Fix: MotoGP-Finale nicht in Valencia

CWM-Chef Anthony Constantinou: 12 Monate Gefängnis

Von Günther Wiesinger
Anthony Constaninou 2015 beim Katar-GP an der Boxenmauer

Anthony Constaninou 2015 beim Katar-GP an der Boxenmauer

2014 und 2015 trat der Grieche Anthony Constantinou bei LCR-Honda als illustrer Sponsor auf. Jetzt sitzt er wegen mehrfacher sexueller Belästigung im Gefängnis. Dazu soll er 50 Millionen Pfund veruntreut haben.

Wir haben im Motorsport schon viele illustre Gestalten als mutmaßliche Millionäre erlebt, die dann als Sponsoren dick auftrugen – und rasch wieder von der Bühne verschwanden, nicht wenige landeten hinter Gittern.

Dieses Schicksal hat jetzt auch den mittlerweile 35-jährigen Griechen Anthony Constantinou ereilt, der mit seiner CWM-Firmengruppe 2014 in Assen als One-Event-Sponsor bei LCR-Honda (Fahrer: Stefan Bradl) einstieg, dann im selben Jahr bei LCR noch die Werbeflächen für Silverstone und Brünn kaufte und für 2015 als LCR-Hauptsponsor mitmachte.

Constantinou sagte LCR für 2015 rund 6,5 Millionen Euro zu; es war der dickste Sponsorvertrag, den LCR-Teambesitzer Lucio Cecchinello jemals unterschrieben hat. Er stockte das Team auf zwei Fahrer auf (Crutchlow, Miller), aber die mysteriöse Firma aus London, die sich als «Finanzdienstleister» präsentierte, geriet 2015 schon vor dem ersten Rennen in die Schlagzeilen. Kurz vor dem Saisonauftakt in Doha/Katar wurden 14 CWM-Mitarbeiter in den noblen Büros im Heron Tower in London verhaftet, es bestand der Verdacht auf Geldwäsche, Anlagebetrug und so weiter.

Trotzdem kam der Grieche ungerührt zum Katar-GP und setzte sich dort mit Lucio Cecchinello an die Boxenmauer.

Es sollte noch dicker kommen. Wenig später wurde der Unternehmer von mehreren Mitarbeiterinnen wegen schwerer sexueller Belästigung angezeigt. Das Üble daran: Diese Verfehlungen spielten sich teilweise im Oktober 2014 ab. Erst am Wochenende des Aragón-GP im September 2014 hatte Anthony Constantinou geheiratet, Lucio Cecchinello flog damals nach dem Samstagtraining für eine Nacht nach Griechenland und kam zum Rennen wieder zurück.

Nach einem ersten Hearing vor Gericht im Herbst 2014 wurde eine Anklage vorbereitet, was Constaninou aber nicht hinderte, im Februar 2015 eine weitere Frau nach einem Business-Meeting bei Drinks sexuell zu belästigen.

CWM: Undurchsichtige Geschäfte

Die Geschäfte der Firma Firma CWM erschienen von Anfang an undurchsichtig und fadenscheinig, britische Finanzmagazine äußerten früh Bedenken über die obskure Geschäftstätigkeit von CWM. Es wurden Gewinne von bis zu 5 Prozent im Monat (!) versprochen, gleichzeitig wurden in kürzester Zeit viele Millionen in diverse Sponsorship-Aktivitäten gesteckt – von MotoGP über Fussball, Boxsport, Automobilsport bis zu Bootsmessen.

In seinen besten Tagen warf Anthony Constantinou mit dem Geld nur so um sich: Privatjet, Helikopter, Trinkgelage. Cal Crutchlow erzählte, der Grieche habe ihm zur Begrüßung beim Valencia-GP 2014 eine Prämie von 100.000 Euro als «golden handshake» versprochen, drei Tage später sei das Geld auf dem Konto gewesen.

Anthony Constantinou ersteigerte anderseits am selben Weekend einen pinken Sturzhelm mit den Unterschriften aller MotoGP-Fahrer, das Geld sollte der Kinderkrebshilfe zugute kommen. Er erhöhte das E-Bay Angebot von 6500 Euro auf 255.000 Euro und bekam den Helm von LCR-Teamkoordinator Osdar Haro ausgehändigt. Bezahlt hat er ihn nie!

Aufmerksamen Beobachtern fiel frühzeitig auf, dass bei CWM in wenigen Monaten mehr als 50 Firmen gegründet wurden, die alle im selben Büro hausten und meist außer einer Website nichts zu bieten hatten.

