Johann Zarco: 2020 mit Yamaha? Oder bei Repsol-Honda?
Johann Zarco: Oft gestresst und stark belastet
Nach der beim GP von Österreich vereinbarten einvernehmlichen Auflösung des KTM-Vertrags für 2020 hofft Johann Zarco (22 Punkte in bisher 12 Grand Prix) nicht nur auf bessere Resultate mit der KTM RC16, sondern auch auf einen lukrativen Vertrag für die Saison 2020. Bisher ließ der 29-jährige Franzose durchblicken, dass er sich durchaus einen MotoGP-Testfahrervertrag vorstellen könne. Er sprach von möglichst vielen Wildcard-Einsätzen. Aber bei den Herstellern Honda, Yamaha, Ducati und Suzuki sind nur drei pro Saison erlaubt.
Aber bei Suzuki holt sich Zarco eine Abfuhr, dort ist man mit Sylvain Guintoli (37) zufrieden. Auch bei Ducati Corse wurde Zarco vorstellig, aber dort besteht ein Vertrag mit Testfahrer Michele Pirro bis 2021.
«Zarco weiß, dass wir keinen Platz für ihn haben», stellte Sportdirektor Paolo Ciabatti im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Er ist ein schneller Fahrer, klar, er war zweimal Moto2-Welktmeister. Er war zwar nicht mehr so jung, als er in die MotoGP kam, aber er hat alle überrascht, er war 2017 und 2018 super schnell mit der Yamaha. Zarco ist immer noch ein sehr schneller Rennfahrer, aber was ich mitbekommen habe, ist seine Situation im persönlichen Umfeld nicht ideal. Seine Leistung 2019 wird also nicht nur von der Performance seines Motorrads beeinflusst, sondern auch von ein paar Fakten, die seiner Umgebung zuzuordnen sind. Wir haben auf jeden Fall vollen Respekt vor Zarco und seinem Fahrkönnen. Aber wir können ihm nichts anbieten.»
Anders sieht es bei Yamaha aus. Mit Eric de Seynes, dem mächtigen Präsident von Yamaha Motor Europe, hat Zarco dort einen einflussreichen Fürsprecher. Der Franzose de Seynes hat 2019 schon den Transfer von Loris Baz zu Ten-Kate-Yamaha in der Superbike-WM eingefädelt und befürwortet.
MotoGP-Testfahrer Jonas Folger und Yamaha, das ist bisher keine Erfolgsgeschichte; die Zufriedenheit hält sich auf beiden Seiten in Grenzen. Deshalb bietet sich dort eine Testfahrer-Möglichkeit für Zarco für die Saison 2020. Er hat mit der M1-Yamaha sechs Podestplätze erzielt, dazu vier Pole-Positions errungen und 2018 sogar bis zum Le-Mans-GP um die WM-Führung gekämpft.
Seither hat der Franzose viel Selbstvertrauen eingebüßt. Er wirkt erschöpft und überlastet. Zuletzt hat er in England sogar seinen Red Bull KTM-Kollegen Miguel Oliveira abgeschossen, «Plötzlich kam ein Motorrad von irgendwo her», wunderte sich der Portugiese.
Trotzdem könnte sich für Zarco – wie berichtet – für 2020 noch eine viel lukrativere Möglichkeit eröffnen. Denn Jorge Lorenzo macht sich ernsthaft Gedanken über einen Rücktritt zum Saisonende. Er stellt sich seit den zwei Brustwirbelbrüchen in Assen tiefgreifende Fragen zum Sinn des Lebens und seiner Karriere.
Falls die Situation eines Lorenzo-Rücktritts eintritt, wäre Zarco der logische Nummer-1-Kandidat bei Repsol-Honda. Dieses Team wollte Zarco schon im März 2018 engagieren, nachdem er auf der Tech3-Yamaha bei den Wintertests in Buriram und Doha die Plätze 1 und 2 erzielt hatte.
Aber sein Manager Laurent Fellon hatte ihn für 2019/2020 zu früh zu Red Bull KTM transferiert. Trotzdem bot Fellon seinen Schützling Zarco im März 2018 zur Verwunderung von Renndirektor Lin Jarvis sogar noch bei Yamaha an.
KTM-Firmenchef Stefan Pierer betonte bereits beim Valencia-GP 2017 gegenüber SPEEDWEEK.com, er sei nur an Johann Zarco interessiert, nicht an Márquez und nicht an Lorenzo. Pierer trieb danach Zarcos frühzeitige Verpflichtung für 2019 zügig voran.
Pierer: «Zarco hat damals auch bei seiner Gage einen fairen Vorschlag gemacht, wie alle unsere MotoGP-Fahrer. Alle unsere Werksfahrer versuchen ihren Job bestmöglich zu machen. Es ist ja auch bei Zarco momentan nicht so, dass er nicht will. Er ist einfach von der Belastung her an die Grenze gelangt. Jetzt muss man ihn als Person wieder zurückbringen.»
Pierer meint, Zarcos Trennung von Manager Laurent Fellon im Mai 2018, nachher die ständigen schweren Niederlagen gegen Pol Espargaró sowie teilweise gegen Rookie Oliveira sowie der unerwartete Aufstieg von Landsmann Fabio Quartararo (Pierer: «Er ist in Frankreich der neue Hero!») hätten Zarco zermürbt.
«Es ist rundherum nicht einfach für Zarco. Darum muss ihm in der Gesamtheit geholfen werden», meint Stefan Pierer.