der Kalex-Pilot aus dem Onexox TKKR SAG Team mit Platz 5 in Doha in die Saison, ehe die Coronakrise auch die Motorrad-WM lahmlegte.

Der 22-jährige Australier lebt seit acht Jahren in Spanien, das besonders hart von der Pandemie getroffen wurde: Bisher wurden dort 213.024 Coronavirus-Fälle registriert, 22.157 Menschen starben in Zusammenhang mit Covid-19.

«Mir geht es gut», erzählt Remy Gardner im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Ich lebe in Sitges, 20 Minuten außerhalb von Barcelona. Wir haben hier wie in Italien den Lockdown. Die Leute gehen noch zur Arbeit, aber natürlich nur unter gewissen Auflagen. Ich habe einen Workshop für meine Bikes und solche Dinge, ich habe dort ein Business, daher darf ich von zu Hause dorthin flüchten.» Unter anderem schraubt er dort an einem Oldtimer. «Da baue ich einen neuen Motor ein – mit viel mehr PS. Das ist viel Arbeit, aber so bin ich wenigstens beschäftigt», schmunzelt er.

Wann die WM-Saison 2020 fortgesetzt werden kann, ist derzeit noch nicht klar. Du lebst im schwer getroffenen Spanien, wie schätzt du die Situation ein? Im Kalender sind zwar noch Grand Prix im Juni und Juli angesetzt, aber das ist sehr optimistisch. Manche sprechen von September, auch das Worst-Case-Szenario einer kompletten Absage der Saison muss in Betracht gezogen werden.

Ich glaube, die Dorna macht das so gut, wie es eben geht. Sie machen einen guten Job und helfen den Teams. Das ist großartig, denn es sind harte Zeiten für die Teams, die Mechaniker und auch uns Fahrer.

Juni könnte zu optimistisch sein, Juli… (Er seufzt.) Mit jedem Tag, der kommt und geht, hat man das Gefühl, es dauert noch länger und länger… Und alle zwei Wochen kommt eine neue Anordnung, dass die Ausgangssperre verlängert wird. Und noch einmal zwei Wochen. Da fragt man sich schon: Ist da wirklich ein Ende in Sicht? Es ist sehr hart, vor allem für die Teams. Wie sollen sie den Sponsoren eine Rechnung schicken, wenn die dafür gar kein Geld übrig haben? Wie gesagt, es ist eine schwierige Situation.

Stehst du in Kontakt mit deinem Team?

Ja, mit dem Team-Chef und den Mechanikern, wir sind alle befreundet. Wir stehen in Kontakt, aber sie wissen auch nicht viel mehr als ich. Ich glaube auch nicht, dass Dorna Bescheid weiß. Es hängt wirklich davon ab, wie sich die Lage in den Ländern präsentiert, und das auf der ganzen Welt  und den Einschränkungen, die gelten.

Habt ihr im Team auch schon über die Vertragssituation gesprochen?

Es sieht so aus, als würden sich die Dinge jetzt in Bewegung setzen. Eduardo [Perales] kennt meine Position: Ich will nicht mehr länger in der Moto2 bleiben, ich will in die MotoGP. Er versteht das und ist glücklich. Er will mir zu den bestmöglichen Ergebnisse verhelfen, damit ich in die MotoGP aufsteigen kann.

Also fühlst du dich bereit für den Aufstieg? Hast du nicht das Gefühl, dass du zunächst noch in der Moto2 etwas beweisen musst?

Ich bin bereit.

Spielt dabei auch deine Körpergröße eine Rolle? Du gehörst mit deinen 1,78 m zu den großgewachsenen Fahrern.

Ja. 2020 wäre mein viertes volles Jahr in der Moto2. Jetzt, wo wir wirklich an der Spitze dabei sind, habe ich das Gefühl, dass ich mit meinem Gewicht Schwierigkeiten habe. Wenn man bedenkt, wie eng es in der Moto2 zugeht, dann zählt jedes Detail. Da hilft mein Gewicht wirklich nicht.

In Katar war es in der ersten Hälfte des Rennens ziemlich eindeutig, dass ich mit vollem Tank Probleme bekomme mit dem bisschen zusätzlichen Gewicht. Ich verliere in der Beschleunigung, dann kommen die Jungs in der Bremsphase nah ran, ich werde in Kämpfe verwickelt und verliere zu Beginn des Rennens einfach Zeit. Wenn sich dann alles etwas auseinanderzieht und weniger Sprit im Tank ist, dann kann ich stark zurückkommen. Ich glaube, ich habe da viel Potenzial gezeigt.

Und als Fabio noch in der Moto2 war, habe ich auch mit ihm gekämpft – auf einer Mistral, das war nicht das beste Chassis der Welt.

Meine Größe, mein Gewicht und mein Körperbau passen wirklich zum MotoGP-Bike. Ich bin auch schon mit Superbike-Maschinen gefahren. Vor ein paar Jahren habe ich auch ein IDM-Rennen auf einer R1 bestritten. Sie haben mir eine Standard-R1 gegeben, mit der ich auf dem Sachsenring trainiert habe. Ich erinnere mich, dass ich auf Anhieb eine sehr gute Zeit hatte. Die größeren Bikes passen zu mir und ich habe wirklich das Gefühl, das ich bereit bin.

