Baustopp am Kymiring: Die nächste Seifenblase?
Der 4,6 km lange Kymiring: Bauarbeiten sind zum Stillstand gekommen
Mehr als 50 Berichterstatter waren versammelt, als Dorna Sports-CEO Carmelo Ezpeleta, Dorna Sporting-Manager Carlos Ezpeleta, Europa-Minister Sampo Terho, KymiRing-Vorstandvorsitzender Kari O. Sohlberg sowie Finnish Motorcycling Federation-Chef Tapio Nevala und KymiRing-Project Manager Timo Pohjola im vergangenen August die Pläne für die neue permanente Rennstrecke in Finnland verkündeten.
Die Dorna kündigte an, man werde sich bemühen, den Grand Prix 2019 in den GP-Kalender aufzunehmen.
Wenige Tage später sickerte durch, dass dieser Zeitplan angesichts des knappen Budgets der Rennstreckenerbauer illusorisch sei. Der Grand Prix könne frühestens 2020 stattfinden, war von finnischen Motorsport-Experten zu hören.
Jetzt stellen sich etliche finnische Medien bereits die Frage, ob den Kymiring-Hintermännern womöglich bereits das Geld ausgegangen sei, ob das MotoGP-Projekt womöglich nur eine Seifenblase sei.
Fakt ist: Die Finnen sind mit einem Schmalspurbudget an den Start gegangen. Bisher wurden rund 8 Millionen Euro investiert, insgesamt sollen für die 4,6-km-Piste 110 km nordöstlich von Helsinki 30 bis 40 Millionen investiert werden.
Zum Vergleich: Allein der Umbau des Red Bull-Rings hat mehr als 100 Millionen verschlungen, da bestand aber das Layout der Strecke bereits.
Die Kymiring-Betreiber rechneten für den MotoGP-Event mit viel Zuschauerinteresse aus Russland.
Die auflagenstarke Tagesszeitung «Iltasanomat» berichtet jetzt, ein finnischer Milliardär habe angekündigt, er werde kein Geld in die Rennstrecke investieren.
Die Rede ist von Antti Aarnio Wihuri, dessen Firma Wihuri am Formel-1-Mercedes von Valtteri Bottas als Sponsor auftritt. Antti Aarnio Wihuri wird mit den Worten zitiert, er halte den Kymiring für ein unprofitables Investment. Und weiter: «MotoGP fühlt sich zu diesem Zeitpunkt als unrealistischer Traum an.»
Erlebt die Dorna nach der Pleite mit der GP-Piste in Chile und dem Circuit of Wales, der schon 2015 den British Grand Prix beherbergen sollte und nie in Angriff genommen wurde, in Finnland den nächsten Reinfall?
Ein finnischer Reporter erkundigte sich besorgt, weil rund um den Kymiring seit Wochen kein Baulärm mehr zu hören ist. Was geht dort vor sich?
«Wir haben am Freitag Ruhetag», war von den Betreibern zu hören.
Es müssten zuerst Bäume gefällt werden, danach könnten die Bauarbeiten an der Strecke fortgeführt werden.
Aber den Besuchern fällt auf, dass seit Monaten keine Caterpillar-Fahrzeuge im Einsatz waren, dass die Erdbewegungen vor Monaten zum Stillstand gekommen sind. «Habt ihr jeden Tag Ruhetag», fragte ein Berichterstatter.
Eigentlich sollte längst die erste Asphaltbelagsschicht aufgebracht worden sein, aber zuerst war vom Sommer, dann vom Herbst die Rede.
Seit Juni 2017 sind auch im finnischen Radio kritische Berichte zu diesem Projekt zu hören.
Dann wurde Ende September berichtet, ein Sturm habe 400 Bäume und um das Kymiring-Gelände entwurzelt oder beschädigt. Aus diesem Grund seien die Zufahrtswege für die Baufahrzeuge blockiert gewesen.
Aber wer sich in der Arena umschaute, bekam die 400 zerstörten Bäume nicht zu Gesicht. Noch ein Märchen?
Die Einheimischen kennen die Hintergründe. Das Geld sei knapp geworden, deshalb hätten seit Monaten keine Erdbewegungen mehr stattgefunden. Die Firmen hätten die Einsatzfahrzeuge vor langer Zeit vom Kymiring abgezogen, erzählen sie den neugierigen und hellhörigen Lokalreportern.
Inzwischen berichtete ein Insider, die Pressekonferenz der Dorna im August habe nicht zuletzt deshalb stattgefunden, um etwas Medienrummel zu entfachen und Investoren anzulocken.
Aber offenbar wurde kein frisches Geld gefunden. «Die Betreiber haben alle Hände voll zu tun, um das nötige Geld für den Rennstreckenbau aufzutreiben», ist aus finnischen Motorsportkreisen zu hören.
Schade, der Kymiring machte bisher den Eindruck eines sympathischen, bodenständigen Projekts. Es existiert in ganz Skandinavien keine moderne Rennstrecke mehr.
Aber man kann sich vorstellen, dass so eine Rennstrecke wegen des langen, strengen Winters nur fünf, sechs Monate lang in Betrieb sein kann. Ob angesichts solcher Hindernisse profitabel gewirtschaftet werden kann, ist tatsächlich fraglich.
Wenn die Betreiber ihren finanziellen Engpass nicht lösen können, wird der GP von Finnland auf dem Straßenkurs von Imatra 1992 für immer der letzte Schauplatz eines Motorrad-GP gewesen sein.