Maverick Viñales: Ist er besser als Marc Márquez?
Titelfavorit Maverick Viñales
Bestzeit bei allen vier IRTA-MotoGP-Tests seit dem WM-Finale in Valencia im November. Auch bei den privaten Yamaha-Testfahrten war er schneller als Teamkollege Valentino Rossi, immerhin dreimal hintereinander (2014 bis 2016) Vizeweltmeister in der Königsklasse.
Für mich erübrigt sich de Frage, ob der 22-jährige Movistar-Yamaha-Neuling im Jahr 2017 Weltmeister werden kann.
Natürlich kann er es.
Ich gehöre zu den Menschen, die seit Jahren sagen: Viñales ist jener Fahrer der jungen Generation, der von seinen Fähigkeiten am ehesten an Marc Márquez heranreicht.
Natürlich hat er weniger gewonnen als der überragende Repsol-Honda-Star. Denn Viñales ist am 21. Januar erst 22 Jahre alt geworden, Márquez ist seit 17. Februar 24.
Aber diese zwei Jahre Altersunterschied erklären nicht alles.
Man muss auch berücksichtigen, dass Márquez schon mit 14 unter den Fittichen des Red Bull KTM-Teams stand und seine ersten Schritt n der WM als Werksfahrer absolvierte, ehe er 2010 im Ajo-Team auf der Werks-Derbi 125-ccm-Weltmeister wurde.
Dann gründete Marcs Entdecker Emilio Alzamora extra für zwei Jahre ein Top-Moto2-Team. Repsol und Red Bull waren immer dick dabei, sogar die Dorna besass Teamanteile, HRC hatte die Finger im Spiel, es fehlte an nichts.
Aber im ersten Jahr vergeigte Márquez den Moto2-Titel im Kampf gegen Stefan Bradl durch drei Stürze im Oktober.
Viñales hatte ganz andere Voraussetzungen. Er wurde von Ricard Jové entdeckt und ins bescheiden auftretende Blusens-Aprilia-125-Team transferiert, wo Manager Jové gleichzeitig als Teammanager agierte.
Die Budgets waren mickrig, trotzdem gelang Viñales 2011 auf der Aprilia schon mit 16 Jahren der dritte 125-ccm-WM-Rang, ein Jahr später wiederholte er diesen Erfolg auf der lahmen FTR-Honda.
Maverick gewann 2011 schon vier WM-Läufe, 2012 sogar fünf, er kam als Moto3-Titelanwärter zum drittletzten Rennen nach Sepang/Malaysia – und präsentierte dort seinen Dickschädel.
Weil Honda und das Team nichts unternahmen, um ihm materialmässig beim Titelkampf gegen KTM und Cortese zu helfen, packte der Spanier zusammen und reiste Freitagfrüh frustriert vom Malaysia-GP ab – nach Hause.
Naja, man mag dieses Manöver beurteilen, wie man will, es zeigte auf jeden Fall: Viñales hatte schon mit 17 Jahren Mut, Charakter, Siegeswillen – und Mut zur Veränderung.
Er liess sich dann vom spanischen Rechtsanwalt Paco Sanchez überreden, eine Woche später in Australien wieder auf die Blusens-Honda zu steigen, aber er krempelte seine Situation völlig um. Er liess sich vom armen LaGlisse-Team für 300.000 Euro aus dem Jové-Knebelvertrag rauskaufen – weil er dort endlich eine KTM fahren konnte.
Den WM-Titel 2013 traute dem Team und Viñales freilich niemand zu, denn die Teams von Red Bull (Luis Salom) und Estrella Galicia (Rins, Alex Márquez) verfügten über viel mehr Geld und eine bessere Technikmannschaft. Und Viñales glaubte, KTM würde vom Material her sowieso das Red-Bull-Team bevorzugen.
Aber Maverick hielt sich bei fast allen Rennen beständig in den Top-3, siegte in Jerez und Le Mans, wurde in England Vierter, in Sepang Fünfter – und trumpfte beim Finale in Valencia mit dem sensationellen dritten Saisonsieg auf.