2014 wurde zuerst für CWMworld.com geworben, dann für CWMfx.com, nach dem Katar-GP 2015 für CWMrewards.com, das sollte eine Kreditkartenfirma sein, in Wirklichkeit war es nur ein anderes Luftschloss.

Nach dem Brünn-GP 2015 war Feierabend: Lucio Cecchinello ging wieder zu seinen üblichen One-Event-Sponsoren über, über die düstere Vergangenheit mit CWM wurde rasch der Mantel des Schweigens gebreitet.

Inzwischen atmet der trinkfreudige Anthony Constaninou gesiebte Luft. Er ist vom Gericht Old Bailey zu 12 Monaten Haft verurteilt worden – wegen sexueller Belästigung. Er musste auch die Verfahrenskosten in der Höhe von 27.000 Pfund bezahlen.

Wenn er wieder auf freien Fuß ist, droht weiteres Ungemach. Es wird ihm vorgeworfen, Anlagegelder in der Höhe von 50 Millionen Pfund veruntreut zu haben.

Es besteht der Verdacht, dass der Ex-Sponsor mit der Firma CWM FX mehr als 50 Millionen Pfund eingenommen, das Geld aber nie an der FX-Börse investiert habe.

Der bisherige CWM-CEO Anthony Constaninou ist der Sohn des Modezaren Aristos Constantinou, der in der Neujahrsnacht 1985 in seiner eigenen Villa in London mit sechs versilberten Patronen quasi hingerichtet wurde, «silver bullets», so berichteten die englischen Medien, das deute auf die Mafia hin. Aristos Bruder verdächtigte aber seine Schwägerin, den Mord in Auftrag gegeben zu haben, sie ist aber nie angeklagt worden und wanderte bald nach Zypern aus. Sohn Anthony war zum Zeitpunkt des Mordes drei Jahre alt.

Sexuelle Belästigungen

Detective Inspector Anna Rice von der City of London Police gab zu Protokoll: «Mr. Constantinou war ganz klar der Ansicht, sein erniedrigendes und einschüchterndes Benehmen gegenüber den belästigten Frauen sei akzeptabel. Die verhängte Strafe zeigt, dass er sich schwer getäuscht hat. Ich möchte die betroffenen Frauen für ihren Mut loben. Sie haben alle Belästigungen auch während des Gerichtsverfahrens standhaft geschildert und die Vorwürfe aufrecht erhalten. Ich möchte alle anderen Frauen in ähnlichen Situationen ermutigen, ebenfalls zur Polizei zu gehen.»

Neben dem Vorwurf der Geldwäsche wird gegen CWM FX auch ermittelt, weil mit Hilfe eines Pyramdidenspiels (Englisch: «ponzi scheme») etliche Mitglieder einer Eliteeinheit der British Army betrogen worden sein soll, die «Gurkhas». Die Gurkhas waren traditionell ein Regiment innerhalb der «East India Company Army» während der Tage von British India, sie kommen aus Nepal, das am Fusse des Himalaya-Gebirges liegt.

Die Gurkhas sollten für Frieden in Indien sorgen, sie kämpften aber auch in Syrien, Nordafrika, Italien, Griechenland und im Dschungel von Burma auch gegen die Japaner. Sie haben dafür 2734 Tapferkeitsmediallen erhalten, aber in den Kämpfen in den eigenen Reihen 32.000 Opfer hinnehmen müssen.

Im February 2016 erhärtete sich bei der City of London Police der Verdacht, CWM habe Hunderte von Gurkha-Kämpfern um £ 50 Millionen betrogen.

Detective Chief Inspector Dave Manley in einem offiziellen Statement: «Unsere Unterlagen lassen vermuten, dass Repräsentanten von CWM Hunderte Mitglieder der Gurkha und Bewohner von Nepal in betrügerischer Absicht überredet haben, ihnen Millionen von Pfund anzuvertrauen.»

Wie gesagt: Es wurden 5 Prozent Gewinn pro Monat versprochen.

Bisher hat die Polizei kein Geld sicherstellen können. Bei einem Pyramidenspiel werden Anleger anfangs mit Zinsen ruhiggestellt, und auf diese Weise werden auch immer neue Kunden angelockt. Das Geld wird aber nie investiert – und irgendwann platzt die Seifenblase, wenn nicht mehr genug frisches Geld hereinkommt.

Detective Chief Inspector Manley: «Der Schaden, der diesen Menschen, ihren Familien, ihren Pensionfonds und Ersparnissen zugefügt wurde, lässt sich gar nicht beziffern.»

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