Du hast Fabio Quartararo angesprochen: Er hat in der Moto2 und Moto3 nie um den Titel gekämpft, in der MotoGP aber gleich im ersten Jahr voll eingeschlagen. Ist er damit vielleicht eine Art Vorbild?

Ja, das gibt Selbstvertrauen. Und es zeigt einem wirklich, welches Level wir in der Moto2 haben. Fabio hat ein Moto2-Rennen gewonnen, in Montmeló... Das Level in der Moto2 ist einfach so hoch, dass vielleicht sechs oder sieben Jungs in die MotoGP aufsteigen und dort extrem gut performen könnten. Natürlich manche mehr als andere – da geht es dann um den Fahrstil, den Körperbau und solche Dinge. Das Problem sind die fehlenden freien Plätze in der Startaustellung!

2020 sollte in dieser Hinsicht eigentlich ein spannendes Jahr sein, denn am Ende der Saison liefen – mit Ausnahme von Tito Rabat – alle Verträge ab. Rins unterschrieb jetzt bei Suzuki, zuvor hatten schon Marc Márquez (Honda) und Maverick Viñales (Yamaha) verlängert, Fabio Quartararo wurde für 2021 ins Yamaha Werksteam befördert. Es sind also noch Plätze frei. Aber wenn keine Rennen gefahren werden, ist es auch schwierig, ein MotoGP-Team auf sich aufmerksam zu machen. Wie willst du dir einen Platz verdienen?

Das ist eine gute Frage. Das ist auch das Erste, das mir durch den Kopf ging, als das alles losging. Wie gesagt, mein Ziel ist es aufzusteigen. Aber wenn keine Rennen gefahren werden, wie kann man sich dann zeigen? Wird Dorna einschreiten und sagen, alles bleibt für 2021 so, wie es ist? Ich weiß es nicht. Das ist hart. Ich weiß auch nicht, ob es die Teams riskieren, einen Moto2-Fahrer nach nur einem Rennen in der Saison 2020 zu verpflichten. Oder werden sie sich frühere Ergebnisse anschauen? Ich weiß es nicht.

Ich habe vor Kurzem einen Artikel gelesen, dass Ducati an Martin interessiert sei. Es könnte sein, dass ein Fahrer seinen Platz verliert, ohne 2020 überhaupt ein Rennen zu fahren. Das könnte passieren. Hoffentlich kann mein Manager einige dieser Türen öffnen.

Seit dem Vorjahr kümmert sich der namhafte Fahrer-Manager Bob Moore, ein ehemaliger Motocross-Weltmeister, um deine Karriere. Gab es schon Gespräche mit MotoGP-Teams?

Nein, im Moment noch nicht. Aber wie gesagt, ich glaube, ich bin bereit.

Schon 2019 fiel dein Namen, als sich die Wege von Johann Zarco und KTM früher als geplant trennten.

Ja, KTM zeigte Interesse. Im Vorjahr fühlte ich mich aber noch nicht bereit. Der Speed war zwar da, wir haben vorne mitgekämpft...

Aber die Beständigkeit fehlte? 2019 gab es für dich in acht Rennen keine WM-Punkte.

Die Beständigkeit – und ich war ein bisschen überwältigt… Ich war vorne dabei, das war alles neu für mich, also wollte ich versuchen, ein Rennen zu gewinnen – und dann war ich ein bisschen übereifrig und habe Fehler gemacht. Ich habe im Winter viel daran gearbeitet.

Ich habe im Dezember auch die ganzen Schrauben und Platten aus meinen Beinen entfernen lassen, das war ein großer Schritt nach vorne. Ich musste eine einmonatige Pause einlegen, konnte zwei Wochen lang nicht laufen. Das war ein bisschen kompliziert, aber jetzt ist alles gut.

Ich habe daran gearbeitet, den Kopf einzuschalten und auf dem Motorrad ein bisschen mehr über Dinge nachzudenken. Ich glaube, das hat sich in Katar und in den Tests gezeigt. Ich bin zuversichtlich, dass es für die MotoGP-Teams genug geben wird, um zu sagen: ‚Er ist bereit für den Aufstieg.‘

Wenn du ein Motorrad für die Rookie-Saison in der MotoGP wählen könntest, welches wäre es?

Ich glaube, jeder würde gerne eine Yamaha haben. (Er lacht.) Der Platz bei Petronas Yamaha ist das goldene Ticket, das alle haben wollen. Aber alle Hersteller in der MotoGP sind großartig. Es wäre einfach ein Traum, dort zu fahren.

Solltest du eine Chance bekommen, wirst du sie also ergreifen, egal bei welchem Team?

Ja, ich würde es tun. Natürlich willst du immer versuchen, das bestmögliche Paket zu bekommen. Aber es wäre einfach ein Traum. Und ich glaube, dass ich auch mit einem weniger konkurrenzfähigen Bike einen ziemlich guten Job machen könnte.

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