DMSB: Ist er gemeinnützig? Hat er «ideelle Zwecke»?
Die Briten haben es vorgemacht, auch in anderen europäischen Ländern sind neue Föderationen entstanden, zum Beispiel in Portugal und Tschechien, immer mussten die alteingesessenen Landesverbände klein beigeben.
Fakt ist: Die Geduld der deutschen Lizenznehmer mit ihrer selbstherrlichen Motorsport-Obrigkeit namens DMSB wurde lange genug auf die Probe gestellt.
Jetzt werden Taten gefordert, der Frust wächst, die Betroffenen machen ihrem Ärger Luft.
Auch wenn die DMSB-Verantwortlichen weiter den Kopf in den Sand stecken, es nimmt eine Bewegung Fahrt auf, es sammeln sich Rädelsführer, es wird ein Aufstand und ein Umsturz geplant, so wie es im Herbst 1991 im GP-Sport geschehen ist, als die FIM über Nacht von den Teams, Werken und Fahrern entmachtet worden ist.
In Großbritannien ist vor vielen Jahren vorexerziert worden, wie so eine Meuterei funktioniert.
SPEEDWEEK.com-Leser Ralf Steinert meint: «Wenn sich einer der vielen Multimillionäre oder Milliardäre dazu durchringen könnte, sein Spielgeld mal nicht in irgendwelche nichtsnutzigen, unprofitablen Internet-Buden á la Zalando oder Snap Inc. zu stopfen, sondern ein paar deutsche Rennstrecken zu erwerben, könnte man mit Leichtigkeit dem DMSB zum Abschied freundlich winken. So wie es MSVR vor Jahren schon in der Britischen Meisterschaft mit der ACU getan hat.»
Tatsächlich haben sich auf der Insel die Rennstreckenbetreiber zur Vereinigung MCRB (Motorcycle Racing Control Board) zusammengeschlossen, und die MSVR (quasi die Silverstone-Promoter Jonathan Palmer und Stuart Higgs) haben dann dem hinterwäldlerischen Landesverband ACU einen 25-Jahres-Vertrag für die Austragung der British Motorcycle Championship abgerungen.
Diese neue Methode hat der BSB sehr gut getan, sie blüht und gedeiht, alle namhaften Hersteller wirken mit, jedes Jahr werden 12 bis 14 Events gefahren, manche Teams haben WM-Niveau, manche Fahrer auch – wie Sylvain Guintoli.
«Das britische System hat sich als vollkommen positiv für die Meisterschaft erwiesen», sagt Chris Herring», ehemaliger Castrol-Honda-Teamchef und jetzt Manager von Leon Haslam. «Die MSVR organisiert die Events viel professioneller als jeder Verband. Sie verkaufen kommerzielle Sponsorship-Deals und verhandeln wegen der TV-Live-Coverage.»
Die BSB hat sogar schon Superbike-Weltmeister hervorgebracht – wie Troy Bayliss, Neil Hodgson und James Toseland. Das Zuschauerinteresse steigt und steigt. 2017 werden 24 BSB-Läufe ausgetragen bei zwölf Events,
BSB-Promoter MotorSport Vision betreibt die Rennstrecken von Brands Hatch, Oulton Park, Snetterton und Cadwell Park, dazu besitzen sie jetzt die Promotion- und Organisations-Rechte für die BSB, zur Austragung der Championship wurde die MotorSport Vision Racing (MSVR) unter dem Kommando von Series-Director Stuart Higgs gegründet.
Längst werden auch Stimmen laut, die dem DMSB e.V. seine Gemeinnützigkeit absprechen. Denn große Teile seiner Tätigkeit sind offensichtlich auf Gewinnmaximierung ausgerichtet.
Was ist ein eingetragener Verein (e.V)? «Mit dem eingetragenen Verein gründet sich eine anerkannte Körperschaft (juristische Person) mit voller Rechtsfähigkeit, überwiegend ideellen Zwecken, einer Eintragung im Vereinsregister und dem Recht auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit, d.h. einer weitgehenden Steuerbefreiung», ist da zu lesen.
Ja, klar, bei Begriffen wie «überwiegend ideelle Zwecke» und «Gemeinnützigkeit» kommt mir zuallererst der DMSB in den Sinn mit seinem undurchschaubaren Lizenz-Tarifen und anderen bizarren Gepflogenheiten. Und das alles steuerfrei?
