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Hervé Poncharal: «Habe keine Beschwerden über KTM»

Von Günther Wiesinger
Red Bull KTM-Teambesitzer Hervé Poncharal bekommt 2020 das gleiche Material wie das MotoGP-KTM-Werksteam. Aber das Tech3-Team wird nicht mehr für den Energy Drink Red Bull werben.

Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal hat nach 20 Yamaha-Jahren 2019 in seiner ersten Saison mit Red KTM kleinere Brötchen backen müssen – an Podestplätze wie früher bei Tech3-Yamaha mit Dovizioso, Crutchlow, Zarco und Folger waren in dieser Saison als KTM-Kundenteam nicht zu denken.

Wegen der enormen Entwicklungsgeschwindigkeit im Werksteam kam Miguel Oliveira erst in Spielberg weitgehend in den Genuss jenes neuen Materials (Karbonschwinge, Motor-Update, WP-Updates usw.), über das Pol Espargaró und nachher Johann Zarco ab Le Mans im Mail verfügten. Immerhin: In der MotoGP-WM schaffte Rookie Miguel Oliveira in Las Termas im April bereits einen elften Rang, dann holte er beim GP von Österreich mit Rang 8 die Kastanien aus dem Feuer.

Poncharal ärgerte sich auch über seinen ehemaligen Schützling Johann Zarco: Denn zuerst verlor er wegen Zarcos Vertragsauflösung für 2020 den Moto2-Vizeweltmeister Brad Binder ans Factory Team, er wurde dann durch Iker Lecuona ersetzt, und außerdem ruinierte der Franzose mit dem Rammstoss in Silverstone die rechte Schulter von Oliveira, der danach immer mit Beschwerden fuhr und sich vor dem Finale in Valencia operieren ließ.

«Der ursprüngliche Plan von KTM war, erst 2020 ein MotoGP-Kundenteam zu machen», verriet Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Aber als wir uns unterhalten haben, habe ich KTM mitgeteilt. dass mein Vertrag mit Yamaha nach der Saison 2018 endet. Wenn ich einen neuen Yamaha-Vertrag unterschrieben hätte, wäre er für 2019 und 2020 gültig gewesen. Ich hätte also entweder für 2019 oder 2021 umsteigen können. Pit Beirer hat dann überlegt und sich mit Stefan Pierer, Mike Leitner und allen Beteiligten unterhalten. Schließlich hat mir Pit gesagt: ‚Wir machen es jetzt – für 2019.‘ Er hat betont, dass er sich wünscht, alle vier Fahrer auf identischen Bikes fahren zu lassen. Das entspricht der Philosophie von KTM. Er verstand nicht, warum wir bei Yamaha nie die neuesten Motorräder bekamen. Aber die Realität sah 2019 so aus, dass KTM sehr emsig und schnell entwickelt hat, aber die Zulieferfirmen können nicht genug neues Material gleichzeitig liefern. Dazu wurde noch Dani Pedrosa als Testfahrer engagiert, er war aber bis Mai verletzt, es dauerte also länger als geplant, bis wir dasselbe Material bekamen wie das Werksteam. Die erste Karbonschwinge haben wir in Assen für Miguel bekommen. In Deutschland erhielten wir dann auch eine für Syahrin. Aber die erste richtige Verbesserung haben wir für Miguel in Spielberg bekommen. Wir waren trotzdem noch einen Schritt hinter Pol Espargaró. Aber Miguel war auf Anhieb begeistert, er hat dann mit Platz 8 auch gezeigt, wie deutlich die Fortschritte waren. Es sprach von ‚einer anderen Welt‘. Leider hat ihn Zarco beim nächsten Rennen gerammt. Dann war GAME OVER. Denn die Schulter wurde dabei komplett zerstört. Er konnte nachher nicht mehr richtig bremsen. Beim Crash in Australien wurde die Schulter dann noch einmal beschädigt.»

Poncharal zeigt sich von der Zusammenarbeit mit KTM trotzdem begeistert. «Bei KTM Factory Racing wird geschuftet und getüftelt, so etwas habe ich noch nie gesehen», sagt der 62-jährige Poncharal, der schon Teams mit Honda, Suzuki und Yamaha betrieben hat. «In Munderfing wird fast Tag und Nacht entwickelt. Die MotoGP nicht einfach irgendeine Mission für KTM, es ist eine Art heilige Mission. Und wenn du das erlebst, kann du dich nicht beschweren. Denn natürlich muss das beste verfügbare Package zuerst zum besten Fahrer kommen – und das war unbestritten Pol Espargaró. Dann passierte der Zwischenfall mit der Nummer 5, er wurde von Kallio ersetzt. Ich will nicht mehr viel darüber reden, das ist sinnlos. Miguel sollte dann eigentlich der zweitbeste Fahrer sein. Aber das gelang nach dem Silverstone-GP nicht mehr...»

«Es wäre blödsinnig, wenn ich mich nach diesem Jahr über KTM beschweren würde», versichert Poncharal. «Denn sie gaben immer ihr Bestes, sie leisten das Maximium. Ich kann nicht mehr verlangen. Denn sie können nicht mehr tun. Es war keine Absicht von KTM, dass wir bei den Spezifikationen in dieser Saison immer hinter dem Factory Team hergehinkt sind. Es gab einfach nicht genug Kapazitäten, vier Fahrer dauerhaft mit acht gleichwertigen Bikes auszurüsten.»

«Ich bin in der glücklichen Lage, regelmäßig nicht nur mit Pit Beirer und Mike Leitner sprechen zu können, ich treffe auch Firmenchef Stefan Pierer und Vorstand Hubert Trunkenpolz mehrmals im Jahr», sagt Poncharal. «Und beim Valencia-GP wurde offiziell verkündet, dass beide KTM-Teams in der MotoGP-WM 2020 schon beim Sepang-Test im Februar auf identischen Maschinen unterwegs sein werden. Es werden alle Piloten mit 2020-spec-Bikes fahren! Pit meinte zwar, mit vier identischen Bikes werde vielleicht die Entwicklung nicht mehr so schnell voranschreiten. Aber dafür bekommen die Ingenieure mehr Feedback und mehr Informationen. Für die Weiterentwicklung können jetzt vier Fahrer ihren Input liefern. Auch für die Logistik ist es einfacher, wenn alle Fahrer identisches Material haben. Denn 2019 waren manchmal vier unterschiedlichen Motor-Typen im Einsatz.»

Übrigens: Das Tech3-Team wird 2020 wird in den Klassen Moto3 und MotoGP nicht mehr für den Red Bull Energy Drink werben, sondern für Red Bull Organics. Dazu zählen Red Bull Cola, Lemon, Ginger und Tonic. Das endgültige Design steht noch nicht fest, es wird erst kurz vor dem Saisonstart präsentiert.

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