Carlos Ezpeleta sieht Zukunft mit weniger Moto2-Teams
Im Grundgerüst der Motorrad-Weltmeisterschaft hat sich eine klare Dreiklassen-Gesellschaft ausgebildet. Die beiden Nachwuchsklassen der Moto3 und Moto2 versorgen die Königsklasse der MotoGP zuverlässig mit neuen Weltklassepiloten.
Streng genommen gibt es eine vierte Ebene – denn unterhalb der Moto3 hat sich der nicht zur Weltmeisterschaft zählende Red Bull Rookies Cup als sehr verlässlichste Talentschmiede erwiesen. In einem Programm, das die Piloten maximal drei Jahre unterstützt, treten 26 Youngster auf identischen KTM-Rennern an.
In der Weltmeisterschaft der Moto3 sind ebenfalls 26 Starter vorgesehen. Das Feld ist gemäß Richtlinie in 13 gleich große Mannschaften aufgeteilt. Weder 1-Mann noch Multi-Teams mit einer Horde von Piloten sind vorgesehen.
Für die besten Racer der 250er-Einzylinder (derzeit liefern nur Honda und KTM käufliche Moto3-Maschinen) führt die Pyramide dann aufwärts in Richtung Moto2. Statt einer Verjüngung der Kapazitäten stehen die Tore offen. Denn in der mittleren WM-Kategorie herrscht mit 15 Mannschaften und 30 Piloten am meisten Betrieb im Fahrerlager.
Übrigens: In Sachen Budget haben sich Moto3 und Moto2 nahezu auf das gleiche Niveau eingependelt. Wesentlichster Grund sind die in der Moto2 verwendeten Triumph-Einheitsmotoren auf Großserienbasis. Auch deshalb ist ein zügiger Wechsel auf den größten Marktplatz im WM-Fahrerlager attraktiv.
Dort angekommen, wird es heftig. Denn sowohl in Hinblick auf Verfügbarkeit als auch auf die Kostenszenarien gibt es ein gewaltiges Delta zur Königsklasse. Die 22 Plätze, verteilt auf elf Mannschaften und fünf Hersteller, sind eine fixe Rechengröße. Da MotoGP-Rechteinhaber Dorna auch mittelfristig keine Erhöhung der Startplätze in der MotoGP vorsieht, wird die andere Seite beleuchtet.
Bereits seit Längerem ist sich das Dorna-Management dem Ungleichgewicht bewusst. Carlos Ezpeleta, als sportlicher Direktor für die Ausrichtung aller WM-Klassen verantwortlich, äußerte sich gegenüber SPEEDWEEK.com exklusiv zu der Verteilung der Startplätze im WM-Fahrerlager.
Keine Umschweife gibt es bei der Ausgangslage. Ezpeleta: «Klar ist, alle drei WM-Klassen genießen bei uns eine hohe Wertschätzung. Zugleich müssen wir durch den Fokus auf die MotoGP das Ziel verfolgen, die Moto2 zu verkleinern und in den Kontext der Moto3 zu bringen. Wir reden dabei von einer langfristigen Anpassung, um der Vision der MotoGP der Zukunft näherzukommen.»
Was übersetzt bedeutet, dass in der perfekten Zusammensetzung 12 Teams mit 24 Athleten aktiv wären. Gleichzeitig ist sich der Spitzenmanager des Ausrichters im Klaren, dass eine Reduzierung der Klasse um drei Mannschaften derzeit nicht oberste Priorität hat.
Carlos Ezpeleta erklärt: «Ich betone, alle Klassen haben einen sehr hohen Stellenwert und wir müssen dieses gewachsene Netzwerk mit großem Respekt behandeln. Ganz praktisch reden wir auch von vielen Arbeitsplätzen. Eine kurzfristige Reduzierung ist nicht in unserem Interesse.»
Der Spanier fügt an: «Zugleich akzeptieren wir derzeit für keine der WM-Klassen neue Anfragen. Um ehrlich zu sein, haben wir laufend Anfragen von neuen Teams und für alle Klassen. Fakt ist aber auch, sollte eines der bestehenden Teams nicht mehr in der Lage sein, die Saison nach den geltenden Kriterien zu bestreiten, dann können wir derzeit keine finanzielle Unterstützung anbieten.»
Dazu ist zu sagen: Die Dorna ist nicht die entscheidende Instanz bei der Auswahl von Moto3- und Moto2-Teamstrukturen. Hauptverantwortlich ist hier die Teamvereinigung IRTA. Das dort ansässige Selektionskomitee bewertet die Leistung und entscheidet über den Verbleib. Anders als in der Königsklasse, in der ein Fünfjahres-Pakt zwischen Hersteller und Ausrichter geschlossen wird, verständigen sich die «Feeder» Klassen auf jährlicher Basis mit der IRTA über die weitere Zusammenarbeit.
Ezpeleta: «Wir sind in Sachen Strategie auf Augenhöhe mit der IRTA und auch in regelmäßigem Austausch mit dem Selektionskomitee. Hier wird über die gesamte Situation beraten. Welches Team im Fahrerlager steht, das entscheidet die Teamvereinigung.»
Mit der Ansage das Moto2-Volumen im Fahrerlager auf Sicht abzulassen, wird der Wettbewerb unter den Teams abseits der Strecke härter. Nur die Mannschaften, die auch wirtschaftlich überzeugen und sich aus eigener Kraft finanzieren können, bleiben überlebensfähig.
Skandale und unlautere Praktiken gilt es mehr denn je zu vermeiden. Um es mit einem Bild zu beschreiben: Aktuell wird kein bestehendes Team von Bord gestoßen – doch rutscht eine Mannschaft auf Deck aus – der Griff nach der helfenden Hand könnte ins Leere gehen.