Selbst Motorradsport-Haudegen wie Arnulf Teuchert sind von ihrem Verband bitter enttäuscht. Teuchert war Werksfahrer bei Hercules und Zündapp, ist mit fast 69 Jahren eine lebende Enduro- und Six-Days-Legende und platzt vor Ärger. «Ich habe bei der OMK und später beim DMSB mehr als 20 Jahre lang regelmäßig Lizenzgebühren bezahlt, mein Sohnemann Jörg 27 Jahre. Da könnte man doch erwarten, dass verdiente alte Motorsportler beim Vorführen alten Motorradsportgutes einen kleinen Bonus bekommen würden», meint Tuchert. «Aber da haben wir uns alle getäuscht. Die Angestellten des DMSB sind Angestellte des deutschen Motorsports, also der aktiven Motorsportler und nicht umgekehrt. Aber sie führen sich alle auf wie die Erdogans der Welt. Leider wird sich das solange nicht ändern, solange ADAC/DMV/AvD als Trägerverbände dort die Personalien bestimmen. Wenn man weiß, dass sich ein ADAC-Funktionär nicht durch Fachwissen qualifizieren muss, sondern durch den Enddarm seiner Vorgesetzten, kannst du nicht erwarten, dass sich da etwas ändert.»
Teuchert redet sich wie viele andere Leidtragende in Rage, wenn er auf den DMSB zu sprechen kommt, und wer es nicht weiß: Sohn Jörg war immerhin mehrmals IDM-Champion und einmal Supersport-Weltmeister.
Teuchert entfährt im Zusammenhang mit dem DMSB sogar das Wort «Sesselfurzer». Es hat sich viel aufgestaut, sein Vokabular umfasst in diesem Zusammenhang noch heftigere Begriffe.
«Die Sesselfurzer beim DMSB haben vom Motorradsport soviel Ahnung wie ich vom Kochen», wettert der Six-Days-Silbervasen-Gewinner. «Arrogant und überheblich sind sie obendrein. Beispiel: Ich bin 2015 auf Elba das ‚Six Days Revival’ mit meiner alten Ex-Werks-Hercules gefahren. Weil die Italiener diese Veranstaltung bei der FIM angemeldet hatten, brauchten wir Ausländer alle eine B-Lizenz. So weit, so gut. Ich dachte, dass man dafür eine günstige Tageslizenz lösen könnte. Aber nein, wir mussten uns alle eine Ganzjahres-B-Lizenz für 170.- (230.- € ohne ADAC-Mitgliedschaft) kaufen. Für eine 3-Tages-Veranstaltung? Ich habe damals beim DMSB angerufen und wollte für uns altverdiente Ex-Rennfahrer eine billigere Lösung haben. Aber leider hat mich Herr Schullenberg dermaßen schwach und ordinär am Telefon abgefertigt, dass ich mir geschworen habe, niemals mehr eine DMSB-Lizenz zu lösen. Nun muss man wissen: Wenn ich als Deutscher mir zum Beilspiel in einem anderen Land eine günstigere Oldtimer-Lizenz holen will, muss ich trotzdem beim DMSB eine Freigabeerklärung für 55.- € kaufen und bar in Frankfurt bezahlen; überweisen geht nicht. Wenn du das beim Herrn Schullenberg reklamierst, wirst du von dem Herrn in einer Art Weise abgekanzelt, die kann ich nicht wiedergeben. Nachdem ich ihm gesagt habe, was ich von ihm halte, hat der nette Herr einfach aufgelegt», fährt Teuchert fort.
Auch viele andere SPEEDWEEK.com-Leser meldeten sich mit fundierten und interessanten Aussagen und Meinungen zu Wort.
Klara Müller: «Danke für den Beitrag auf SPEEDWEEK.com. Schaut euch bitte das Teilnehmerfeld des ADAC Minibike-Cups an. Mal abgesehen vom Niveau, das drastisch gesunken ist, sind auch die Teilnehmerzahlen schwindend – bei steigendenden Nenngebühren, also 100 Euro mehr in dieser Saison. In der Nachwuchsklasse, der auch ein Georgi, Meggle, Bauer oder Antweiler entsprungen sind, tummeln sich keine zehn Fahrer. Maximal fünf davon haben ihren Wohnort in Deutschland. Unsere Kinder haben die Zeit in diesem Cup genossen. Ich bin mir heute nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war, die Kids an den Motorradrennsport heranzuführen, auch wenn man mal Deutscher Vizemeister geworden ist. Der ADAC ist immer noch der Meinung, dass der ADAC Junior-Cup UNBEDINGT die nächste Stufe der Karriereleiter sei. Die Kosten für diesen Cup stehen in KEINEM Verhältnis. Wir haben die Cupmaschine für unseren Sohn in der Garage stehen. Wir werden sie für die Straßenzulassung zurückbauen, die einzige sinnvolle Verwendung. Einige junge Fahrer haben in dieser Saison schon mehr als 5000 Euro Kosten nach zwei Rennen (ohne Maschine). Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Bei diesen Bedingungen kann ich selbst als Motorsportbegeisterte nur jeden beglückwünschen, der für seinen Nachwuchs einen anderen Sport sucht.»
