Hervé Poncharal: «Werden in Jerez wie Gefangene sein»
Das Red Bull-KTM-Tech3-Team von Hervé Poncharal bestreitet seit gestern den ersten MotoGP-Test seit den Übungsfahrten auf dem Losail Circuit in Katar vor unglaublichen vier Monaten. «Ich bin nicht hingefahren, weil mich das Team nicht benötigt. Es gibt nichts Wichtiges mit KTM zu besprochen, es ist ein privater Test ohne Journalisten und außerdem habe ich mit dem 60 Seiten dicken ‚closed doors protocol‘ von Dorna und IRTA für die Rennen in Jerez alle Hände voll zu tun», versichert der Franzose. «Ich muss mich da von A bis Z durchackern. Eines kann ich schon sagen: Wir werden bei diesen Grand Prix wie Gefangene sein. Aber es lässt sich nicht ändern. Wir sind ja alle froh und erleichtert, dass die Dorna in dieser schwierigen Zeit noch 13 Grand Prix zustandebringt und den Re-Start schon im Juli schafft. Damit hat im April niemand mehr gerechnet. Deshalb nehmen wir gerne alle Unannehmlichkeiten in Kauf. Die Hauptsache ist, dass wir wieder Rennen bestreiten können.»
Denn die Teammitglieder dürfen sich nur im Paddock, im Leihwagen und im Hotel aufhalten und sollen sich untereinander nicht vermischen, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. Die Teams sollen sich wie eine abgetrennte Großfamilien gebärden.
Poncharal steht aber telefonisch und per WhatsApp in der Früh, zu Mittag und am Abend mit seinem Team auf dem Misano World Circuit in Kontakt. «Miguel Oliveira und Iker Lecuona waren mit der Performance am ersten Tag recht happy, denn die Rundenzeiten waren trotz der langen Pause schnell. Aber die Strecke ist neu asphaltiert worden, der Grip ist jetzt sehr gut. Wir wissen trotzdem momentan nicht genau, wie gut wir im Vergleich zu 2019 in Misano dastehen.»
«Für Lecuona ging es auch zuerst einmal darum, sich wieder an das MotoGP-Bike zu gewöhnen. Er war seit Katar auf keiner richtigen Rennstrecke. Er hat nur ein wenig Supermoto trainiert, auch nicht viel, weil er fast zwölf Wochen lang in Andorra im Hausarrest gesteckt ist. Miguel Oliveira hingegen hat im Mai den Auftakt der portugiesischen Superbike-Meisterschaft in Estoril gewonnen und dann zumindest gemeinsam mit Brad Binder in Spielberg ein paar Runden mit den alten Moto2-Bikes fahren können. Miguel war also besser vorbereitet als Iker. Und Pol Espargaró ist ja schon Ende Mai mit der MotoGP-KTM zwei Tage in Spielberg gefahren.»
Zu den MotoGP-Transfer-Neuigkeiten bei KTM und seinem Fahrerduo für 2021 will sich Poncharal vorläufig nicht äußern. «Mir sagt man nichts. Man lässt mich im Regen stehen», beteuerte er lachend. «Wenn ich etwas Neues wissen will, lese ich SPEEDWEEK.com...»
«Wenn alle Karten auf dem Tisch liegen, werden sich Pit Beirer und ich mit Hervé an einen Tisch setzen und über die beste Lösung für KTM diskutieren», sagt KTM-Race Manager Mike Leitner.
Red Bull-KTM-Tech3-Mannschaft startet jedenfalls mit dem gleichen Material wie die KTM-Factory-Mannschaft (Espargaró, Binder) in die Saison.
Im Vorjahr hatte es bis zum Spielberg-GP in Österreich gedauert, bis bei Oliveira alle Technik-Updates eingebaut wurden.
Die Saisonziele haben sich nicht verändert. Poncharal: «Miguel kann in der WM unter die Top-Ten fahren. Und Iker soll um die Rookie-of-the-Year-Wertung kämpfen.»
Aber da hat der 20-jährige Spanier starke Gegner: Alex Márquez (Honda) und Moto2-Vizeweltmeister Brad Binder.