Lucio Cecchinello: Reicht das Geld für zwei Fahrer?
LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello betreibt seit 2006 ein MotoGP-Team mit Honda; 2015 setzte er mit Cal Crutchlow und Jack Miller erstmals zwei Fahrer ein, dank des neuen Hauptsponsors CWM und eines 6,5-Millionen-Euro-Deals war diese Aufstockung ermöglicht worden.
Doch CWM-Chef Anthony Constantinou kam in Zusammenhang mit seinen dubiosen Finanzdienstleistungen (er versprach 5 Prozent im Monat!) mit dem Gesetz in Konflikt, es wurden nur rund 4,5 Millionen bezahlt, deshalb sind die CWM-Logos bei LCR nach dem Brünn-GP wieder verschwunden.
Trotzdem ist es Lucio Cecchinello gelungen, die Saison mit beiden Piloten bis zum Saisonende zu finanzieren. Seine treuen Sponsoren wie Givi, Castrol, Rizoma sowie Unibat sind auch bei Crutchlow eingesprungen, der bis Brünn grossteils über das CWM-Budget finanziert wurde.
Bisher kann Cecchinello nicht garantieren, dass er auch 2016 zwei Fahrer einsetzen kann. Deshalb sucht HRC eine Ausweichmöglichkeit für Jack Miller, der Australier könnte für 2016 neben Tito Rabat als zweiter Fahrer bei Marc VDS platziert werden.
SPEEDWEEK.com erkundigte sich bei Lucio Cecchinello nach den Plänen für die Saison 2016. Bleibt Jack Miller? Oder geht er zu Marc VDS?
Lucio, hast du das Projekt mit zwei Fahrern für 2016 endgültig beerdigen müssen? Oder besteht noch Hoffnung, dass neben Fixstarter Cal Crutchlow auch Jack Miller wieder bei dir fahren wird?
Die Realität sieht so aus, dass die Chancen auf eine Fortführung der Operation mit zwei Fahrern gering sind. Und sie wird von Woche zu Woche geringer.
Denn wir müssen realistisch sein. Für den Einsatz von zwei Fahrern brauchen wir einen grossen Sponsor. Im Moment stehen wir noch in Verhandlungen mit zwei neuen Firmen, die Interesse haben. Aber es sieht schwierig aus, denn sie zögern die Antworten und Entscheidungen hinaus.
Wenn ich die Situation realistisch betrachte, muss ich zu einem Projekt mit einem Fahrer zurückkehren.
Aber man weiss nie... Ich arbeite weiter daran, einen neuen Hauptsponsor zu finden.
Es wäre ja schade, denn ab der Saison 2017 erhält jedes MotoGP-Team pro Fahrer und Saison rund 2,8 Millionen Euro von der Dorna und IRTA, die Leasingpaketen dürfen dann nur noch 2,2 Millionen kosten. Dann wird es lukrativ, zwei statt einen Platz zu haben.
Hm. Das ist leider eine Geschichte, die erst 2017 in Kraft tritt, nicht 2016. Aber ehrlich gesagt: Aus genau diesem Grund arbeite ich so hartnäckig daran, auch nächstes Jahr zwei MotoGP-Fahrer finanzieren zu können.
Im Augenblick weiss ich, dass Marc VDS von einem auf zwei MotoGP-Fahrer ausbauen möchte. Aber ich höre, dass auch bei diesem Team das Budget für zwei Fahrer noch nicht gesichert ist.
Bei Jack Miller hast du den Vorteil, dass HRC einen erklecklichen Anteil zum Budget beiträgt, weil er im Gegensatz zu Crutchlow einen HRC-Vertrag hat. Und HRC muss einen Teamplatz für Miller suchen.
Ja, deshalb bemühe ich mich, beide Fahrer behalten zu können. Bisher ist nur der Platz von Cal Crutchlow gesichert.
Marc VDS muss das Budget noch sichern, bei mir ist es ähnlich. Aber Marc VDS hat mir gegenüber einen Vorteil, denn am Schluss ist dort Marc van der Straten der Teambesitzer, ein erfolgreicher Unternehmer. Und ich habe gehört, dass er vielleicht sein Autorennteam zusperren will.
Du wolltest, dass Jack Miller 2015 in der WM in die Top-Ten kommt und die Open Class gewinnt. Jetzt ist er WM-Achtzehnter und drittbester Open-Class-Fahrer. Du bist mit Jacks Herangehensweise nicht ganz zufrieden? Du wünscht dir, dass er sich mehr anstrengt, auch was das körperliche Training betrifft?
Ich muss sagen, dass Jack bei den letzten Rennen, sagen wir in den letzten eineinhalb Monaten, gute Arbeit leistet, auch mit dem Team. Seine technischen Aussagen gegenüber den Mechanikern sind präziser geworden. Und er trainiert jetzt härter. Ich weiss das, denn ich rufe ihn fast täglich an. Er geht jeden Tag Radfahren oder ins Fitness Centre. Manchmal sogar am Abend um 21 Uhr. Das freut mich.
Jack hat aber gegenüber 2014 stark an Gewicht zugelegt?
Ja, das ist etwas, an dem wir jetzt auch arbeiten, wir haben Spezialisten beigezogen. HRC-Berater Albert Puig hat Jack jetzt in Spanien unter seine Fittiche genommen.
Was auch immer passiert für 2016, ob Jack dann bei LCR oder Marc VDS fährt, er wird nach dieser Saison in die Nähe von Alberto Puig übersiedeln. Er wird im Winter nur für zwei Wochen nach Australien zurückkehren und dann in Spanien mit einem Personal Trainer arbeiten. Albert Puig wird das überwachen.