Leser Markus Gerzack: «Es geht hier darum, dass ein Verband bzw. Verein öffentlich betrügt und seine Mitglieder hintergeht. Was Hans-Joachim Stuck für ein Mensch ist, interessiert nicht im Moment, sondern dass er es nicht schafft, den deutschen Motorsport zu vermarkten bzw. eine klare Linie zu haben. Das er kein Interesse am Motorradsport hat, ist öffentlich bekannt und unbestritten. Wenn die Hälfte stimmt von dem, was Herr Wiesinger schreibt (das wäre schon viel), dann muss etwas passieren. Sonst wird 2017 ein trauriges Jahr im deutschen MOTORRADSPORT (nicht nur IDM). Die weiteren Folgen auf Jahre gesehen mal nicht mitbedacht.»
Ron Thomson: «Interessant wäre mal zu wissen, ob unterm Strich mehr Beiträge für Lizenzen von Motorradsportlern eingenommen werden oder von Automobilsportlern? Wer bringt dem DMSB die meisten Beiträge ein und wie schaut das im Verhältnis aus? SPEEDWEEK.com, bitte, haltet den Druck aufrecht, damit hier endlich mal etwas in Richtung Motorradsport und eigenem Verband passiert. Teilt diesen Beitrag, damit jeder Motorsportler mitbekommt, was abgeht.»
Motorsportfan Jerry Müller: «ch habe gerade mal die Termine für die IDM Superbike gecheckt und fast einen Schreck bekommen. So wenige Veranstaltungen? Sechs? Das ist nicht mehr als ernstzunehmende Meisterschaft zu bezeichnen! Wenn ich mir anschaue, was da im Vergleich bei den Briten abgeht in der British Superbike Championship... Schade, die IDM verliert immer mehr an Attraktivität, finde ich.»
Leser Enriko Straka: «Das Problem für die internationalen Fahrer ist doch, dass nur der DMSB als nationaler Verband von der FIA und der FIM anerkannt ist. Wer international fahren will, ist leider auf den DMSB angewiesen. Die Politik beim DMSB bestimmt übrigens immer noch der ADAC, der hat nämlich im Präsidium des DMSB die Mehrheit. Auch sonst sind doch fast alle Motorsportvereine in Deutschland mehr oder weniger abhängig vom ADAC. Das ist im Automobilsport noch schlimmer als im Motorradsport, lediglich im Motocross gibt es noch wenige 'freie' Verbände. Ich war früher selbst bei der FIM und auch beim DMSB und halte diese (Monopol-)Verbände für überflüssig wie einen Kropf.»
Manuel Bauer: «Ich verweise auf die Satzung des DMSB. Der DMSB ist ein gemeinnütziger, steuerbegünstigter eingetragener Verein. Dies ist eine Beleidigung für alle gemeinnützigen Vereine. Vorstände dürfen nur ehrenamtlich tätig sein, der Verein muss ausschließlich uneigennützig den gemeinnützigen Zweck fördern.
Da der DMSB ausschließlich einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausübt, ist dies ein Verstoß gegen die Satzung. Dieser Verstoß muss nach dem Vereinssteuerrecht den Entzug der Gemeinnützigkeit nach sich ziehen. Nach dem neuen Vereinsgesetz von Januar 2011 führt der Verlust der Gemeinnützigkeit unweigerlich zur sofortigen Auflösung der Körperschaft und zur Streichung aus dem Vereinsregister. Warum ist dies noch nicht passiert? Hier greift wieder der Grundsatz: 'Haste Geld, kannste alles kaufen'.»
Da stimmt auch Leser Harald Evers zu: «Das Größte ist, dass der DMSB immer noch als e.V. läuft. Vielleicht sollte man wirklich mal das aus meiner Sicht willkürliche Vereinstreiben untersuchen lassen. Gemeinnützigkeit! Die Lizenzen sind nichts anderes als gekaufte Genehmigungen für die Teilnahme an Veranstaltungen, die wieder vertraglich mit dem DMSB verbunden sind, ja sich zwangsweise mit ihm verbinden müssen. Der Veranstalter hat die Arbeit, und weil der liebe DMSB sich zum Motorsport-König selbst ernannt hat, wird er bezahlt, damit man dem Kind einen Namen geben darf. So überflüssig wie nur was und Abzocke. Schön, dass das Thema mal aufkommt. Es heißt beim Sportgericht ja sogar STRAFEN, als hätte ein Verein Strafgewalt. Das hat schon wirklich alles sehr groteske Züge.»