Stefan Keckeisen (Intact): «MotoGP-WM ist Illusion»
Das deutsche Dynavolt Intact-GP-Team geht in die vierte Moto2-WM-Saison, erstmals mit zwei Fahrern, denn neben Sandro Cortese wurde der letztjährige WM-Sechste Jonas Folger verpflichtet.
Hauptsponsor Dynavolt hat den Vertrag um drei weitere Jahre bis Ende 2018 verlängert, das Jahresbudget wurde auf 2,1 Millionen Euro erhöht.
Im Gespräch mit SPEEDWEEK.com nimmt Teamteilhaber Stefan Keckeisen, Besitzer der Firma Keckeisen Akkumulatoren (mit der Batteriemarke Intact) in Memmingen, zu den Zielen für 2016 Stellung.
Stefan, die Testfahrten sind für die zwei Fahrer recht vielversprechend verlaufen. Die zwei Fahrer haben 2015 insgesamt fünf Podestplätze (Folger 4, Cortese 1) erzielt. Wo liegt die Messlatte für die kommende Saison?
Zuerst war es der logische Schritt, dass wir unser Team auf zwei Fahrer verstärkt haben. Ja, das Ziel muss sein, dass wir möglichst viele Podestplätze einfahren, denn jetzt haben wir die doppelte Kraft. Jetzt können wir zweimal agieren, das ist gut für unsere Sponsoren. Wir haben mehr Möglichkeiten und müssen sie auch ausschöpfen.
Wir wollen natürlich so weit wie möglich nach vorne kommen.
Es gibt viele Titelanwärter – von Lowes über Rins bis zu Zarco und Tom Lüthi. Auch Axel Pons, Baldassari und Aegerter sind stark. Technik-Direktor Jürgen Lingg traute Folger und Cortese für den Jerez-Test vor einer Woche zu, unter die Top-5 zu fahren. Sie landeten auf den Rängen 8 und 9. Sind eure Erwartungen zu euphorisch?
Nein, ich glaube, das ist unsere Richtlinie. Wir müssen die Top-5 als Ziel haben. Klar, die Konkurrenz ist brutal. Aber unser Ziel ist es, bei den Tests unter die ersten fünf zu kommen – mit beiden Piloten.
Marc VDS hat bisher keinen Titelanwärter. Kann das Intact-Team hinter der Pons-Truppe mit Titelfavorit Rins 2016 das zweitbeste Team werden? Oder sogar die Nr. 1 bei den Teams?
Na gut, das ist natürlich schwierig. Ich glaube, dass Marc VDS mit den zwei Fahrern Alex Márquez und Franco Morbidelli wieder gut abschneiden wird.
Morbidelli hat letztes Jahr schon gezeigt, was in ihm steckt, bevor er sich verletzt hat. Márquez ist jetzt das zweite Jahr in der Moto2 dabei. Wir schauen, dass wir als Team wirklich gut auftreten und ein Wörtchen mitsprechen können.
Die Tests sind bisher sehr vielversprechend verlaufen. Kann das Team um den Titel fighten? Können deine Fahrer um den WM-Titel fighten? Das war ja eigentlich mit Sandro Cortese schon für 2015 vorgesehen?
Richtig, das Ziel ist es immer, um die WM zu kämpfen. Deshalb treten wir ja an, weil wir dieses Ziel irgendwann einmal erreichen wollen. Ob wird das jetzt in dieser Saison schaffen oder in der nächsten... Ich hoffe, dass wir ganz gut pushen werden. Für uns geht es ganz gut los. Unsere Fahrer lieben Strecken wie Katar und Jerez, dort sind beide richtig gut. Jonas hat letztes Jahr in Katar und Jerez gewonnen. Sandro ist in Katar immer stark, in Jerez auch.
Wenn wir am Anfang gut dabei sind, ist alles möglich.
Das Dynavolt Intact-Team gilt vom ersten Tag als finanzstark. Die Technik hat Jürgen Lingg glänzend im Griff. Trotzdem liessen die Ergebnisse bisher zu wünschen übrig. Habt ihr analysiert, warum Cortese die Erwartungen nicht erfüllt hat?
Jetzt weht wieder ein bisschen ein frischer Wind. Mit Crew-Chief Lucio Nicastro hat Sandro einen neuen Techniker zur Seite. Wir müssen gucken, welche Ideen er noch mit reinbringt.
Bei Sandro hat man in der Vergangenheit schon gesehen, dass er vielleicht ein, zwei Jahre länger braucht, bis er sich 100-prozentig an die Klasse gewöhnt hat. Er hat ja immer wieder gezeigt, dass er richtig schnell sein kann.
Es fehlt einfach noch die Konstanz. Wenn er die Beständigkeit findet, kann ich mir schon vorstellen, dass 2016 sein Jahr wird.
Aber du warst 2015 oft arg enttäuscht und richtig sprachlos?
Gut, die Enttäuschung war manchmal absolut da. Aber in Japan, wo wir gar nicht damit gerechnet haben, sah es dann wieder ganz anders aus, dort ist Sandro auf Platz 3 gefahren. Er hat dort wirklich ein tolles Rennen gezeigt. Das hat uns unheimlich gefreut.
Er muss einfach Konstanz einkriegen. Ich glaub dran, dass der Sandro das noch packt.
Vor einem Jahr wurde bei Intact vom Titelkampf gesprochen, im Sommer lag Sandro Cortese auf dem 17. WM-Rang. Da waren bei euch lange Gesichter zu sehen?
Ja, klar, da gab es lange Gesichter. Wir haben uns dann auch viele Gedanken gemacht und überlegt, was wir noch anders machen können. Jürgen Lingg hat noch ein paar Ideen, wie er das Team zusammenschweissen kann, damit wir den nächsten Schritt machen können.
Sandro hat oft im Rennen schlechter abgeschnitten als im Training, bei Jonas Folger ist es umgekehrt. Was erwartest du konkret von ihm?
Der Jonas muss sich wohl fühlen im Team. Das haben wir schon gesehen im letzten Jahr. Wir haben ihn ja schon etwas beobachtet. Wenn wir bei ihm die nötige Konstanz reinkriegen, dann kann er ganz vorne reinfahren. Dann wir das eine Top-Geschichte. Denn schnell ist er, das ist unbestritten. Er kann vom Speed her mit allen mithalten.
Nach einer erfolgreichen Moto2-Saison will Jonas Folger 2017 natürlich in die MotoGP-WM. Ist die Königsklasse für Intact immer noch ein Fernziel? Oder kriegt man jetzt in dieser geschlossenen Gesellschaft keinen Platz mehr?
Man weiss ja nie, was alles kommen wird, aber im Moment ist die MotoGP-WM für uns Illusion. Wir konzentrieren uns auf die Moto2 und freuen uns, dass wir jetzt eine so tolle Fahrerpaarung zusammengekriegt haben. Die Moto2 ist vorerst einmal unser vorrangiges Ziel.
Wir wollen jetzt hier etwas erreichen, da geben wir alles dran.