Fix: MotoGP-Finale nicht in Valencia

Sponsor CWM: Verdacht auf Geldwäsche, dazu Sexaffäre

Von Günther Wiesinger
Anthony Constantinou

Anthony Constantinou

Die mysteriöse CWM-Gruppe von Anthony Constantinou ist kollabiert. Die Scheingeschäfte des illustren 33-jährigen Briten überlebten nur ein paar Monate.

Der 33-jährige Brite Anthony Constantinou ist eine schillernde Figur. Er trat erstmals 2014 beim Assen-GP als Sponsor des LCR-Teams von Lucio Cecchinello auf, er warb auf dem Motorrad von Stefan Bradl für CMWworld.com.

Beim Brünn und Silverstone-GP war bereits von CWMFX.com die Rede, denn der «Finanzdienstleiter», der seinen Kunden und Anlegern 5 Prozent Rendite im Monat (!) versprach, gründete im Jahr 2014 in kürzester Zeit eine Scheinfirma nach der anderen, er war bei jeder Firma CEO, als Geschäftsführer. In den meisten Fällen existierte freilich nur eine Website und keine Geschäftstätigkeit. CWM stand für «Capital World Markets».

Bis zu 53 Firmen waren irgendwann unter der CWM-Group vereint, alle sassen im selben Office in der 21. Etage des noblen Heron Tower an der Bishopsgate in London.

LCR-Sponsor Constantinou fiel bei den Rennen durch seinen extravaganten Lebensstil auf: Learjet, Helikopterflüge, Bodyguards, schwarze Limousinen, Luxushotels und Alkoholexzesse.

LCR-Neuzugang Cal Crutchlow versprach er beim Valencia-GP ein vertraglich nicht vereinbartes Begrüssungsgeld von 100.000 Euro. «Golden handshake» nennen das die Engländer. Drei Tage später war das Geld auf Crutchlows Konto.

Einen rosaroten Sturzhelm mit den Unterschriften vieler MotoGP-Helden, der für die Krebshilfe versteigert wurde und auf E-Bay für Euro 6500.- zu haben war, kaufte Constantinou für sagenhafte 255.000 Euro. Und liess sich danach von der Dorna als Wohltäter filmen und fotografieren.

Einziger Schönheitsfehler: Constantinou hat den Helm nie bezahlt. Im Sommer 2015 stellte er ihn aber immer noch auf seiner cwmworld.com-Website zur Schau. Inzwischen ist diese Website lahmgelegt.

Über den vermeintlichen Millionär und Wohltäter ist viel Unheil hereingebrochen. In der ersten März-Woche 2015 wurden 13 CWM-Mitarbeiter im Heron Tower verhaftet. Es ging um Geldwäsche, Verdacht auf Betrug und Vorspiegelung falscher Tatsachen.

Trotzdem kam Constantinou zwei Wochen später zum Katar-GP und setzte sich dort seelenruhig mit Teambesitzer Lucio Cecchinello an die Boxenmauer. Damals hoffte Cecchinello noch, die restlichen 2 Millionen der insgesamt 6,5 vereinbarten Millionen Euro Sponsorgeld zu bekommen.

Inzwischen hatte CWM die Werbung bei LCR für den Firmenzweig CWMFX.com geändert, auch der Fussballclub FC Chelsea war im Januar 2015 mit CWM-Geld bedacht worden, CWM mischte im Boxsport mit, im Autorennsport und als Sponsor der London Boat Show.

Mit einem Wort: Das Geld wurde mit beiden Händen zum Fenster rausgeworfen.

Nach dem Skandal mit den Verhaftungen im März 2015 musste bei LCR für den Texas-GP eine neue CWM-Bude für die Werbung herhalten. Es wurde nun für eine angebliche Kreditkartenfirma mit der Bezeichnung CWMREWARDS.com geworben. Aber niemand hat jemals eine CWM-Kreditkarte gesehen...

Aber auch mit dieser merkwürdigen Plattform war es nach dem Brünn-GP vorbei. Vor dem Silverstone-GP verschwanden die CWM-Logos. «Unser Sponsor hat rund 70 Prozent der vereinbarten Summe bezahlt, deshalb haben wir die Logos nach 70 Prozent der Rennen entfernt», erklärte Teambesitzer Cecchinello. LCR musste das Zwei-Fahrer-Team für 2016 wieder auf einen Fahrer reduzieren.

Auch die CWMREWARDS.com-Website ist nicht mehr online.
Anthony Constantinou musste die noblen Büros im Heron Tower bereits im Sommer verlassen. Ihm wurde aus vielen Gründen der Boden unter den Füssen zu heiss.

Im MotoGP-Paddock bekam er bereits nach dem Katar-GP quasi Hausverbot. Er wurde nie mehr gesehen.

Dafür berichtete «mailonline» im Juli 2015, Constantinou sei von sechs Mitarbeiterinnen wegen sexueller Belästigung angeklagt worden. Gerüchte dazu waren im Paddock schon Wochen vorher zu hören gewesen. Der CWM-Chef musste vor Gericht aussagen; bei einem am 4. Januar 2016 beginnenden Verfahren wird entschieden, ob der Ex-Sponsor hinter Schloss und Riegel muss.

Ursprünglich war die aus Griechenland stammende Familie Constantinou durch die Modefirma «Ariella» reich geworden.

Anthonys Vater Aristos war 1985 (Anthony war damals drei Jahre alt) am Neujahrestag von einem mutmasslichen Einbrecher in seiner eigenen Villa unter mysteriösen Umständen mit sechs Silberkugeln aus nächster Nähe hingerichtet worden. Die Polizei sprach von Mafia-Methoden. Aristos Bruder Achilleas beschuldigte später bei den Ermittlern von Scotland Yard seine Schwägerin Elena, aus Eifersucht auf eine Geliebte von Aristos einen Auftragsmord eingefädelt zu haben. Die Tat blieb in England als «Silver Bullet Murder» jahrelang in den Schlagzeilen, der Fall konnte nie gelöst werden.

Wie auch immer: Die CWM-Gruppe ist Geschichte. Und am 4. Januar muss sich Hochstapler Anthony Constantinou, jetzt im weniger feinen Hampstead zuhause, vor Gericht wegen sexueller Belästigung in sechs Fällen verantworten. Dass er erst Ende September 2014 mit viel Pomp geheiratet hat, passt perfekt ins Bild eines vorbildlichen Gentlemans.

Die Ermittlungen wegen Verdachts auf Geldwäsche, Betrug und Vorspiegelung falscher Tatsachen laufen noch. Ob und wie viele Millionen von Kundengeldern bei der CWMFX und der CWM World Group, die sich windschief als «multinational financial services provider» darstellte, verschwunden sind, lässt sich noch nicht sagen.

CWMFX hatte mit undurchschaubaren Finanzprodukten jongliert. «Wir kennen die Firma nicht und haben keine Ahnung, welche Finanzdienstleistungen sie in der Geldindustrie abgewickelt hat», erklärte Simon Daniels, Direktor der britischen Finanzaufsichtsbehörde nach den 13 Verhaftungen im März 2015.

Traurig: Innerhalb weniger Monate haben die MotoGP-WM-Teams mit Cardion (bei AB Motoracing), Drive M7 (bei Aspar Martinez und CWM (bei LCR) drei grosse Sponsoren verloren.

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