Weil seine Gegner im Finish der WM patzten, übernahm Viñales bei diesem Finale (es war quasi ein Viñale!) erstmals die WM-Führung – und den WM-Titel.
Bei der FIM-Gala überreichte Viñales in einer großzügigen Geste seine Goldmedaille dem KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer als Geschenk.
«Ich hätte nie gedacht, dass KTM alle Teams vom Material her gleich behandelt, deshalb habe ich mich bei Pit bedankt», schilderte Maverick damals.
In der Moto2-WM hielt sich Viñales dann 2014 nur ein Jahr lang auf, er gewann im Pons-Team auf der Kalex vier Rennen – und wurde starker WM-Dritter.
Zur Erinnerung: Auch Marc Márquez hat die Moto2-WM nicht gleich im ersten Jahr gewonnen. Und Maverck wollte sich endlich wieder mit Marc auseinandersetzen...
Als das Suzuki Ecstar-Team bei Viñales für die Saison 2015 anklopfte, liess sich der ehrgeizige Spanier nicht zweimal bitten. Aki Ajo, der als Red Bull-Teamchef in der Moto3-WM 2013 mit Salom noch erbittert gegen Viñales gekämpft hatte, war inzwischen sein persönlicher Manager geworden, er handelte den Deal aus.
Doch als vor einem Jahr Movistar-Yamaha bei Viñales vorstellig wurde, liess Viñales auch diesen Manager-Vertrag platzen, er kaufte sich abermals frei – und liess den Yamaha-Deal von seinem neuen Manager Paco Sanchez verhandeln, der ihm schon 2012 einmal aus der Patsche geholfen hatte.
Diese Schilderungen zeigen: Wir haben es mit einem höchst zielstrebigen Rennfahrer zu tun, der schon in jungen Jahren seinen eigenen Weg ging.
Viñales hat mit 22 Jahren einen WM-Titel gewonnen, Márquez mit 24 Jahren fünf, drei davon der MotoGP. Viñales hat 17 GP-Siege auf dem Konto (einen in der MotoGP), Marc Márquez insgesamt 55, davon 29 in der MotoGP.
Aber das sagt nichts aus über die Aussichten der beiden Stars in der Saison 2017.
Dani Pedrosa hat kürzlich angemerkt, man wisse nicht, ob Viñales mit Druck zurechtkomme.
Pardon, und das sagt ausgerechnet jemand, der in zwölf Jahren im Repsol-Team nie eine wahre WM-Chance hatte, während alle Eindringlinge wie Hayden, Stoner und Márquez dort Weltmeister wurden, zwei davon gleich im ersten Jahr?
Rossi, Lorenzo, Márquez, Pedrosa und Co. werden sich wundern, wie gut Viñales mit Druck zurechtkommt. Als er letztes Jahr zwichen Yamaha udn Suzuki schwankte, brachte er ständig und unbeirrt Topleistungen. Und kaum ein Fahrer stürzt so extrem selten wie die Numer 25. 2013 hat Maverick 15 Moto3-Rennen in den Top-3 beendet, die restlichen zwei als Vierter und Fünfter.
Wie oft ist Viñales bei den Wintertests gestürzt? Nie, wenn ich mich richtig erinnere. Márquez? Mindestens zehnmal, schätze ich, an manchen Tagen dreimal.
2016 hat Viñales bei Suzuki als WM-Vierter nur einen Rennsturz verzeichnet, er wurde WM-Vierter, sein erfahrener Teamkollege Aleix Espargaró nur WM-Elfter, er sammelte 93 Punkte, Maverick 202.
Noch Fragen?
Natürlich ist in der MotoGP-WM 2017 alles offen.
Abe ich würde keinen Cent gegen einen Titelgewinn von Viñales setzen, obwohl er im Regen bisher seine Schwächen hatte. Aber die hat Pedrosa einst auch abgelegt.
Ich bin überzeugt: Viñales wird in den nächsten fünf Jahren mehr gewinnen als Marc Márquez.