Mielke polarisiert: Muss ein Kommentator Fan sein?
Eddie Mielke (re.) und Stefan Bradl
Muss man als Journalist neutral und objektiv sein? Klar, natürlich, das ist die Aufgabe, es soll unvoreingenommen und zurückhaltend berichtet werden. Informativ.
Muss man es also auch als Fernseh- oder Radio-Kommentator, wenn man über bestimmte Sportarten berichtet? Ja, auch Sportreporter sollten nach diesen Maßstäben arbeiten.
Schafft man das immer? Das ist die andere Frage, denn Sport ist zugleich immer auch Unterhaltung. Und Journalisten sind eben auch nur Menschen, und befinden sich im Sport, so muss man das sagen, oft in einer ganz eigenen Welt.
Denn Distanz wird dort in vielen Bereichen nicht immer gelebt. Doch wo hört gelebte Begeisterung auf und wo fängt Distanzlosigkeit an? Ist eine gewisse Nähe nicht notwendig, um näher dran zu sein? Oder ist das alles nicht sowieso egal, weil sich der Sport nicht zu wichtig nehmen sollte, da er «nur» die schönste Nebensache der Welt ist, wie man so treffend sagt?
Das erkennt man in der Coronakrise sehr deutlich: Die Sportwelt steht still, und sie fehlt den Menschen, als Ablenkung, als Zerstreuung, als Unterhaltung. Trotzdem ist man sich einig: Sportveranstaltungen dürften mit das Letzte sein, bei dem wieder Normalität einkehrt, bei dem zehntausende Menschen eng an eng gedrängt Tore oder schnelle Autos bejubeln.
König Fußball ist in Sachen Emotionalität ein gutes Beispiel, denn die Übertragungen finden in der Regel vor mehr als zehn Millionen Menschen statt, und jeder hat eine Meinung zu dem Thema. Was während des Spiels teilweise über den jeweiligen Kommentator in den sozialen Medien abgelassen wird, ist trotzdem oft nicht mehr schön.
Geschmäcker sind verschieden, oft geht es aber unter die Gürtellinie, wenn der Kommentatoren-Stil diskutiert wird. Nicht neutral genug, zu euphorisch, zu emotional, zu wenig emotional, zu trocken, zu laut, zu kritisch, zu sehr Fan Boy – recht machen kann man es heutzutage sowieso nicht allen.
So geht das auch bei RTL, wenn die Formel 1 läuft. Während die Kommentatoren Heiko Wasser und Christian Danner oft ihr Fett wegbekommen, gibt es für den Experten Timo Glock viel Lob.
Es ist nicht ganz einfach, den Spagat zu schaffen. Derjenige zu sein, auf den sich die Mehrheit einigen kann und sich nicht die Option «Stadion-Atmosphäre» herbeiwünscht.
Eddie Mielke weiß auch, wie das Geschäft funktioniert, ändern wird er sich deshalb nicht mehr, das hat er nicht nur immer wieder betont, eine komplette Kehrtwende hin vom emotionalen Kommentator hin zum gemütlichen Erzählbär wäre mit seinen 57 Jahren wohl auch schwierig und unglaubwürdig. Verstellen sollte man sich nämlich auch nicht.
Er polarisiert, und das tat er schon immer. Er transportiert Emotionen, reißt die Leute mit, sagen seine Fans. Ein Kult-Kommentator.
Ein nerviger Marktschreier, schimpfen die Kritiker.
So oder so: Gespielt ist das Ganze bei Mielke nicht, ob nun bei der MotoGP, bei der DTM oder beim Fußball, wo Mielke mit seiner markanten Stimme zu hören ist.
Und bei der Frage «Fan oder Berichterstatter» sagt er ganz klar: «Man muss Fan bleiben als Kommentator. Sonst könnte man im Fußball Meppen gegen Viktoria Köln nicht mit der gebotenen Emotionalität verkaufen. Dann könntest du René Rast in der DTM nicht mit dem Maß verkaufen, das es benötigt», sagte er im «Nextlevl»-Podcast.
Fan – das ist er immer noch. Und das merkt er auch, wenn die Mikrofone nicht an sind. «Wenn ich zu einem Interview gehe zu einem meiner Helden wie Valentino Rossi, da bin ich immer noch in der Nervositätsstimmung, weil das immer noch etwas Besonderes ist.»
Und wie geht es ihm vor den Sendungen? «Man ist nicht so angespannt wie in der ersten Sendung, da habe ich mir fast in die Hose gemacht. Das war eine extremste Nervosität», sagte er.
«Nervös bin ich aber immer noch vor jedem Einsatz. Das Kribbeln, das habe ich immer noch. Das ist eine Anspannung, damit man hellwach ist. Die muss man in positive Energie umsetzen.»