KTM in der MotoGP: Jetzt spricht Kinigadner

Lin Jarvis (Yamaha): «Ich unterschätze Ducati nicht»

Von Günther Wiesinger
Lin Jarvis verrät, dass Neuling Maverick Viñales auch bem Sepang-Test im November an beiden Tagen Schnellster war – wie in Valencia. Der Yamaha-Teamchef traut ihm den MotoGP-Titel zu; Márquez, Rossi und Lorenzo auch.

Lin Jarvis, Managing Director bei Yamaha Factory Racing, agiert seit 1999 in der Königslasse für den japanischen Hersteller in leitender Funktion.

Die Yamaha-Mannschaft hat 2015 mit Jorge Lorenzo und Valentino Rossi die Fahrer-WM, Team-WM und Konstrukteurs-WM gewonnen, 2016 abermals die Konstrukteurs-WM.

Für 2017 peilt Yamaha wieder alle drei Weltmeisterschaften an. Für diesem Zweck hat Yamaha mit Rossi (38) den ältesten Fahrer unter Vertrag, der seine insgesamt zwölfte MotoGP-Saison mit Yamaha in Angriff nimmt, Maverick Viñales (22) seine erste.

Jarvis findet nur lobende Worte über Neuzugang Viñales, der beim Valencia-Test gleich an beiden Tagen die Bestzeit fuhr.

«Unser erster Eindruck von Maverick war recht gut. Sein technisches Feedback an die Ingenieure war sehr akkurat, sehr genau, das ist extrem hilfreich. Er ist kein Ingenieur, aber er macht keine vagen Aussagen», sagt Jarvis. «Er bildet sich nicht ein, er könne uns genau sagen, was falsch läuft bei diesem Motorrad. Er schildert seine Eindrücke, seine Gefühle, daraus kann das Team die richtigen Schlüsse ziehen. Die ersten zwei Tests mit Maverick im November waren sehr erfolgreich. Das Team ist sehr happy. Und das ist kein Wunder, denn er hat vier Tage getestet – und war an allen vier Tagen Bestzeithalter. Das ist sehr bemerkenswert. Er macht bisher alles richtig.»

Wie schätzt Lin Jarvis die Konkurrenz für 2017 ein? Kann er einen Tipp für die Top-3 abgeben? Oder kann er zumindest die Titelkandidaten nennen?

«Da sehe ich viele Fahrer, die eine gute Chance haben. Klar, Marc Márquez ist der aktuelle Weltmeister, er ist momentan der Referenzpunkt für alle. Es besteht kein Zweifel, dass unsere zwei Fahrer zu den Titelfavoriten gehören, denn sie haben die WM 2016 auf den Rängen 2 und 4 abgeschlossen. Der andere Kandidat muss Jorge Lorenzo sein. An ihm kommen wir nicht vorbei. Die Ungewissheit ist natürlich, wie er über eine komplette Saison hinweg mit der Ducati zurechtkommt. Er wird sicher Rennen gewinnen, davon bin ich überzeugt. Jorge ist schnell. An jedem bestimmten Tag, an dem alles stimmt, hat er einen atemberaubenden Speed. Ich wäre nicht überrascht, wenn wir schon beim Saisonauftakt in Katar einen Roten auf der obersten Podeststufe sehen würden. Aber ich würde sagen: Márquez, Rossi, Viñales und Lorenzo – das sind die vier Titelanwärter 2017.»

Kann Ducati 2017 wirklich beständig genug sein und bei allen 18 Rennen vorne mitmischen? 2016 gab es auf manchen Posten noch üble Probleme – zum Beispiel in Jerez, in Barcelona und Aragón. Dafür war Ducati auf der Power-Strecke in Spielberg haushoch überlegen... Und kann Lorenzo im Regen wieder wirklich konkurrenzfähig werden?

Jarvis: «Warten wir ab. Diese Frage müsste man den Ducati-Leuten stellen. Ich kann diese Frage nicht beantworten. Ich mache nicht den Fehler, Ducati zu unterschätzen. Sie haben uns schon 2007 mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft überrascht. Wir haben Casey Stoner erlebt, wie er mit der Ducati in der Vergangenheit phänomenale Dinge vorgeführt hat. Und sie haben im Vorjahr zwei MotoGP-Rennen gewonnen...»

Mit KTM kommt ein sechster Hersteller nach Honda, Yamaha, Suzuki, Ducati und Aprilia in die MotoGP-WM. Was erwartet Jarvis von den Österreichern? Die Fahrer Pol Espargaró und Bradley Smith sind ja jahrelang bei Tech3-Yamaha gefahren...

«Ich denke, KTM wird Zeit brauchen, um den nötigen Speed zu finden und Rennen zu gewinnen. Es ist nicht einfach... Du musst es mit fünf anderen Werken aufnehmen, die mehr Erfahrung haben. Du bist mit einer Menge sehr schneller Fahrer konfrontiert. Es gibt keinen Zweifel, Pol und Bradley sind sehr schnelle Fahrer, auch wenn sie bisher in der MotoGP-Klasse noch nicht gezeigt haben, dass sie Rennen gewinnen können. Aber das kann noch kommen. Aber ich denke, es wird zwei Jahre dauernd, bis KTM um Podestplätze streiten kann.»

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