MotoGP-Events: Kein Platz für Rookies-Cup und MotoE?
Red Bull Rookies-Cup: Zwangspause für die Talente von 13 bis 16?
Carmelo Ezpeleta, Chief Executive Officer der spanischen Sportmarketing-Agentur Dorna Sports S.L., sprach am Montag in einem Aufsehen erregenden Interview mit SPEEDWEEK.com erstmals seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie ganz offen über das «worst case»-Szenario, das bisher kaum jemand wahrhaben wollte: 2020 wird womöglich oder sogar aller Voraussicht nach kein MotoGP-Rennen stattfinden.
«Wir befinden uns im Krieg. Nach dem Ende dieses Krieges werden wir die Kampfgebiete begutachten und bewerten, wie es in den verschiedenen Ländern aussieht. Und dort werden wir mit Sicherheit überall andere Situationen und Vorschriften vorfinden als vor der Coronakrise. Dann müssen wir nachdenken und beratschlagen, was wir machen können. Wenn wir Pech haben, müssen wir alle restlichen 19 Grand Prix von 2020 absagen. Wie gesagt: Nur wenn es sicher ist, können wir noch über einzelne Rennen in diesem Jahr nachdenken. Aber die oberste Prämisse: Wir dürfen die Gesundheit keines einzigen Menschen gefährden.»
Momentan beteiligten sich in den drei WM-Klassen Moto3, Moto2 und MotoGP insgesamt 42 Teams und 83 GP-Fahrer an der Meisterschaft, wobei wir jene doppelt zählen, die sich an zwei Klassen beteiligen, weil sie ja auch fast das doppelte Personal und entsprechende Kosten haben.
Aber durch die Reiseverbote, die im GP-Sport nicht nur die europäischen Länder betreffen, sondern auch viele asiatische wie Thailand, Malaysia, Indonesien und Japan sowie Südafrika, Südamerika und die USA, werden manche Nationen der Weltmeisterschaft fernbleiben müssen, falls sie wirklich im September oder Oktober mit Geisterrennen (ohne Zuschauer) noch losgehen könnte.
«Wir rechnen momentan gar nicht aus, wie viele Teams wir pro Klasse brauchen, um ein WM-Rennen abwickeln zu können», versichert Carmelo Ezpeleta.
Denn es herrschen ja überall Versammlungsverbote. In der Schweiz wurde die Anzahl der erlaubten Personen im März zum Beispiel zügig von 1000, dann auf 50 und wenige Tage auf 5 reduziert. Jetzt dürfen die kleinen Geschäfte wie Bäckereien und Apotheken nur mehr von 3 Personen betreten werden.
Ezpeleta weiß aber: «Wir brauchen allein für die Austragung eines MotoGP-Events 800 Menschen im Fahrerlager. Dann rechnen wir in den Klassen Moto2 und Moto3 mit jeweils 400 weiteren. Dazu brauchen wir die Organisation und so weiter, damit kommen wir auf 2000 Menschen. Da sind keine Teamgäste dabei, keine Medien, keine Marketingleute und so weiter. Es ist also fast unmöglich, ein Rennen mit weniger als 2000 Leuten zu machen.»
Damit zeichnet sich ab: Die Versammlungsverbote, Abstandsregeln (1 bis 2 Meter) sowie die Flug- und Reiseverbote werden den Motorsport 2020 aller Voraussicht nach verhindern. Dazu muss sich jeder Veranstalter bewusst sein, dass er keine leichtsinnige Gesundheitsgefährdung riskieren darf. Denn es existiert das strafrechtlich relevante Delikt der «fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten».
Wurde bereits daran gedacht, die MotoGP-Königsklasse in den Vordergrund zu rücken und die zwei kleinen GP-Klassen zu streichen?
«Nein, nein», weist Ezpeleta so eine Überlegung energisch von sich. «Nein, wenn uns die Behörden 2000 Personen im Paddock erlauben, wird das mit den drei Klassen kein Problem sein. Das würden wir nur in Betracht ziehen, wenn eine Gesundheitsbehörde in einem Veranstalterland sagt: Ihr könnt maximal 800 Leute herbeibringen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nach der Krise in so eine Situation kommen werden. Denn ob wir 800 oder 1000 Leute haben, diese Menschenmenge kann ungefähr eine gleiche Anzahl anderer Personen infizieren.»
Aber für den Red Bull Rookies-Cup (existiert seit 2007) und den MotoE-Weltcup wird in diesem Jahr kein Platz sein bei einzelnen Europa-Rennen? «Ja, höchstwahrscheinlich. Wir können das jetzt noch nicht genau einschätzen. Aber es besteht die Gefahr, dass wir diese beiden Serien für dieses Jahr absagen müssen. Wir haben mit Red Bull bereits darüber gesprochen. Wenn es notwendig sein wird, diesen Cup für ein Jahr zu streichen, wird es kein Problem sein», ist der Dorna-CEO überzeugt.